Breckerfeld. Der Breckerfelder Jens (51) lebt mit seiner krebskranken Frau jetzt in Ostfriesland. Jede Woche muss er für den Job zurück in die Heimat pendeln.
Es ist eine Liebesgeschichte, die wir hier zum Jahreswechsel erzählen. Weil sie Mut macht und irgendwie hoffnungsvoll ist. Weil sie zeigt, dass auch wenn schwere Schicksalsschläge einen treffen, das Leben weitergeht – und man das Positive sehen kann.
600 Kilometer fährt Jens (51) aus Breckerfeld einmal in der Woche. Der Liebe wegen. Der Arbeit wegen. Der Gesundheit wegen. Für seine schwerkranke Frau Josey.
Jens ist in Breckerfeld aufgewachsen, mittlerweile lebt er mit seiner Frau in Ostfriesland. Sie hat einen Gehirntumor. Muss mit Chemotherapie behandelt werden. „Vermutlich mein Leben lang“, sagt die gebürtige Sauerländerin. Vor gut zwei Monaten sind sie umgezogen. Von Breckerfeld nach Ostfriesland, in einen kleinen Ort im Kreis Leer. Pure Idylle.
„Wir haben uns ganz bewusst zu diesem Schritt entschlossen, da meine Frau seit 2016 krebsbedingt schlechter zu Fuß ist und wir beide hier im Norden besser mit der Luft, dem Wetter allgemein und der flacheren Region zurecht kommen“, erklärt ihr Mann. Und: Natürlich möchte er möglichst bei seiner Frau sein, falls es ihr krankheitsbedingt nicht gut geht. Bis jetzt klappt alles gut. „Wir bereuen den Schritt nicht, fühlen uns hier pudelwohl“, ist sich das Ehepaar einig.
Von Ostfriesland nach Breckerfeld: 550 Kilometer hin- und zurück
Jens und Josey lernen sich 2017 kennen, gut ein Jahr nach der Krebsdiagnose bei Josey. 2020, mitten in der Coronazeit, heiratet das Paar – trotz der Umstände. „Wir wollten es nicht länger aufschieben“, sagt Josey. In dem Jahr fängt das Paar auch an, über einen Umzug nachzudenken. Vor gut zwei Monaten wird der Traum dann endlich Wirklichkeit.
Nach dem Umzug hat Jens seinen Job in Lüdenscheid aber nicht gekündigt – er arbeitet als Mediengestalter und seitdem hauptsächlich aus dem Home-Office. „Einmal pro Woche komme ich für zwei Tage nach Breckerfeld und fahre morgens von dort aus nach Lüdenscheid ins Büro. Dienstags nach Feierabend fahre ich dann knapp 300 Kilometer zurück“, gibt der 51-Jährige Einblicke.
Er ist einer von 1484 Einpendlern, wiederum 3321 Bürger pendeln von der Hansestadt aus zur Arbeit. Auf ihn trifft also gewissermaßen beides zu.
Leider hat sich das Ehepaar aber eine Zeit ausgesucht, in der es diverse Herausforderungen gerade für Pendler gibt. Da ist zum einen die A 45-Sperrung, weil die Rahmedetalbrücke gesperrt ist: „Nach Lüdenscheid braucht man dadurch über die B54 durch das Volmetal beträchtlich länger“, sagt Jens. Der Rückweg sei besonders lästig: „Einmal stand ich eine Stunde mit dem Auto im Industriegebiet Freisenberg, weil es durch den Stau nicht voran ging.“
Alles wird teurer
Hinzu kommt, dass alles teurer geworden ist. Energie- und Spritkosten steigen, und beispielsweise Zusätze für Diesel, wie AdBlue, sind oder werden knapp und entsprechend teurer.
„Das ist ärgerlich. Aber wir haben uns ja bewusst entschieden, diesen Schritt zu gehen. Und wir wollen versuchen, es zu meistern, so lange es finanziell geht. Vor allem weil mein Job mir Spaß macht, ich arbeite gerne in Lüdenscheid. Aber meiner Frau und mir tut das Leben in Ostfriesland gut. Wir werden also bleiben.“
>>> Patrick Kretschmann pendelt von Breckerfeld nach Werdohl
Die Sperrung der A45 – Rahmedetalbrücke – belastet Pendler brutal. Lange Staus, viel Verkehr, deutlich längere Fahrzeiten zur Arbeit und zurück: Das erlebt auch Patrick Kretschmann aus Breckerfeld. Er pendelt bereits seit zehn Jahren – erst von Gevelsberg nach Altena, seit drei Jahren von Breckerfeld nach Werdohl. „Ich würde nie meinen Wohnort nach der Arbeit aussuchen, sondern immer dort wohnen, wo ich mich eben wohlfühle“, erklärt der 33-Jährige.
Er sei früher viel mit seiner Partnerin in Breckerfeld wandern gewesen: „Wir haben hier die Ruhe und die Natur genossen – und wenn wir wieder wegfuhren, dann fühlte es sich nie an, als ob wir nach Hause fahren, sondern als ob wir von Zuhause wegfahren“, erklärt er die Entscheidung, in die Hansestadt zu ziehen.
Vor der Sperrung der Talbrücke brauchte er für die Fahrt zur Arbeit immer zwischen 45 und 50 Minuten. „Das war eigentlich schon die Schmerzgrenze“, sagt Kretschmann. Jetzt, mit der Sperrung und den Umleitungen, seien es an schlechten Tagen mit viel Verkehr gut anderthalb Stunden. „Und das, obwohl es eigentlich nur eine Abfahrt ist: Ich fahre theoretisch in Lüdenscheid-Nord drauf und Lüdenscheid-Mitte ab.“
Morgens schaffe er es ganz gut, den Berufsverkehr zu meiden: „Ich verlasse meistens um viertel vor 6 schon das Haus“, so der Breckerfelder. Im Nachmittagsbereich, zum Feierabendverkehr, sei das aber so gut wie unmöglich. „Das ist natürlich schon eine Belastung, auch für das Familienleben, weil man doch deutlich mehr Zeit im Auto verbringt“, so der 33-Jährige, der hofft, dass die Strecke zumindest für Autos bald wieder freigegeben werden kann.