Hagen. Die Stadt Hagen steht vor einem wichtigen Grundstücksdeal: Sie möchte 22 Hektar Industriefläche im Lennetal erwerben. Doch es gibt Konkurrenten.

Die ewige Hängepartie rund um die Zukunft eines der letzten potenziellen Industriegebiete in Hagen im Lennetal könnte in diesem Jahr tatsächlich entschieden werden: Die „Lhoist Germany – Rheinkalk GmbH“ hat jetzt eine Düsseldorfer Kanzlei eingeschaltet, um das langgestreckte, bereits planierte und mit Gleisanschluss versehene Areal zwischen der Dolomitstraße und dem Flusslauf zu vermarkten. Allerdings ist die Stadt Hagen nach jahrelangem Ringen und vertraglichen Vorvereinbarungen inzwischen längst nicht mehr der einzige Interessent, der sich für das 220.000 Quadratmeter große Areal interessieren dürfte.

Hagen: Gleich mehrere Interessenten für die Fläche im Lennetal

Lhoist-Unternehmenssprecher Mario Burda bestätigt gegenüber der Stadtredaktion, dass sich die Wülfrather unter dem Dach eines belgischen Mutterkonzerns weiterhin im engen Austausch mit der Hagener Industrie- und Gewerbeflächen GmbH (HIG) befänden. Aktuell werde ein sogenannter Datenraum mit allen relevanten Informationen bereitgestellt, auf dessen Grundlage Interessenten ein qualifiziertes Angebot für die Fläche abgegeben könnten.

„Dabei handelt es sich jedoch um ein offenes Verfahren“, macht Burda deutlich, dass neben der Stadt Hagen hier konkurrierend auch andere Bieter einsteigen könnten. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass noch in diesem Jahr eine Entscheidung fallen könnte: „Wir stehen da nicht auf der Bremse“, so der Lhoist-Sprecher. „Wir gehen davon aus, dass das Verfahren dann in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen werden kann.“

Die Übersicht zum Gelände im Lennetal in Hagen
Die Übersicht zum Gelände im Lennetal in Hagen © Hans Blossey

Angesichts der Tatsache, dass nach Hochrechnungen der Wirtschaftsförderung der Metropole Ruhr in Hagen ein Bedarf an Gewerbe- und Industrieflächen von gut 70 Hektar besteht, ist es längst kein Geheimnis mehr, dass man im Rathaus sich das 22-Hektar-Areal gerne sichern würde. Und das nicht bloß, weil damit auf einen Schlag etwa ein Drittel des potenziellen Flächendursts gestillt werde könnte, sondern es klopfen bereits reichlich Interessenten bei der HIG an, darunter auch namhafte Hagener Unternehmen, die gerne expandieren würden.

2019 schien die Stadt sich bereits mit der „Lhoist Germany – Rheinkalk GmbH“ nahezu handelseinig: Angesichts erheblicher Altlastenrisiken schien das Unternehmen bereit, das Grundstück mit Gleisanschluss einschließlich aller Sanierungsrisiken für drei Millionen Euro an die HIG zu veräußern. Damals ging man in Hagen noch davon aus, bis zu 50.000 Tonnen kontaminiertes Bodenmaterial (vorzugsweise polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe/Teer), das bis zu fünf Meter tief bis in grundwasserführende Schichten schlummert, entsorgen zu müssen.

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Hagen: Weniger Altlasten als befürchtet

Inzwischen hat Lhoist anhand konkret erarbeiteter Bodengutachten jedoch festgestellt, dass der tatsächliche Sanierungsbedarf deutlich geringer ausfällt, was wiederum die Preisvorstellungen um ein Vielfaches in die Höhe hat schnellen lassen. Hier wird die Stadt jetzt in einen Bieterwettbewerb beispielsweise auch mit flächenhungrigen Logistikern wie DHL oder Amazon eintreten müssen. Diese sind zumindest für unbelastete Grundstücke bereit, Höchstpreise bis hin zu Bauland-Niveau zu zahlen.

Allerdings möchte die Stadt an diesem Standort solchen Entwicklungen einen planungsrechtlichen Riegel vorschieben, indem in einem Bebauungsplanverfahren hier eindeutig eine Industrieflächennutzung festgezurrt wird. „Es ist wichtig, dass diese große zusammenhängende Industriefläche künftig tatsächlich durch Industrie- und Gewerbebetriebe, die an anderer Stelle im Stadtgebiet nicht mehr angesiedelt werden können, genutzt wird und beispielsweise nicht für Einzelhandel oder Dienstleistungen, für die eher Flächen im Stadtgebiet gefunden werden können“, formulierte das Rathaus bereits vor drei Jahren seine Haltung.

750 gewerbliche Arbeitsplätze wären möglich

Immerhin geht Kämmerer Christoph Gerbersmann davon aus, dass sich auf einem 22 Hektar großen Gelände bis zu 750 gewerbliche Arbeitsplätze etablieren lassen. Außerdem erwartet der Finanzdezernent zusätzliche jährliche Gewerbesteuereinnahmen in einer Größenordnung von etwa drei Millionen Euro. Ein finanzielles Potenzial, das – so zuletzt die Haltung der Stadtverwaltung – auch einen deutlich höheren Preis rechtfertigt.