Hagen. Werden Schüler in Hagen beim Corona-Impfen unter Druck gesetzt? Kinderärzte äußern sich und erklären, warum sie sich an der STIKO orientieren.

Beim Imfpen von Kindern und Jugendlichen orientieren sich die Ärzte in Hagen an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts. Und das bedeutet: Kinder ab 12 Jahren werden auf Wunsch der Eltern geimpft, jüngere Kinder dagegen nur in Ausnahmefällen. „Wir stellen allerdings fest, dass bei vielen Eltern große Verunsicherung herrscht“, sagt Dr. Tillmann Rümenapf, Obmann des Bundesverbandes für Kinder- und Jugendmedizin in Hagen und im Ennepe-Ruhr-Kreis.

Auch sein Kollege Dr. Christian Schleuss, Kinderarzt in Haspe, richtet sich nach den Ratschlägen der STIKO: „In diesem Gremium sitzen Spezialisten, und deren Expertise ist sehr, sehr gut.“ Grundsätzlich müsse man unterscheiden zwischen der Zulassung eines Medikaments bzw. Impfstoffs und dessen Empfehlung: „Elektro-Zigaretten sind ja auch zugelassen.“ Niemandem aber fiele es ein, ihren Konsum auch zu empfehlen.

Kleinkindern kann Corona in der Regel nichts anhaben

Deshalb impfe er ohne Umschweife, aber stets im Rahmen der STIKO-Empfehlung – alle Jugendlichen ab 12, sofern diese bzw. deren Eltern das denn wünschten: „Der Vorteil für die Jugendlichen liegt ja neben dem medizinischen Schutz auch in der Möglichkeit, am sozialen Leben teilzunehmen.“

Anders sehe es bei Kindern bis elf Jahren aus. Im Kleinkindalter funktioniere das Corona-Virus völlig anders, so Schleuss: „Es macht den kleinen Kindern nahezu nichts aus.“ Zudem seien Kinder auch keine Pandemie-Treiber, sie würden einerseits kaum andere Kinder anstecken und andererseits selbst zumeist in der Familie infiziert. Beim Influenza-Virus sei es gerade umgekehrt: „Das fangen sich zuerst die Kinder ein, dann die Eltern und zuletzt taucht es in den Seniorenheimen auf.“

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Nun bleibe abzuwarten, ob die STIKO auch für die 5- bis 12-Jährigen eine Corona-Impfung empfehle oder aber die mit der Spritze verbundenen Risiken höher einschätze. Davon abgesehen, müssten natürlich auch bei kleinen Patienten stets etwaige Vorerkrankungen in die Entscheidung miteinbezogen werden, jeder Einzelfall individuell beurteilt werden: „Grundsätzlich impfe ich dann, wenn ich überzeugt bin, dass die Impfung eine Verbesserung für das Kind darstellt.“

Schüler werden unter Druck gesetzt

Im Hagener Impfzentrum und bei den mobilen Impfaktionen des Gesundheitsamtes, beispielsweise im Impfzelt auf dem Weihnachtsmarkt, gilt: Kinder ab 12 Jahren werden geimpft, bis einschließlich zum 15. Lebensjahr muss allerdings eine Begleitperson zugegen sein. Bei den Impfungen für jüngere Kinder will die Stadt ebenfalls die Stellungnahme der STIKO abwarten. „Wir sind vorbereitet“, so Clara Treude, Sprecherin der Stadt Hagen: „Wenn die STIKO Impfungen für 5- bis 12-jährige Kinder empfiehlt, werden wir diese anbieten.“

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Den Kinder- und Jugendärzten ist bewusst, welche Brisanz auf dem Thema lastet. Dr. Rümenapf berichtet aus seiner Praxis, manchmal wollten Kinder geimpft werden, obwohl deren Eltern dagegen seien: „Es gibt Lehrer, die setzen ihre Schüler unter Druck mit der Frage, ob sie geimpft seien. Ich finde das unethisch.“ Unter keinen Umständen dürften ungeimpfte Kinder und Jugendliche von der sozialen Teilhabe ausgeschlossen werden: „Das wäre katastrophal für deren Entwicklung.“

Das sagt die Ständige Impfkommission (STIKO)

Die STIKO spricht für alle 12- bis 17-Jährigen eine COVID-19-Impfempfehlung mit zwei Dosen des mRNA-Impfstoffs Comirnaty von Biontech im Abstand von drei bis sechs Wochen aus. Nach gegenwärtigem Wissenstand würden die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen, sagen die Experten.

Besonders deutlich überwiege der Nutzen der Impfung die Risiken bei Kindern und Jugendlichen, die aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer Corona-Infektion haben, etwa Adipositas, Trisomie 21 oder angeborene Herzfehler.

Für den bereits von der europäischen Arzneimittelbehörde freigegebenen Impfstoff für 5- bis 11-jährige Kinder hat die STIKO dagegen noch keine Empfehlung ausgesprochen, sie will aber bis zum 13. Dezember eine Stellungnahme abgeben.