Breckerfeld. Kriegsflüchtlinge: Sie leben in einer Stadt, aber kennen sich oft nicht. Stadt und Gemeinde wollen Raum schaffen für ein Kennenlernen und Fragen.
Svetlana und Vitalia, Mutter und Tochter, sind seit gut einem Monat in Breckerfeld. Svetlana hat vor einigen Tagen ihren 70. Geburtstag hier gefeiert. Nicht weil sie es wollte, weil sie musste.
Sie sind geflüchtet. Aus Poltawa, einer 300.000-Einwohner-Stadt in der Ukraine, nach Breckerfeld. Der 70-Jährigen kommen die Tränen, als sie am hübsch gedeckten Kaffee-Tisch im Martin-Luther-Haus sitzt. Sie ist hier in Sicherheit. Und in ihrer Heimat tobt der Krieg.
Sie sind Flüchtlinge, in einem fremden Land, dessen Sprache sie nicht sprechen. Wie die meisten Familien, die sich im Martin-Luther-Haus eingefunden haben. Zusammen in einem fremden Land. Und doch Fremde untereinander.
Ein Anfang: Kennenlernen in Breckerfeld als Start für neue Freundschaften
Am Tisch sitzen auch Tatjana (42) und Galina (66) aus der Ukraine. Sie sind vor gut zwei Monaten – gemeinsam mit Tatjanas Sohn Vova (17) – bei einer Breckerfelder Familie untergekommen. Diese Zeitung hat sie vor einigen Wochen schon einmal besucht und über ihre Flucht nach Deutschland berichtet. „Viele hier kennen sich untereinander nicht – leider“, sagt Tatjana, die einwandfreies Deutsch spricht und in ihrer Heimat als Deutschlehrerin gearbeitet hat: „Aber das kann sich ja jetzt ändern.“
Heute ist ein Anfang dafür. Sie kann übersetzen, wenn es Fragen gibt. Oder Probleme. Und sie übersetzt das, was der Bürgermeister, Pfarrer Paul Diehl und Ehrenamtliche zu sagen haben und erklären.
Ukraine-Flüchtlinge: Menschen sind in Breckerfeld willkommen
Die wichtigste Botschaft: All diese Menschen sind willkommen in Breckerfeld. Können auf die Hilfe vieler Ehrenamtlicher zählen, die sich allein in der heutigen Veranstaltung widerspiegelt. Stadt und Kirchengemeinde haben dieses „Kennenlernen“ arrangiert. Damit die Menschen sich untereinander verständigen können, sich vielleicht auch neue Freundschaften in dieser schwierigen Zeit bilden. Damit sie nicht allein sind.
Dass das ankommt, das zeigt sich an den voll besetzten Tischen im Martin-Luther-Haus. „Von den Kriegsflüchtlingen, die hier in unserer Stadt leben, sind gut 80 Prozent heute hier“, resümiert Bürgermeister André Dahlhaus und verweist darauf, dass es gleichzeitig mehr als nur ein Kennenlernen ist. Denn gleichermaßen bietet sich hier die Möglichkeit, Fragen loszuwerden, die vielen auf den Herzen liegen.
Fragen zum System und zum Leben in Deutschland. Wie läuft das hier mit dem Ausländeramt? Wie ist das, wenn der Rechtskreiswechsel stattfindet und plötzlich das Jobcenter Ansprechpartner ist? Oder etwas grundsätzlicher: Wie finde ich mich als „Fremder“ in diesem neuen Land zurecht?
Alles Fragen, die geklärt werden müssen, weil immer noch unklar ist, wie, wann und ob überhaupt sie in ihre Heimat zurückkehren können.