Hagen. Das gemeinsame Unterrichten von behinderten und nichtbehinderten Kindern soll nicht mehr an jeder Schule in Hagen möglich sein.
Sollen Förderschüler im Zuge der Inklusion an allen allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden oder nur an einigen ausgewählten?
An dieser Fragen scheiden sich in Hagen die Geister. Der Schulausschuss wies mit den Stimmen aller Fraktionen einen Beschlussvorschlag des Fachbereichs Bildung zurück, mit dem fünf Grundschulen von der Inklusion ausgenommen würden. „Wir möchten, dass alle Schulen in Hagen Orte des gemeinsamen Lernens bleiben“, fasste Schulausschussvorsitzende Nicole Pfefferer (Grüne) die Bedenken der Politiker zusammen.
Bis zum letzten Schuljahr war die Aufnahme geistig, körperlich oder seelisch behinderter Kinder gemäß Ratsbeschluss grundsätzlich noch an jeder Grundschule möglich. Die Situation änderte sich durch einen Erlass der Landesregierung, der vorsieht, dass nur noch solche Schulen Orte gemeinsamen Lernens sein sollen, an denen mindestens zwei Schülerinnen oder Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet werden.
Nicht genügend Sonderpädagogen vorhanden
Auf dieser Grundlage hat das Hagener Schulamt, das nicht dem Oberbürgermeister, sondern der Bezirksregierung in Arnsberg untersteht, den Grundschulen Boloh, Emst, Goethe, Overberg und Wesselbach den Status einer Inklusionsschule entzogen. „Auf diese Weise würden bewährte Strukturen zerschlagen, die man womöglich demnächst wieder benötigen wird“, kritisiert Nicole Pfefferer das Vorgehen.
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Doch die Landesregierung stellt fest, dass die vorhandenen Ressourcen nicht ausreichen, um an allen Grundschulen in Nordrhein-Westfalen Gemeinsames Lernen einzurichten und somit sicherzustellen, dass Lehrkräfte für sonderpädagogische Förderung Teil des Kollegiums sind. Es gibt einfach zu wenige Sonderpädagogen, um allen Grundschulen diese für die Inklusion so wichtigen Fachkräfte zuweisen zu können.
Zwar hat das Land die Zahl der Stellen für sozialpädagogische Fachkräfte in der Schuleingangsphase schon vor drei Jahren von 593 um 600 auf 1193 erhöht, doch viele Stellen bleiben angesichts des Pädagogenmangels unbesetzt.
Rechtliche Situation contra politischer Wille
In Hagen steht also die durch den Erlass geschaffene rechtliche Situation jener politischen Willensbekundung gegenüber, mit der der Schulausschuss den Beschlussvorschlag des Fachbereichs Bildung zurückgewiesen hat. Sollte auch der Stadtrat am Donnerstag auf diese Linie einschwenken, wird womöglich die Bezirksregierung aktiv und kassiert die Entscheidung der Hagener Politiker.
Grundschulen und ihre Förderschwerpunkte
Folgende Grundschulen in Hagen sind Inklusionsschulen mit dem Förderschwerpunkt Lern- und Entwicklungsschwäche: Astrid Lindgren (Eilpe), Berchum, Emil Schumacher (Wehringhausen), Erwin Hegemann (Altenhagen), Freiherr vom Stein (Vorhalle), Friedrich Harkort, Hestert, Kipper (alle Haspe), Funckepark (Mitte), Gebrüder Grimm (Eckesey), Heideschule, Im Kley (beide Hohenlimburg), Helfe, Henry van de Velde (Mitte), Kuhlerkamp, Meinolf (Ischeland).
Die Hermann-Löns-Schule in Boelerheide hat den Schwerpunkt Geistige Entwicklung, die Janusz-Korczak-Schule in Wehringhausen den Schwerpunkt Hören und Kommunikation, die Grundschule Karl Ernst Osthaus in Eppenhausen den Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung, die Grundschule Goldberg (Mitte) den Schwerpunkt Sehen.
In der schulischen Praxis gestalten sich die Dinge allerdings weniger doktrinär als es auf den ersten Blick scheint. So wird jedes Jahr neu geprüft, an welcher Grundschule genügend Kinder mit Förderbedarf angemeldet werden. Heißt: Sobald mindestens zwei Förderschüler angemeldet werden, erhält eine Schule den Status als Ort des gemeinsamen Lernens zurück und bekommt Sonderpädagogen zugewiesen.
Einzelintegration bleibt grundsätzlich möglich
Grundsätzlich bleibt sogar Einzelintegration möglich. Befindet sich auf einer Grundschule nur noch ein Kind mit Förderbedarf (zum Beispiel weil alle anderen Förderschüler zu einer weiterführenden Schule gewechselt sind), so darf es bleiben und seine Grundschulzeit in der vertrauten Umgebung beenden.
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Im Bereich der weiterführenden Schulen in Hagen bieten alle drei Gesamtschulen (Eilpe, Haspe, Helfe), beide Sekundarschulen (Altenhagen, Remberg), alle Realschulen (Halden, Haspe, Boelerheide, Hohenlimburg) und beide Hauptschulen (Haspe, Boelerheide) inklusiven Unterricht an.
Die sieben Hagener Gymnasien nehmen keine Förderschüler mehr auf – es sei denn, der betreffende Schüler strebt das Abitur an. Auch diese Sachlage geht auf einen Erlass der Landesregierung zurück, die ausschließen will, dass ein Gymnasium von Schülern besucht wird, die die Ziele des Bildungsganges nach Einschätzung der Schule wahrscheinlich nicht erreichen werden können.