Hagen. Der Ukraine-Krieg belastet das deutsch-russische Verhältnis: Hagen will an der Partnerschaft zu Smolensk festhalten. Was die Gründe dafür sind.

Hagen unterhält seit mittlerweile 37 Jahren eine Städtepartnerschaft zu der russischen Stadt Smolensk. Delegationen kamen nach Hagen. Delegationen aus Hagen fuhren nach Smolensk. Es sind Freundschaften entstanden, sogar Ehen. Nun belastet der tobende Krieg in der Ukraine das deutsch-russische Verhältnis. Und in Hagen? Seitens der Politik gab es bereits vor einigen Wochen eine breite Rückendeckung für den Erhalt der Freundschaft. Warum hält man an der Partnerschaft mit einer russischen Stadt fest? Und wie soll und kann sie angesichts des Krieges in Zukunft aussehen? Auf diese Fragen blickt die Redaktion mit dem Städtepartnerschaftsbeauftragten Peter Mook.

Gibt es in Zeiten des Krieges aktuell Kontakt nach Smolensk?

Peter Mook: Wir haben zuletzt, wie in der Ratssitzung beschlossen, einen Appell nach Smolensk weitergeleitet. Zum einen bekräftigen wir darin, dass wir die Partnerschaft aufrechterhalten wollen. Andererseits geht damit auch einher ein Appell, den Frieden wiederherzustellen und den Krieg zu beenden. Eine Antwort haben wir bislang noch nicht erhalten, wir rechnen aber im Laufe der Woche mit einer Rückmeldung aus Smolensk. Neben den Kontakten auf der Verwaltungsebene gibt es natürlich auch zahlreiche Kontakte zwischen Privatpersonen und zwischen befreundeten Organisationen. Diese Verbindungen sind zwar derzeit eingeschränkt, bestehen aber grundsätzlich weiter.

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Warum möchte die Stadt an dieser Partnerschaft festhalten? Es gibt ja auch einige Städte, die die Kontakte nach Russland nun auf Eis gelegt haben...

Ja, das stimmt. Aber neben uns gibt es viele Städte, die diese oft jahrelang bestehenden Freundschaften nicht aufgeben. Genauer gesagt halten zwei Drittel aller deutschen Städte, welche eine Partnerschaft mit einer russischen Stadt pflegen, an dieser fest. Es gibt auch ein klares Zeichen des Städtetags, die Städtepartnerschaften nicht vorschnell einzufrieren. Das Wichtigste: Wir verurteilen diesen Angriffskrieg aufs Schärfste, und in allererster Linie gilt unsere Solidarität natürlich den Menschen in und den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine.

Steckbrief

Peter Mook ist 59 Jahre alt und stammt gebürtig aus Dortmund. Er hat Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Dortmund studiert und im Anschluss bei der Deutschen Bahn – Zentralverwaltung – als zuständiger Abteilungsleiter für die Entwicklung neuer Preissysteme gearbeitet.

Seit Februar 1991 ist er bei der Stadt Hagen (zunächst als Planungsreferent des Oberbürgermeisters, danach Leiter Stadtmarketing, seit Oktober 2009 in jetziger Funktion) angestellt. Peter Mook ist verheiratet und hat zwei Kinder. Zu seinen Hobbys zählen Lesen, Radfahren, Fußball („wegen der zu erwartenden Folgeschäden nur passiv“).

Wir sehen darin zum Einen auch eine Möglichkeit, die westliche Sicht auf den fürchterlichen Krieg zu kommunizieren - die ja in den zensierten Medien in Russland überhaupt nicht vorkommt, weil dort völlig einseitig informiert wird. Zum anderen leiden auch die Menschen in Smolensk unter dem Krieg. Männer, Väter, Söhne mussten in den Krieg ziehen, auch russische Soldaten haben ihr Leben gelassen.

Wie stehen denn die Menschen in Smolensk zu Putin und dem Krieg?

Das ist ein sensibles Thema, welches man auch nicht einfach per Mail abfragen kann. In Russland, das haben wir in den vergangenen Wochen ja gesehen, drohen drastische Konsequenzen, wenn man sich gegen die Regierung stellt. Nicht jeder dort will diesen Krieg. Und nicht jeder kann das so offen sagen. Man sollte und darf die Menschen nicht in Sippenhaft nehmen.

Kurz und Knapp

Hotelurlaub oder Camping?

Camping im eigenen umgebauten Kleinwagen.


Sommer oder Winter?

Demzufolge Sommer (+ Frühjahr + Herbst).


Kaffee oder Tee?

Zuhause Kaffee, im Büro Tee.

Kann eine solche Städtepartnerschaft überhaupt eine Zukunft haben? Und wie könnte diese aussehen?

Wir wünschen uns natürlich, dass diese Partnerschaft, die seit nunmehr 37 Jahren existiert und von der beide Städte ungemein profitiert haben, bestehen bleibt. Letztlich werden wir dabei natürlich auch darauf blicken, wie sich Bund und Land zu der Thematik deutsch-russische Beziehung positionieren.

Unabhängig davon: Städtepartnerschaften befinden sich im Wandel. Es wird sicherlich in allen Bereichen künftig mehr projektorientierter gearbeitet werden. Wie genau es weiter geht, die Frage muss ich an der Stelle offenlassen.

Die Städtepartnerschaften

Bereits 1960 wurden die partnerschaftlichen Banden zu Liévin in Frankreich geknüpft. 1965 folgte mit Montlucon eine weitere französische Partnerstadt. Als dritte Partnerstadt kam 1967 Berlin-Steglitz/Zehlendorf hinzu. Die österreichische Kleinstadt Bruck an der Mur ging 1974 eine Verbindung mit der damals noch selbstständigen Stadt Hohenlimburg ein und wird seit der kommunalen Neuordnung im Jahr 1975 von der Stadt Hagen fortgesetzt. Die Städtepartnerschaft zu Smolensk in Russland wurde 1985 unterzeichnet. Die jüngste Partnerschaft besteht seit 1997 mit Modi´in in Israel.

Gibt es Kritik an diesem Vorgehen?

Ja, gibt es. Es haben uns mehrere Schreiben erreicht von Bürgern, die genau die selben Fragen gestellt haben. Und denen ich ähnliche Antworten gegeben habe. Viele haben unsere Sicht verstanden. Einige nicht.

Nur, um noch einmal zu verdeutlichen, was so eine Partnerschaft so besonders macht: Sie besteht nicht nur daraus, dass man sich hin und wieder mal besucht. Es haben sich Freundschaften entwickelt, Ehen. Wir haben sogar bei uns in der Verwaltung eine Kollegin, die in Smolensk geboren wurde und dann hier ihre Ausbildung absolviert hat. Es gibt engen Kontakt unter den Kreativen, mit der Uni. Solche Städtepartnerschaften entfalten auch in der Zivilbevölkerung ihre besondere Kraft. Und, das möchte ich noch einmal betonen: Dass wir die Freundschaft mit Smolensk bekräftigen, heißt in keiner Weise, dass wir den Krieg gutheißen. Wir verurteilen diese Gräueltaten aufs Schärfste und wünschen uns und hoffen natürlich, dass dieser Krieg bald endlich ein Ende hat und wieder Frieden herrscht.