Hagen. Evelyn Schürmann ist nicht geimpft. Sie hat Angst vor möglichen Langzeitfolgen. Doch sie beklagt die Intoleranz in der aktuellen Diskussion.
Evelyn Schürmann (51) ist keine prinzipielle Impfgegnerin und erst recht keine Corona-Leugnerin. Dennoch hat sie sich nicht gegen das Virus impfen lassen und will das auch in nächster Zeit nicht tun: „Weil ich Bedenken habe, ob die Impfstoffe nicht Langzeitfolgen für meine Gesundheit haben könnten. Darüber gibt es ja keine Studien. Es kann sie natürlich auch noch nicht geben.“
Die Altenpflegehelferin weiß, dass sie mit ihrem Bekenntnis bei vielen Mitbürgern mit wenig Verständnis rechnen darf. Schließlich spitzt sich derzeit die Diskussion um eine Impfpflicht, um die Kosten für PCR-Tests und um mögliche Konsequenzen für Nichtgeimpfte zu.
Angst vor einer Ansteckung
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Nicht zuletzt hat das Eingeständnis des nichtgeimpften Bayern-Profis Joshua Kimmich die Debatte angefacht. Eine Debatte, die nach Meinung von Evelyn Schürmann von Intoleranz und mangelhaftem Demokratieverständnis geprägt ist: „Ich finde es unerträglich, wie Teile der Öffentlichkeit mit Kimmich umgegangen sind.“
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Wer sich nicht impfen lasse, der werde stigmatisiert, sagt sie: „Man darf keine eigene Meinung mehr haben. Sonst wird man gleich als Querdenker oder Nazi abgetan.“ Dabei bestreite sie gar nicht, wie gefährlich Corona sei: „Aus Angst vor einer Ansteckung habe ich meine sozialen Kontakte auf nahezu Null heruntergefahren.“
Skeptische Haltung verstärkt
Doch das half ihr schließlich nicht, sie infizierte sich trotzdem: „Und zwar sehr wahrscheinlich bei jemandem, der geimpft, aber trotzdem infiziert war und keine Symptome hatte.“ Was ihre skeptische Haltung gegenüber den Impfungen wiederum verstärkte: „Dass die Inzidenzen derzeit steigen, obwohl so viele Menschen geimpft sind, bestätigt meine Bedenken.“
Dagegen sehen so gut wie alle Experten in einer möglichst flächendeckenden Impfung der Bevölkerung den Königsweg zur Eindämmung der Pandemie – auch Dr. Anjali Scholten, Leiterin des Hagener Gesundheitsamtes: „Sicherlich können sich auch Geimpfte mit Corona anstecken. Aber wenn sie sich infizieren, erwartet sie in der Regel ein wesentlich leichterer Krankheitsverlauf als Ungeimpfte.“ Auf den Intensivstationen der Krankenhäuser lägen hauptsächlich Personen ohne Impfung, so die Ärztin.
Paul-Ehrlich-Institut: Sorgen unberechtigt
Auch das für die Zulassung von Impfstoffen zuständige Paul-Ehrlich-Institut verneint mögliche Langzeitfolgen einer Corona-Impfung, die erst Jahre später auftreten: „Diese Sorgen sind unberechtigt. Wir kennen solche sehr spät einsetzenden Nebenwirkungen von Impfstoffen nicht.“
Auch das häufig kolportierte Vorurteil, eine Corona-Impfung könne Männer oder Frauen unfruchtbar machen, wird von Experten zurückgewiesen. „Diese Aussage ist falsch“, heißt es seitens des Robert-Koch-Instituts. In den umfangreichen nicht-klinischen Prüfungen, die vor der Zulassung der Impfstoffe durchgeführt worden seien, habe es keine Hinweise auf das Auftreten von Unfruchtbarkeit nach einer Covid-19-Impfung gegeben.
Viren nicht vermehrungsfähig
Die gegen Corona eingesetzten Impfstoffe enthielten keine vermehrungsfähigen Viren, so das RKI. Insofern könnten sie mit Totimpfstoffen gleichgesetzt werden: „Solche Totimpfstoffe sind inaktiviert; sie enthalten abgetötete Erreger oder Erreger-Bestandteile, die sich weder vermehren noch eine Erkrankung auslösen können.“ Das gelte sowohl für die mRNA- als auch für die Vektorimpfstoffe.
Von solche Argumenten lassen sich Menschen wie Evelyn Schürmann allerdings nicht überzeugen. „Nur weil ich mich impfen lasen kann, heißt das nicht, dass ich mich impfen lassen muss.“ Sie erwarte keine Zustimmung für ihre Position, aber doch Respekt: „Man muss doch auch andere Meinungen gelten lassen.“
Wie es aussieht, wird die Diskussion um eine Gleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften die Öffentlichkeit noch länger beschäftigen.