Breckerfeld. Die Prioreier Straße in Breckerfeld ist wieder für Motorräder freigegeben. Schon nach dem ersten Wochenende klagen Anwohner über Lärm.
Es kam wie befürchtet. Vielleicht sogar noch schlimmer. „Der Lärm am Sonntag – das war kaum auszuhalten“, sagt Sabine Siemer, „ich weiß von einer Nachbarin, die irgendwann reingegangen ist, Türen und Fenster geschlossen und sich in den eigenen vier Wänden verbarrikadiert hat.“ Und das an einem Tag, den Menschen mit Eigenheim gern im Garten verbringen.
Das aber wird speziell an Wochenenden für jene Breckerfelder, die oberhalb der kurvenreichen Prioreier Straße wohnen, zu einer Zumutung. Denn es hat sich in der Motorradfahrer-Szene offenbar schnell herumgesprochen, dass der Kreis vor etwas mehr als einer Woche die Schilder abmontiert hat, die Kradfahrern die Durchfahrt untersagen. Damit ist die Strecke, die über Jahrzehnte offiziell gesperrt war, nun auch offiziell freigegeben.
Anwohner sauer über Raser
„Wir wollen ja gar nicht pauschal alle Motorradfahrer über einen Kamm scheren“, sagt Michael Hedtstück, der in der Bohnkampstraße wohnt und hinten heraus direkt auf die Prioreier Straße blickt: „Es gibt viele, die die Straße ganz gesittet nutzen, und da kann man ja auch nichts dagegen haben.“
Aber es gibt eben auch jene, die die Kurven als fahrerische Herausforderung sehen, die oben im Kreisverkehr an der Frankfurter Straße wenden und die Strecke ein ums andere Mal herunter- und wieder heraufrasen. „Teilweise zehnmal und nicht alleine, sondern zu mehreren“, sagt Anwohner Friedbert Wedi und schüttelt den Kopf: „Die drehen richtig auf, haben weit mehr als 100 Stundenkilometer drauf. Das ist unglaublich. Hier ist doch nicht der Nürburgring.“
Kein Tempolimit bis zum Ortsschild
Ein Tempolimit gibt es auf der Landstraße nicht. Erst am Ortseingangsschild sind Motorrad- und auch Autofahrer gehalten, das Tempo auf 50 km/h zu drosseln. Allerdings würden sich einige so in die Kurve legen, dass die Rasten, auf denen die Kradfahrer ihre Füße abstellen, den Boden berührten, so Michael Hedtstück. Es habe Funken geschlagen.
Freiwillig hat der zuständige Ennepe-Ruhr-Kreis die Sperrung für Motorräder nicht aufgehoben. Ein Kradfahrer aus Hagen war (unterstützt vom Bundesverband der Motorradfahrer) vor das Verwaltungsgericht Arnsberg gezogen und hatte erreicht, dass das Fahrverbot nach mehr als 40 Jahren gekippt wurde. Seinerzeit, so argumentierten die Richter, sei eine Sperrung angemessen gewesen. Der Kreis habe es allerdings versäumt, regelmäßig zu prüfen, ob die Voraussetzungen immer noch erfüllt seien. Motorradfahrer (mehrere Tote gab es Anfang der 80er Jahre) könnten heute auch anders geschützt werden.
Schutzmaßnahmen lassen auf sich warten
Allerdings lassen diese Schutzmaßnahmen auf sich warten. Protektoren an Leitplanken und sogenannte Bischofsmützen sollen installiert werden. Doch gibt es Lieferschwierigkeiten, weshalb der Kreis trotz des Urteils zunächst an der Sperrung festgehalten hatte. Das aber sei nun nicht länger möglich, argumentierte die Behörde.
Gleichwohl unterstrich Sprecherin Franziska Horsch auf Anfrage, dass der Kreis die Strecke und die Kurven weiterhin als gefährlich einstufe. Schilder warnen vor der Situation, beeindrucken aber offenbar längst nicht alle Kradfahrer. „Dass man trotzdem öffnet, dafür haben wir kein Verständnis“, sagt Anwohnerin Sabine Siemer. „Muss es denn erst wieder einen schweren Unfall geben?“
Anwohner berichten von illegalen Autorennen
Dabei sind es nicht nur Motorradfahrer, die die Anwohner belasten. Übereinstimmend berichten sie von illegalen Autorennen, die vorzugsweise nachts und am frühen Morgen auf der Prioreier Straße stattfinden. „Polizeikontrollen haben wir da noch nicht gesehen“, sagt Detlef Siemer.
Dass die Straße nun wieder gesperrt wird, glauben die Anwohner nicht. „Letztlich leben wir an einer Straße, die ja auch genutzt werden darf“, sagt Katrin Hedtstück. Und dennoch appellieren sie an die Vernunft der Motorradfahrer und an Kreis und Polizei, zumindest die Geschwindigkeit zu reduzieren und die Einhaltung des Tempolimits regelmäßig zu überwachen.
Kreis sieht keinen Spielraum
Zumindest kurzfristig wird sich dieser Wunsch allerdings nicht erfüllen. „So bitter das ist – wir können hier nicht eingreifen, so lange kein Unfallschwerpunkt besteht“, sagt Kria Schewen, Sprecherin des Ennepe-Ruhr-Kreises, mit Blick auf Paragraph 45 der Straßenverkehrsordnung und verweist darauf, dass der Kreis selbst sich ja gegen die Freigabe der Strecke gesperrt habe. „Uns bleibt zunächst nichts anderes übrig, als abzuwarten.“