Haspe/Hagen-Mitte. Erst Corona, dann die Flut: Hochwasser zerstört Verkaufsräume der Brautgalerien am Märkischen Ring in Hagen. Jetzt geht der Blick nach vorn.
„Mir kommen immer noch die Tränen, wenn ich daran denke. Ich habe nach dem Hochwasser nur noch funktioniert. Wie eine Maschine“, sagt Mirka Zuk vom Brautmodengeschäft „Dream Lounge“, das im Juli 1,20 Meter hoch unter Wasser stand. Hier wurde, ebenso wie im fast gegenüberliegenden Geschäft „Hochzeit Deluxe by Veroonica“ am Märkischen Ring in Hagen, ein Großteil der Ware von den Wasser- und Schlammmassen der überlaufenden Volme zerstört.
Die Brautmodengeschäfte
Ursula Strzelczyk hat mehr als 15 Jahre lang Erfahrung in der Brautmodenbranche mit Geschäftsräumen in Hagen, zuletzt mit den 150 Quadratmeter großen Verkaufsräumen fast gegenüber der Marktbrücke. Nach dem Hochwasser wurden bei einer Aktion verdreckte Brautkleider gegen eine Geldspende verkauft – die Spenden gingen an die vom Hochwasser massiv betroffene Kita Tigerente. Weitere Infos: www.brautkleider-hagen.de. Beratungen finden nur noch nach Terminabsprache statt. Auch Mirka Zuk ist seit Jahren in der Branche aktiv, betrieb vorher ein Geschäft in Bochum und übernahm vor sieben Jahren die Räume der Dream Lounge-Vorbesitzerin am Märkischen Ring. Sie bietet neben Herrenausstattung und Brautmode in der Boutique italienische Mode und Abendkleider an. Infos: www.dream-lounge-brautgalerie.de
Beide sind mittlerweile umgezogen. „Es geht weiter. Man gibt doch das, was man mit Herzblut aufgebaut hat, nicht einfach auf“, sagt Ursula Strzelczyk. Sie müssen nach den Coronajahren diese Hochzeitssaison mitnehmen, zu lange waren die Türen zu und Hochzeiten fielen weg. „Und wenn wir hier in unseren neuen Räumen stehen, dann können wir uns nach all den Herausforderungen auch irgendwo glücklich schätzen. Wir würden nirgendwo anders mehr hinwollen“, sagt Beraterin Andrea Esser.
Harkorten-Haus als Brautatelier
Das Licht durchflutet den Raum mit den hohen Decken. Blick ins Grüne. Hunderte weiße Brautkleider an der Stange, Samt-Sitzecken für die Begleitung, die die Bräute bei der Kleidersuche unterstützen. „Diese Immobilie war ein Glücksgriff“, sagt Andrea Esser. Nachdem das Brautmodengeschäft nach der Flut zunächst übergangsweise ins Industriegebiet Lennetal umzog, um überhaupt weiter verkaufen zu können, haben die beiden Frauen jetzt fast 250 Quadratmeter im Geburtshaus Harkorten in ein Brautkleid-Atelier verwandelt. „Das Haus steht unter Denkmalschutz. Die Räume haben einen ganz besonderen Charme.“
Mehrere hundert Kleider haben die Beraterinnen in den Wassermassen verloren. „Glücklicherweise konnten wir noch alle Kundenkleider rechtzeitig mit einem Lkw in Sicherheit bringen. Das war das Wichtigste. Damit keine Braut am Ende ohne Kleid dasteht“, erinnert sich Esser. Und glücklicherweise fanden sie in der Industriehalle, die Essers Mann angemietet hatte, ein Übergangszuhause. „Sonst hätten wir nichts gehabt, hätten einfach auf der Straße gestanden. Dann hätten wir zumachen können“, sagt Ursula Strzelczyk.
Dann ergab sich glücklicherweise die Chance, in Haspe neu anzufangen, sagt die Hagenerin, die zum Team auch zwei Schneiderinnen sowie zwei Stylistinnen zählt. „Die Welt stand erst wegen Corona und dann wegen dem Hochwasser Kopf. Wir hoffen und glauben fest daran, dass es jetzt wieder bergauf geht.“
Neustart in der Hagener Innenstadt
Auch für Mirka Zuk stand schnell fest, dass ihr Geschäft nicht lange geschlossen bleiben kann. „Auch ich hatte unfassbares Glück, konnte für mehrere Wochen im Trau(m)ringhaus in Eilpe Anproben in einem separaten Raum durchführen und dort Kleider abstecken, die nicht den Wassermassen zum Opfer gefallen sind“, sagt die Inhaberin des Geschäfts, die seit mehr als 15 Jahren in der Branche tätig ist und seit sieben Jahren den Laden in Hagen leitet. Hier verkauft sie Maßanzüge und Braut- sowie Abendmode. „Wir sind dann in die Elberfelder Straße, also mitten in die Innenstadt gezogen – und haben unser Angebot um eine Boutique mit italienischer Mode erweitert, um auch Laufkundschaft ins Geschäft zu ziehen und die Fußgängerzone zu beleben“, gibt die Hagenerin Einblicke.
Bislang hat die Boutique noch nicht ganz den erhofften Effekt gebracht. Die Betreiberin wünscht sich, dass „die Hagener Innenstadt, insbesondere auch die Fußgängerzone, wieder mehr belebt wird. Sie muss für die Leute wieder attraktiv werden, damit sie nicht zum Einkaufen abwandern“, will sich die Ladenbetreiberin, die ihr Hauptgeschäft mit Brautmode und Herrenausstattung macht, für den Standort einsetzen.
Vor allem aber ist sie erst einmal froh, dass sie ihre Türen überhaupt wieder öffnen kann. „Nach Wochen der Ungewissheit. Die Flut hat Hagen hart getroffen - und auch uns. Ich habe das alles immer noch nicht ganz verarbeitet, aber wir schauen jetzt nur noch nach vorne.“
Und jetzt kann sich die Hagenerin wieder ganz dem widmen, was sie von Herzen gern macht: Einen Teil zum schönsten Tag des Lebens von Bräuten und Bräutigamen beitragen.