Altenhagen. Den Friedensplatz in Altenhagen umranken zahlreiche Klischees. Die meisten davon sind Unfug. Eine persönliche Beobachtung vor Ort.

Wollen wir nicht drumrum reden. An diesem Platz, an diesem Viertel haften jede Menge Klischees. Nahezu ausschließlich in den Köpfen derer, die nicht in diesem Viertel leben, diesen Platz nicht kennen. Der Friedensplatz in Altenhagen liegt an einer Schnittstelle zwischen dem „Flussviertel“, das sich den Berg hinauf zum Ischeland erstreckt und in dem sich viele Einfamilienhäuser aneinanderreihen, und dem unteren Altenhagen, einer Welt unterschiedlichster Kulturen, Nationalitäten und Mentalitäten.

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Es ist Wochenmarkt. Und die eingangs erwähnten Wohnbereiche und die Menschen, die darin leben, strömen zusammen. Angestammte, ältere, deutsche Bevölkerung genau so wie die türkische oder marokkanische Seniorin. Manchmal scheint man sich zu kennen, in den meisten Fällen schlendert man aber eher emotionslos aneinander vorbei. Man gehört zusammen und irgendwie doch nicht.

Wochenmarkt auf dem Friedensplatz: Hier kommen die deutsche Bevölkerung und viele andere Kulturen zusammen.
Wochenmarkt auf dem Friedensplatz: Hier kommen die deutsche Bevölkerung und viele andere Kulturen zusammen. © Michael Kleinrensing

Man kann solche Szenen auch in den Grenzbereichen zwischen Eckesey und Boele beobachten. Auch in Haspe gibt es solche Linien. Oder in Wehringhausen.

Für dieses Format „Neulich in Hagen“ bin ich jüngst zweimal wieder vorbeigekommen. Also auch, wenn kein Wochenmarkt war. In den frühen Abendstunden findet das Leben hier draußen statt.

Der internationale Supermarkt

Der nahe gelegene Laden „Saygi“ gibt einem irgendwie das Gefühl, im Urlaub im Süden vor dem Abendessen noch schnell ein paar Besorgungen zu machen. Die Saygi-Familie schreibt auf ihrer Homepage, dass sie ursprünglich aus Lüdenscheid komme. In Hagen führt man zwei Filialen der internationalen Supermärkte: in der Friedensstraße am Friedensplatz, um den es gerade geht. Und in der Bergstraße.

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Ein Wunder, dass wir nicht viel öfter berichten, dass Kinder hier angefahren werden. Alle Nase lang fliegt ein Fußball der kickenden Kinder auf dem Friedensplatz auf die Friedensstraße oder die Brüder- oder die Hermannstraße, die den Platz umschmiegen. Wer mit dem Auto unterwegs ist, muss hinter jedem parkenden Fahrzeug mit einem Kind rechnen. Die meisten tragen heute Fußballtrikots irgendwelcher internationalen Topclubs. Mailand, Madrid, Hauptsache Ita . . . – lassen wir das mit den Witzen.

Unwohlsein kann auch in Boele aufkommen

Zurück zu den Klischees. Friedensplatz, da kannst du im Dunkeln nicht hingehen. Da kannst du dein Auto nicht abstellen. Die Nennung einzelner Nationalitäten spare ich mir jetzt. Ja, an diesem frühen Abend brummt es hier. Ich sehe recht viele südländisch erscheinende Menschen. Mir – und da geht es jetzt nur um mich persönlich – macht das aber keine Angst. Es löst kein Unbehagen aus. Oder sagen wir mal, nicht mehr, als wenn mir in der Dunkelheit bei mir in Boele in irgendeiner Nebenstraße noch Menschen entgegenkommen, die mir durch ihr beunruhigendes Verhalten auffallen – und nicht durch ihre Nationalität. Oft wird das eine mit dem anderen verknüpft.

Der Friedensplatz wird von der Friedensstraße, der Brüderstraße und der Hermannstraße umgeben.
Der Friedensplatz wird von der Friedensstraße, der Brüderstraße und der Hermannstraße umgeben. © Alex Talash

Der Platz ist wie ein öffentlicher Garten

Auf einer der stählernen Bänke sitzen ältere Herrschaften und klönen. Die Sprache müsste Türkisch sein. Ich kenne ihren Klang aus meinen Grundschulzeiten, in denen sehr viele meiner Mitschüler Türkisch sprachen. Sie scheinen das Treiben auf dem Platz mit so einer altväterlichen Art irgendwie zu genießen. Es ist richtig was los und der Platz wird in diesem Moment als das genutzt, was er ist. Eine öffentliche Aufenthaltsfläche.

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Viele der kickenden Kinder mögen aus Familien kommen, die keine 300 Quadratmeter Garten, größere Terrassen oder sonst etwas haben. Sie gehen halt raus in ihrem Viertel. Sie kicken da, wo man gerade so zwei Cola-Dosen als Torpfosten aufstellen kann. Wenn Feierabend ist, rufen Mama und Papa eben auf dem Smartphone an – oder aus dem Fenster.

Vollgepumpt mit Autos

Wie auch immer, ich kann den angeblichen Bronx-Charakter auf jeden Fall nicht feststellen. Konnte ich auch nicht, als ich mich jüngst in einer Berichterstattung der Alleestraße in Altenhagen widmete, die ähnliche Klischees begleiten. Die Reaktionen darauf waren zweischneidig. Die, die dort leben, empfanden die Würdigung als wohltuend. Der Rest fragte sich, mit welch großen Tomaten auf den Augen ich eigentlich durch die Gegend gehe. Ich bleibe dennoch dabei. Man muss sich selbst ein Bild machen. Sich selbst dort aufhalten. Hingehen, gucken, einordnen.

Eine Stadt vollgestopft mit Autos

Wer auf dem Platz steht und die Friedensstraße hinauf Richtung Josefs-Hospital guckt, der kann sehen, wie vollgepumpt diese Stadt mit Autos ist. Begegnungsverkehr unmöglich. Nur eine Spur zwischen an beiden Seitenrändern geparkten Pkw ist übrig. Der Bus quält sich hier nicht durch, sondern über die Hermannstraße. Sonst wäre hier auch schon längst Feierabend mit dieser Art des Parkens.