Hagen. Die Sperrung der A45 trifft die Wirtschaft in Hagen bis ins Mark. Unternehmer Fabian Betchen prangert die unhaltbaren Zustände an.
Bei vielen Unternehmern in Hagen schrillen seit vergangenen Donnerstag unentwegt die Alarmglocken. Grund: die Sperrung der Rahmede-Talbrücke auf der A45 bei Lüdenscheid. „Das ist für die heimische Wirtschaft eine Katastrophe“, sagt Christoph Brünger, zuständig für Standortpolitik bei der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer in Hagen (SIHK): „Die A45 ist im doppelten Sinne die Lebensader. Sowohl für die pendelnden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch für die Logistik von Gütern.“
Dass Brünger keineswegs übertreibt, zeigt das Beispiel der Spedition Betchen Transport GmbH aus der Walzenstraße im Hagener Lennetal. Das Unternehmen schickt täglich rund 80 Prozent seines Fuhrparks über die Sauerlandlinie in Richtung Süden: „Und das in der Regel sechsmal täglich pro Fahrzeug“, berichtet Prokurist Fabian Betchen (35).
„Standort Hagen zunehmend gefährdet“
Die Sperrung der so wichtigen Autobahn treffe seine Firma mit „voller Härte“, sagt Betchen und spricht von einer unzumutbaren Situation: „Die Lkw-Laufzeiten sind unerträglich.“
Die Hagener Spedition ist vor allem im Auftrag der regionalen Stahl- und Automobilbranche unterwegs, in der die zeit- und mengengenaue Lieferung (just in time) der Ware unabdingbar ist. Durch die Sperrung der Autobahn gerate der Produktionsprozess in eine gefährliche Schieflage: „Unsere Partner und Auftraggeber sind von uns ein Höchstmaß an Termintreue gewöhnt, das wir aufgrund infrastruktureller Problematiken des Wirtschaftsstandortes Hagen zunehmend gefährdet sehen.“
Spediteur prangert „straßenbauliche Misswirtschaft“ an
Betchen verweist darauf, dass die gesamtwirtschaftliche Logistik und die Lieferketten auf sämtlichen Verkehrsträgern durch die Corona-Pandemie ohnehin äußerst angespannt seien: „Weitere Einschnitte in unser wirtschaftliches Handeln und die Ausübung unserer Kernkompetenz kann sich die regionale Verkehrsbranche nicht mehr leisten.“ Als Ursache für das Chaos hat Betchen „straßenbauliche Misswirtschaft“ ausgemacht.
´+++ Lesen Sie auch: Auch auf der A1 in Hagen wird gebaut und gearbeitet
Denn in der Sperrung der Rahmede-Talbrücke sehen viele Unternehmen nur die Spitze des Eisbergs: „Auf der A45 herrscht ja ein Flickenteppich von Baustellen“, prangert Betchen die Aneinanderreihung von Baustellen an, die den Verkehr auf der A45 seit Jahren behindern.
Dazu kommen die nicht abgeschlossenen Arbeiten an der A1 (Talbrücke Volmarstein und Brücke Hengstey), die anhaltende Sperrung von Teilen der B 236 (Iserlohn/Altena) infolge der Jahrhundertflut, innerstädtische Sperrungen (Marktbrücke über die Volme in Hagen), Durchfahrtsverbote für den Schwerlastverkehr und die gestörte Ruhr-Sieg-Strecke der Eisenbahn. „Das alles sorgt für Chaos, anders kann man das nicht nennen“, so Betchen und fügt sarkastisch hinzu: „Im Gegenzug werden wir Spediteure mit einer stetig steigenden Lkw-Maut zur Kasse gebeten, um diese marode Infrastruktur auch noch zu finanzieren.“
Umleitungen helfen Hagener Firmen nicht weiter
Dass die Straßenbaubehörden für den Fernverkehr nun Umleitungen über die A1 nach Köln bzw. über A44 und A7 in Richtung Süden eingerichtet haben, hilft den Unternehmen im Logistik-Drehkreuz Hagen nicht weiter. Betchen wird seine Laster entweder über die B54 durchs Volmetal oder doch in den nervenaufreibenden Stau auf der A45 schicken, wo sie sich an der gesperrten Brücke vorbei durch die Innenstadt von Lüdenscheid winden müssen.
Das dürfe so nicht lange weitergehen, so Betchen und fordert von der SIHK, einen „Brandbrief“ an das Bundesverkehrsministerium in Berlin zu schreiben.
Die Kammer wiederum wünscht sich eine Vorrang-Ampelschaltung für den Umleitungsverkehr und eine Task Force zur reibungslosen Kommunikation zwischen den zuständigen Behörden, sagt Christoph Brünger: „Und wir brauchen eine kluge Abstimmung zwischen allen Straßenbaulastträgern, um einen völligen Zusammenbruch des Verkehrs in der Region zu vermeiden.“