Hohenlimburg/Hagen. Zu trocken, zu warm, Lebensräume verändern sich: Die Amphibien-Population leidet. So können auch Bürger der Natur wieder auf die Beine helfen:
Der trockene und warme Sommer hat hier am Koenigssee seine Spuren hinterlassen. Er liegt so gut wie trocken, bis auf wenige kleine Pfützen. Gras wächst aus den Ritzen zwischen Kies und Steinen, der Wasserzulauf ist komplett versiegt.
Es sind alarmierende Zahlen, die die Biologische Station mit Unterstützung von zahlreichen ehrenamtlichen NABU-Helfern in diesem Jahr hier – und an vielen weiteren Stellen in der Stadt – an den aufgestellten Amphibienzäunen über sechs Wochen gesammelt hat. Die Amphibien sterben. Nach und nach. „Man kann schon sagen, dass es sich um eine dramatische Entwicklung handelt, teilweise sind nur noch 8 Prozent des Ursprungsbestandes vorhanden“, sagt Ralf Blauscheck, der die Biologische Station leitet. 1452 Erdkröten wurden bei der Wanderung im Jahr 2012 am Koenigssee gezählt, heute sind es gerade einmal noch 113. Auch wenn es zwischendrin Ausreißer-Jahre gab (2017: 20, 2018: 81) - die allerdings, so Blauscheck, auf Bauarbeiten im Umfeld des Sees zurückgehen. Die Gründe für das Amphibiensterben sind vielfältig.
Eine Reihe von Problemen
Einer der Gründe ist, dass die Sommer immer wärmer und immer trockener werden. „In manchen Bereichen kommt zudem das Waldsterben hinzu. Die Hänge im Nimmer- und Nahmertal sind in Teilen entwaldet – da hat der Borkenkäfer ganze Arbeit geleistet. Mit Blick auf die Sommerlebensräume sind die Amphibien dadurch ziemlich gebeutelt“, so Blauscheck. Es gibt kaum noch Versteckplätze, die Grundtemperatur ist einfach zu hoch.
Lange Trockenheit
Hinzu kommen: die Gewässer. Die man teilweise gar nicht mehr richtig als Gewässer bezeichnen kann. „Im Winter gibt es geringere Niederschläge, auch im Frühjahr fehlt oft Regen“, so Blauscheck. „Das ist ein zentrales Problem. Die Böden sind dann bei Niederschlägen auch nicht mehr so aufnahmefähig.“ Das führt dann zu folgendem Szenario: Die Tiere laichen im Uferbereich oder Gewässer ab, die Bereiche fallen dann nach und nach trocken. „Das führt zu massiven Ausfällen bei der Population“, gibt Blauscheck Einblicke. So seien im Nimmertal gerade einmal noch ein Bruchteil der ursprünglich bei Wanderungen gezählten Erdkröten übrig (Hinweis: Die Erdkröten sind die wanderfreudigste Art, Frösche, Feuersalamander und Molche werden hingegen nicht so oft auf Wanderung gezählt).
Problem nicht nur in Hagen
Das ist aber bei Weitem kein Hagener Problem – auch in anderen Städten beobachte man einen ähnlich starken Rückgang. „Die Wandergebiete der Tiere wurden immer weiter verkleinert – durch Bebauung oder Straßen teilweise zerschnitten. Das führt dazu, dass Lebensräume für die Amphibien teilweise wertlos werden“, so Blauscheck weiter.
Biologische Station sucht nach privat Engagierten
Dabei gibt es eine ganze Reihe von Ideen, um dem Rückgang entgegenzuwirken. „Denn es sollte nicht das Ziel sein, irgendwann eine komplette Neubesiedlung hinkriegen zu müssen“, so der Experte. Deswegen gelte es, zusätzliche Gewässer anzulegen und neue Trittsteinbiotope zu entwickeln. Die Biologische Station sei schon seit mehreren Jahren unterwegs, entsprechende Gewässer zu reaktivieren (wie zum Beispiel in der Weidekampstraße). Ernanntes Ziel für die Zukunft sei es, etwa zehn neue Gewässer im Jahr anzulegen. Und da die öffentlichen Flächen begrenzt sind – „dabei möchte ich die produktive Zusammenarbeit mit der Stadt betonen, durch die wir schon einige Gewässer neu anlegen konnten“ – sucht die Biologische Station nun auch nach Privatpersonen, die dabei helfen möchten, dass sich der Amphibienbestand wieder erholt.
Neue Gewässer anlegen
Ohne riesigen Aufwand würden Mitarbeiter der Biologischen Station dort Gewässer (wichtig: kein Quellbereich) in Absprache mit der Naturschutzbehörde für die Grundstückseigentümer kostenfrei (über zur Verfügung stehende, begrenzte Fördergelder) anlegen, „um der Natur wieder auf die Füße zu helfen“, so Blauscheck. „Selbst wenn auf diesem Weg über den Winter nur zwei Gewässer hinzukommen würden, würde das schon helfen.“ Wer Interesse hat kann sich bei der Biologischen Station (info@biostation-hagen.de) melden.
Hinweis: Zu den in der exemplarisch in der Tabelle aufgezählten Standorten der Amphibienzäune kommen weitere Standorte hinzu.