Breckerfeld. Seit 1986 ist Breckerfeld offiziell ein „Erholungsort“. Wissen tut das kaum jemand. Warum genau das so ist, erklärt dieser Artikel.
Man kann über viele Dinge streiten. Darüber, dass Breckerfeld malerische Ecken hat, eine empfehlenswerte historische Altstadt, eine familienfreundliche Baukultur und viele eingeübte kleine Entscheidungswege, ganz sicher nicht. Wer von Hagen aus in die Hansestadt hineinfährt, bemerkt aber vielleicht auch das hölzerne Schild, auf dem die Stadt Gäste im „Erholungsort Breckerfeld“ begrüßt. Ein Gütesiegel, das Breckerfeld seit 1986 trägt, von dem aber eigentlich niemand genau weiß, was dahintersteckt.
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Ein Gesetz regelt die Kurorte
„Das hat mich noch nie jemand gefragt“, freut sich Jürgen Seuthe (59) aus dem Hauptamt der Stadt über einen Anruf, der eigentlich nur bei ihm landen kann. Denn der Mann, der bereits sein ganzes Berufsleben in den Dienst seiner Heimatstadt stellt (seit 1979 ist er bei der Stadtverwaltung), ist hauptverantwortlich dafür, dass Breckerfeld als „Erholungsort“ gilt. Und das schon seit 1986.
„Wie für alles“, sagt Jürgen Seuthe mit einem Schmunzeln, „gibt es auch hierfür eine Verordnung.“ Genauer: das Gesetz über Kurorte im Land NRW. Es hält abgestufte Titel für Städte und Dörfer bereit. Beispiele: „Heilbad“, „Kneipp-Kurort“, „Luftkurort“, „Quellort“ oder „Heilklimatischer Kurort“. Und eben auch „Erholungsort“.
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Die wesentlichen Kriterien
Breckerfeld darf diesen Titel seit 1986 tragen, weil es seit jeher die entscheidenden Voraussetzungen dafür erfüllt. 1. Der Ortscharakter entspricht der Bezeichnung „Erholungsort“ und er ist durch eine entsprechende Bauleitplanung gesichert. 2. Es gibt eine zentrale Auskunfts- und Vermittlungsstelle. 3. Es gibt angemessene Grünflächen mit Ruhebereichen und gesundheits- und erlebnisorientierten Bereichen sowie Angebote zur Wissensvermittlung, Kommunikation und Unterhaltung. 4. Es gibt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen, älteren Personen, Familien und Kindern und Menschen mit Migrationshintergrund. 5. Es gibt beruhigte Verkehrsstraßen, insbesondere im Bereich von Gesundheitseinrichtungen. Und 6. und sehr entscheidend: Es wird insgesamt eine erholungsgerechte Infrastruktur, wie zum Beispiel ein ausgeschildertes Wander- und Radwegenetz, beruhigte Verkehrszonen, ausreichende Ausschilderung touristischer Einrichtungen und Sehenswürdigkeiten vorgehalten.
Stadt wirbt auf Briefkopf damit
„Das wird alles regelmäßig überprüft. So eine Überprüfung steht 2022 wieder an“, sagt Jürgen Seuthe. Und sie war und ist seither mit reichlich Arbeit, Aufwand und Dokumentation verbunden. Dafür wirbt die Stadt auf ihren Ortsschildern, auf ihren offiziellen Papieren und Briefen, im Netz und in Broschüren mit dem Siegel des „staatlich anerkannten Erholungsortes.“
Seit 2012 zudem „Hansestadt“
Sicher, der Titel schmückt Breckerfeld. Andere Städte würden ihn vermutlich noch viel größer ins Schaufenster hängen. Doch Breckerfeld darf sich seit 2012 auch offiziell „Hansestadt“ nennen. Ein Prädikat, das den Erholungsort in der Außendarstellung und Wahrnehmung überragt.
Welchen Nutzen hat Breckerfeld davon?
Welchen Nutzen genau Breckerfeld daraus zieht, ein Erholungsort zu sein, ist allerdings schwer zu erfassen. „Wir wissen, dass wir ein anderes touristisches Publikum haben. Eher eine ältere Klientel. Das erfährt man, wenn man mit Gastronomen oder Beherbergungsbetrieben ins Gespräch kommt“, sagt Jürgen Seuthe. Eine statistische Erfassung gebe es nicht.
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In den 1980er-Jahren habe es auch mal Bestrebungen gegeben, zum „Luftkurort“ zu werden, sagt Jürgen Seuthe. Es habe auch Messungen gegeben, doch das Vorhaben sei letztlich gescheitert. So bleibt der „Erholungsort“.
Ein Blick in die nähere Umgebung
Im Gegensatz zu Luftkurorten und anderen Kurorten müssen in Erholungsorten keine medizinischen Einrichtungen zur Durchführung von Kur- bzw. Rehamaßnahmen vorhanden sein. Voraussetzung ist jedoch eine auf Tourismus ausgelegte Infrastruktur. Das ist in Breckerfeld gegeben.
Im Regierungsbezirk Arnsberg tragen mehrere Orte Siegel wie „Bad“, Kurort“ oder „Erholungsort“. Die meisten von ihnen liegen im Sauerland. Unweit von Breckerfeld gilt Nachrodt-Wiblingwerde ebenfalls als Erholungsorte. Auch Herscheid ist ein Erholungsort.
Winterberg ist heilklimatischer Kurort und Luftkurort. Nur Bad Berleburg und Bad Laasphe tragen im Regierungsbezirk Arnsberg den Titel des Kneipp-Heilbades.