Hagen. Die Altkanzlerin reagiert emotional auf eine Anfrage der Stadtredaktion Hagen zu ihrem Besuch nach der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr.

Vor 311 Tagen stand die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Osemundstraße in Priorei, wo der Epscheider Bach am 14. Juli 2021 die Straße hinauf nach Breckerfeld verschwinden ließ. 21 Jahre lang hatte bis zu diesem Zeitpunkt kein Regierungschef mehr den Boden dieser Stadt betreten. Die Stadtredaktion Hagen hat Kontakt zu Angela Merkel aufgenommen. Heute, einen Tag vor dem Jahrestag der Flutkatastrophe, meldet sich die Altbundeskanzlerin ganz konkret mit Blick auf Hagen zu Wort. Gerade der Besuch in Hagen, eine der letzten Reisen ihrer Amtszeit, wirke inhaltlich bis heute nach. (Lesen Sie auch: So lief der Kanzlerin-Besuch im September 2021 in Priorei – alle Hintergründe)

„Mir bot sich ein doppeltes Bild“, erklärt Angela Merkel mit Blick zurück auf ihren Hagen-Besuch. „Zum einen habe ich in Begegnungen vor Ort genau gespürt, mit welchen zentnerschweren Sorgen Sie auch sieben Wochen nach der Katastrophe zu kämpfen hatten. Zum anderen konnte ich aber auch viel Ermutigendes erleben, spürte ich Hoffnung und Zuversicht, Solidarität und Mitmenschlichkeit. Das war besonders an einem Ort beinahe mit Händen zu greifen: an der Brücke über den Epscheider Bach im Ortsteil Priorei.“

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Nachbrücke als großes Symbol

Die Brücke war binnen kürzester Zeit als eines der ersten zerstörten Bauwerke wieder errichtet worden. Angela Merkel: „Gerade einmal sieben Wochen später stand die Brücke beispielhaft dafür, was möglich ist, wenn wir alle ein wenig über uns hinauswachsen, weil die Planung beschleunigt und die Vergabevorschriften des Landes NRW erleichtert wurden. So konnte binnen kürzester Zeit mit Fertigbauteilen eine neue Brückenkonstruktion aufgebaut werden.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (oben links im Bild) im Gespräch mit Anwohnern der Osemundstraße, die an dem neu errichteten Tunnelbau stehen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (oben links im Bild) im Gespräch mit Anwohnern der Osemundstraße, die an dem neu errichteten Tunnelbau stehen. © Michael Kleinrensing

Der Wiederaufbau der Brücke sei aus ihrer Sicht ein Hoffnungsschimmer gewesen. „Denn wenige Bauwerke sind für unser Miteinander so wichtig wie Brücken. Das machte Mut, in Hagen und darüber hinaus. Und es sollte uns Mut machen, auch an den Ursachen von Extremwetterkatastrophen wie der im Juli vergangenen Jahres anzusetzen, also an der Bekämpfung des Klimawandels.“

Merkel: „Und deshalb bin ich nach Hagen gefahren“

Was viele Hagener Bürger in diesen Horrorstunden erlebt hätten, so Merkel, lasse sich mit Sätzen wie diesen nur mühevoll erfassen. „Umso wichtiger war es mir, mir ein eigenes Bild zu machen. Deshalb bin ich am 4. und 6. September noch einmal in die von der Flutkatastrophe besonders betroffenen Orte in Rheinland-Pfalz und in NRW gefahren, dabei auch in die Stadt Hagen.“

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Am Hagener Beispiel zeigt sich für die Altkanzlerin, dass der Klimawandel eine Menschheitsherausforderung ist. „Mit ihr verbunden ist eine tiefgreifende Veränderung Ihres Arbeitens, Lebens und Wirtschaftens.“ Sie nimmt noch einmal Bezug auf Priorei, indem sie sagt: „Wir können das schaffen, wenn wir auch hier Brücken bauen.“

Der Kanzlerinnen-Tross rollt am 5. September 2021 durch Priorei.
Der Kanzlerinnen-Tross rollt am 5. September 2021 durch Priorei. © WP | Michael Kleinrensing

Zu ihrem Tross gehörte auch Armin Laschet

Angela Merkel war als noch regierende Kanzlerin am 5. April zunächst in Priorei an der Osemundstraße ausgestiegen und anschließend zu einer Regionalkonferenz in die Stadthalle gefahren. Zu ihrem Tross gehörten der damalige Kanzlerkandidat Armin Laschet und der damalige Regierungssprecher Steffen Seibert, der nun neuer deutscher Botschafter in Israel wird.

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Merkel war an der Osemundstraße spontan an die Bewohner des Hauses Nummer 22 herangetreten. „Sie haben etwas durchgemacht“, sagte sie. Zuvor rief sie: „Hallo, ich bin die Kanzlerin.“

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