Hagen. Wenn Christian und Anne Vormann aus Hagen verreisen, dann so: mit einem urigen Traktor und einem alten Bauwagen auf einen Campingplatz an der A2.

Wenn Christian Vormann (59), der Brauer aus Hagen (Brauerei Vormann in Dahl), mit seiner Frau Anne Urlaub macht, dann fliegen sie nicht auf die Kanaren oder nach Griechenland. Es zieht sie auch nicht in die Berge oder in ein gutes Hotel, nein, Urlaub bedeutet für das Ehepaar, mit dem langsamsten aller langsamen Trecker durch Westfalen zu zockeln und einen Campingplatz direkt an der Autobahn aufzusuchen. Dort hielten sie die Füße in die Lippe und genossen, umgeben vom Fauchen der A2, den Sonnenuntergang: „Es war so laut dort, aber auch so schön“, schwärmt Vormann.

Vormann besitzt einen alten Klöckner-Humboldt-Deutz, Baujahr 1958, den er einst bei einem Landwirt auf einem Kleinstbauernhof im Münsterland erstanden hat. Das ulkige Gefährt hat zwölf Gänge und schnauft vor Anstrengung, wenn es sich in Bewegung setzt. Höchstgeschwindigkeit: 18 km/h. „Im Urlaub sind wir aber meistens 13 km/h gefahren“, sagt Vormann: „Schließlich wollten wir nicht hetzen, sondern die Reise genießen.“

Eingezwängt von Autobahn und Bundesstraße

Also setzte er sich Anfang Juni hinters Steuer und platzierte seine Frau auf dem Beifahrersitz über dem Hinterrad-Kotflügel. Und los ging die wilde Fahrt von Dahl aus in Richtung Uentrop, wo sich unfern des stillgelegten Kohlekraftwerkes, eingezwängt von A 2 und B 475, der Campingplatz befindet.

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Das Rauschen der Autobahn interpretierte Vormann auf seine Weise: „Wenn man die Augen schloss, konnte man sich einbilden, man sei an der See.“ Und dass beide nur die Füße in die gemächlich vorbeiströmende Lippe hielten, hatte auch seinen Grund: „Wasser ist zum Bierbrauen da, nicht zum Baden.“

Weiter ging die Reise zum Möhne- und später auch noch zum Sorpesee. Der Trecker hustete und ruckelte, trotzdem hätte Anne Vormann ihren Platz über dem Hinterrad nie gegen einen Liegestuhl am Meer getauscht: „Ich konnte so richtig die Seele baumeln lassen, gucken, riechen und genießen. Mit dem Traktor fährt man, im wahrsten Sinne des Wortes, mal ein bisschen runter. Ein Strandurlaub wäre so gar nichts für mich.“

Bis zu 40 Kilometer pro Tag

Ihr Mann mokierte sich derweil über wütende Autofahrer, die kein Verständnis für das Schneckentempo des Treckers hatten, der ihnen da den Weg versperrte. „Wir sind mehrmals Kamikaze-mäßig überholt worden. Vor allem freitags sind die Autofahrer sehr dünnhäutig.“

Bis zu 40 Kilometer legten sie am Tag zurück. Und abends konnten sich Christian und Anne Vormann ja in ihren Bauwagen zurückziehen, der mindestens ein ebensolches Unikum darstellt wie der tapfere Trecker, von dem er gezogen wurde. Freunde vom Tauchverein, vom Jägerstammtisch, von der Feuerwehr und der Familie hatten Vormann diesen Anhänger einst zum 50. Geburtstag geschenkt: „Ein Kindheitstraum. Ich wollte keinen richtigen Wohnwagen.“ Tisch und Bett, Heizung, Kochstelle und Notstromaggregat seinen vorhanden, sagt Vormann: „Also alles, was das Herz begehrt.“

Trecker von Jahrhundertflut zerstört

Für den Trecker war die Reise übrigens die erste längere Fahrt seit der Jahrhundertflut im Juli 2021, als das burleske Fahrzeug überschwemmt und zerstört wurde. Vormann ließ es nach Polen transportieren und bei Freunden komplett auseinanderbauen und reparieren. Sogar die Scheinwerfer wurden aufgehübscht: „Damit der Trecker wieder sein normales Lächeln hat.“

Und wirklich: Schaut man ihn länger aus der Frontalen an, diesen Trecker, dann könnte man tatsächlich meinen, dass er einen anlächelt.