Hagen. Das Hagener Frauenhaus wurde vor 40 Jahren, die Beratungsstelle vor 35 Jahren gegründet. Doch es geht in den Einrichtungen nicht nur um Gewalt.

„Es geht uns nicht nur um Gewalt an Frauen, sondern unser Ziel ist auch, die Frau in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken und sie autonom, sprich, wirtschaftlich unabhängig, zu machen. Und das seit 40 Jahren“, betont Susanne Deitert. Die Leiterin der Frauenberatungsstelle und Geschäftsführerin des Vereins „Frauen helfen Frauen“ setzt sich seit dreieinhalb Jahren für Frauen, die körperliche und/oder seelische bzw. sexuelle Gewalt ertragen mussten, ein. Unter dem Motto „Da geht noch was“ kämpfen sie und ihre Mitstreiterinnen für ein besseres, geschütztes Leben für Frauen in Hagen.

In diesem Jahr feiert das Hagener Frauenhaus 40-jähriges Bestehen, die Frauenberatungsstelle 35- jähriges Bestehen. „Doch gefeiert werden die Jubiläen erst im nächsten Jahr, dann planen wir Jubiläums-Veranstaltungen unter dem Slogan ,40+1’“, erläutert Cornelia Bücken. Die 68-Jährige ist seit zwei Jahren die 1. Vorsitzende des Vereins, davor war sie 26 Jahre in der Beratungsstelle angestellt, „und ich hab’ vor 40 Jahren das Hagener Frauenhaus mitbegründet“, erinnert sich Cornelia Bücken an das Jahr 1981.

„1979 fing alles an. Da haben ein paar engagierte Frauen innerhalb von zwei Jahren einen Schutzraum für Frauen und Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen waren, eröffnet“, sagt Cornelia Bücken.

Bedarf wird immer größer

Doch dann sei der Bedarf an Hilfe immer größer geworden, „das konnte das Frauenhaus allein nicht stemmen, daher haben wir 1986 die Beratungsstelle gegründet“.

Einer der Unterschiede zum Frauenhaus: Die Adresse des Frauenhauses ist, um die Frauen vor ihren Männern zu schützen, anonym, die Tür der Beratungsstelle in der Bahnhofstraße 41 steht Hilfesuchenden bei Sprechstunden offen.

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Aber zurück zum Jubiläum: „Wir suchen 40 neue Fördermitglieder, die mit uns zusammen die Zukunft gestalten möchten“, sagt Susanne Deitert, Leiterin der Frauenberatungsstelle und Geschäftsführerin des Vereins „Frauen helfen Frauen“. Vor etlichen Jahren hatte der Verein noch weit über 100 Mitglieder, heute sind es nur noch um die 60“, sagt die 59-Jährige. Die Probleme, die beinahe jeder Verein kennt, plagen auch „Frauen helfen Frauen“: Die Aktiven werden im Laufe der Zeit älter, es mangelt an Nachwuchs. „Für 40 Euro Beitrag pro Jahr kann man bei uns Fördermitglied werden“, wirbt Susanne Deitert für die gute Sache.

Doch die insgesamt elf Frauen, die in Teilzeit in der Beratungsstelle und im Frauenhaus arbeiten sowie die sechs ehrenamtlichen Helferinnen, die sich federführend einbringen, planen auch Aktionen für die kommenden Wochen und Monate.

900 Beratungen pro Jahr

Im Frauenhaus wurden im vergangenen Jahr 31 Frauen betreut. Der Migrationsanteil lag bei 77,5 Prozent. Vier Frauen entschieden sich, zurück in die Beziehung zu gehen.

In der Beratungsstelle werden pro Jahr etwa 900 Beratungen (einmalige Gespräche und Beratungsprozesse) durchgeführt.

In der Beratungsstelle in der Bahnhofsstraße 41, 02331-15 888 , online erreichbar unter info@frauenberatung-hagen.de finden offene Sprechstunden statt und zwar montags, mittwochs und donnerstags von 9 bis 12 Uhr, außerdem donnerstags von 15 bis 18 Uhr. Eine Mädchensprechstunde wird montags von 14 bis 16 Uhr angeboten. Freitags werden ausschließlich Termine nach Vereinbarung wahrgenommen.

Die Beratung ist traumaorientiert, vertraulich, kostenfrei und auf Wunsch anonym.

Zum Beispiel am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November. „Da sind wir gemeinsam mit dem ,Runden Tisch gegen häusliche Gewalt’ an einem Stand in der Innenstadt vertreten“, sagt Katharina Siewert, Leiterin des Frauenhauses. Die 40-Jährige konkretisiert: „An dem Stand vor Thalia verteilen wir Einkaufschips, die am Schlüsselbund befestigt werden. Der Chip ist versehen mit dem Schriftzug ,Keine Gewalt’ sowie einem Infokärtchen, das die Kontaktdaten der Frauenberatungsstelle und des Vereins enthält.“

Gute Vernetzung ist wichtig

3000 dieser Chips, die aus nachhaltigem Bambus bestehen, sind geordert; verteilt werden sie nicht nur am 25. November in der City, sondern auch in Kitas, Schulen und Familienzentren­, „wir möchten möglichst viele Frauen an Stätten, die sie aufsuchen, erreichen“, sagt Cornelia Bücken.

Stolz sind die Frauen auf regionale und überregionale Erfolge, die sie durch gute Vernetzung erreicht haben.

So wurde die Vergewaltigung in der Ehe Ende der 1990 zum Straftatbestand, 2001 wurde das Gewaltschutzgesetz eingeführt und 2016 das Sexualstrafrecht reformiert. Seitdem ist der Slogan „Nein heißt Nein“ bundesweit bekannt. „Und der 2001 in Hagen gegründete ,Runde Tisch gegen häusliche Gewalt’ besteht noch immer“, sagt Katharina Siewert erleichtert.