Elsey. Kurz bevor „Rambo 1“ auf Video kam, hat Holger Schrickel in Hohenlimburg eine Videothek eröffnet. Heute ist es die letzte im weiten Umfeld
Um Rambo 1 in seinem Laden verleihen zu dürfen, musste er 200 Mark bezahlen – pro Videokassette. Es waren andere Zeiten, in denen Holger Schrickel seine Videothek in Hohenlimburg eröffnet hat, damals die erste im Bezirk. Viele Mitbewerber im Stadtgebiet hat er seit der Eröffnung vor 41 Jahren kommen und gehen sehen. Zuletzt hat mit der Odeon-Videothek in Hagen die letzte geschlossen. Und auch für die kleine Videothek von Holger Schrickel wird es wohl nicht mehr allzu lange dauern, bis der Abspann beginnt.
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In Pandemie gelitten
„Noch ist das Ende des Ladens nicht geplant“, sagt der 66-Jährige. Aber die Rente habe er durch und zuletzt habe sein Leih-Geschäft in der Pandemie arg gelitten. „Es kommen noch ein paar Euro rum, aber es ist schon verdammt eng geworden.“
Die Erkenntnis ernüchtert: Gerade die Zeit der Pandemie, in der Kinos geschlossen und Filmgenuss in die heimischen vier Wände verlegt wurde, konnte den Videotheken keinen neuen Schwung bringen. Profitiert haben andere.
„Ich glaube, in dieser Zeit haben sich auch die letzten Zögerer bei Streaminganbietern angemeldet.“ Und so sind es oft nicht mehr glänzende Blu Rays und DVDs, die die Filme ins Wohnzimmer bringen, sondern Amazon, Netflix und Co.
Rekordumsätze beim Streaming
Zuletzt meldete die Filmförderanstalt FFA, der digitale Leihmarkt habe erstmals den Markt mit den Scheiben überholt. Streamingdienste fuhren einen Rekordumsatz von 2,07 Milliarden Euro ein. Statt die Filme per Klick über Fernseher, PC oder Tablet zu wählen, bedarf es bei Holger Schrickel den Gang in den Laden, das Schweifen entlang der Reihen von Filmcovern und den Griff an die Leihmarke, um den Film der Wahl zu sichern. Im Hintergrund dudelt Musik aus dem Radio, vor dem Ladenfenster das Brummen der Autos auf der Möllerstraße.
Plausch an der Theke
Es ist ein haptisches Gefühl, gemischt mit dem Plaudern an der Theke, den kein Streaminganbieter der Welt ersetzen kann. „Viele der Kunden sagen, sie möchten noch was in der Hand haben“, sagt Schrickel. „Und sie schätzen das persönliche Gespräch. „Ein bisschen quatschen, das mache ich auch ganz gerne – nicht nur über Filme, auch über alles andere.“
Doch auch wenn sich die Welt seit Rambo 1 weiter gedreht hat und die Zeiten heute andere sind, gibt es die Klassiker, die seit Jahrzehnten über die Leinwand flimmern und einen Platz in dem Leih-Regal von Holger Schrickel haben, wie etwa die Familienfilme der Traumwerkstatt von „Disney“ oder das jeweils neue Agenten-Abenteuer von James Bond.
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Porno-Abteilung überdauert
Ein Genre, das die Jahrzehnte ebenfalls überdauert hat, liegt im hinteren Bereich des Ladens, getrennt durch einen Vorhang: die Pornos. Auch hier sei der Verleih rückläufig, die meisten kauften einen der Filme. Gerade ältere Kundschaft ziehe es in diese Abteilung, sagt Schrickel. Da ist die Vorsicht vor dem Alternativangebot im Internet noch groß.
Viel Stammkundschaft
Die meisten Kunden im „Video-Treff“ sind Stammkunden. Nachdem zuletzt die Odeon-Videothek in Hagen geschlossen hat, kamen ein paar neue Gesichter hinzu, berichtet Holger Schrickel. Nicht nur aus Hagen, auch aus dem weiteren Umfeld. Es gibt eben nicht mehr viel Auswahl. Kaum 200 Videotheken in Deutschland sind noch geblieben, schätzte 2021 der Interessenverband des Video- und Medienfachhandels.
Waffelverkauf organisiert
Doch auch nach mehr als 40 Jahren im Verleih-Geschäft schätzt Holger Schrickel seine Arbeit, sucht weiter nach Ideen, um seinen „Video-Treff“ an der trubeligen Möllerstraße lebendig zu halten. „Die zentrale Lage ist fantastisch“, will er Angebote zum Mitnehmen bieten. Zuletzt hat er mal einen Waffelverkauf gemacht. „Vielleicht fällt uns noch was Neues ein.“
Am Bahnhof angefangen
Seit 1981 betreibt Holger Schrickel eine Videothek in Hohenlimburg. Fast drei Jahrzehnte hatte er ein Ladenlokal am Bahnhof Hohenlimburg, bis er im Zuge der Neugestaltung des Areals nach Elsey gezogen ist.