Hagen-Mitte. Für Monique Klar ist es wie das Ziehen einer Notbremse: Die Geschäftsfrau aus Hagen gibt ihre Postagentur wegen Beleidigung und Bedrohung auf.
Hagen hat eine seiner ältesten und am stärksten besuchten Postagenturen verloren. Nach neuneinhalb Jahren hat Monique Klar (52) ihre beiden Schalter in der Hochstraße 93 geschlossen. Der Grund lässt aufhorchen: „Ich halte es einfach nicht mehr aus. Ständig gibt es Ärger, zu viele Kunden halten sich an keinerlei Regeln.“ Aufgrund der ständigen Auseinandersetzungen könne sie die Arbeit nicht mehr ausüben.
Eigentlich verbindet Monique Klar mit der Post eine langjährige Partnerschaft. 24 Jahre lang hat sie in Hagen eine Postagentur betrieben, zuerst in Dahl, dann in Boele, seit 2013 in ihrem Stoffladen („Farbenwelt der Stoffe“) in der Hochstraße. Zahlreiche Hagener, auch große Behörden, wickelten hier ihre Post- und Postbankangelegenheiten ab. Deshalb sei es ihr auch schwer gefallen, das Geschäftsverhältnis zu beenden und den Postbetrieb aufzugeben, sagt sie: „Aber um mich und meine Gesundheit zu schützen, bleibt mir keine andere Wahl.“
Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen
Sie möchte nicht in die Rassismus-Ecke gestellt werden, sie wisse, wie sensibel das Thema sei, sagt sie. Aber sie sei nicht mehr bereit hinzunehmen, was sich seit ungefähr drei Jahren vor den Schaltern abspiele. Ständig werde sie von Kunden beleidigt, beschimpft und bedroht: „Von Menschen, die sich einfach nicht an unsere Gesetze halten wollen.“ Mehrmals habe sie in den letzten Monaten die Polizei rufen müssen, weil eine Situation zu eskalieren drohte. An einem Tag seien die Beamten gleich dreimal vor Ort gewesen.
Eine der häufigsten Begebenheiten, die zu heftigen Reaktionen bei den Kunden führe, seien fehlende Pässe bzw. Identifikationsnachweise. Ein bei ihr gelagertes Päckchen dürfe sie natürlich nur herausgeben, wenn der Abholer sich ausweisen könne. Das könnten aber viele Kunden nicht, entweder weil sie es nicht wüssten oder keine ordnungsgemäßen Papiere besäßen.
Die Nerven liegen blank
Teile sie ihnen jedoch mit, dass sie ihnen eine Sendung unter diesen Umständen nicht herausgeben dürfe, reagierten die Leute aggressiv: „Sie wollen einfach nicht verstehen, dass ich nicht anders handeln darf.“ Übelste Beschimpfungen seien die Folge; statt das Geschäft zu verlassen, blieben die Kunden keifend vor dem Schalter stehen und hielten den Betrieb auf. Nicht selten hätten sich einige in Drohgebärde vor ihr aufgebaut: „Ich kriege dich schon noch“ oder: „Ich warte draußen auf dich, dann bist du dran.“
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Zuletzt lagen die Nerven der Geschäftsfrau dermaßen blank, dass sie ihren Arbeitsplatz hinter dem Schalter verließ, sobald sich eine Auseinandersetzung anbahnte: „Ich habe unkontrolliert gezittert und konnte nicht mehr weiter machen.“ Dann setzte ihr Mann Dirk das „Gespräch“ fort, was zumindest bei einigen Kunden zu einem etwas besseren Benehmen führte: „Als Frau war ich für viele ein minderwertiger Ansprechpartner.“
Eheleute fühlen sich von Post im Stich gelassen
Von der Deutschen Post fühlt sich das Ehepaar im Stich gelassen. Als nach der Jahrhundertflut im Juli die überschwemmte Postagentur in Eilpe geschlossen werden musste und sich die Kundenzahl in der Hochstraße schlagartig verdoppelte, habe das Unternehmen nicht reagiert: „Der Andrang war unerträglich.“ Stattdessen verweigere die Post eine anständige Bezahlung. Monique Klar nennt ein Beispiel: „Um eine unleserliche Adresse in der Türkei verifizieren und ins System eingeben zu können, wie das vorgeschrieben ist, habe ich 35 Minuten gebraucht.“ Die Mehrarbeit sei mit 24 Cent honoriert worden.
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Die unwilligen, unbeherrschten Kunden, die schlechte Bezahlung, die Mehrarbeit – es komme alles zusammen, resigniert Monique Klar: „Eigentlich wollte ich gar nicht aufhören, weil ich die Agentur gern betrieben habe.“ Aber sie könne einfach nicht mehr.
Eine Genugtuung seien die Reaktionen vieler Kunden gewesen, die von ihrer Schließung erfahren hätten: „Ich habe oft gehört, dass man uns vermissen werde.“ Ihre Entscheidung sei dennoch unumstößlich: „Wenn man täglich eine Strafanzeige wegen Bedrohung stellen könnte, sagt das doch alles, oder?“