Hagen. Die Band „Grobschnitt“ ist längst ein Stück Hagener Stadtgeschichte. Am Wochenende wurde der Kult bei einer Talkrunde wiederbelebt.

Es war eine träumerische, zugleich informative und unterhaltsame Zeitreise: Im Kunstquartier Hagen kam es Samstagnachmittag zu einem melancholischen Wiedersehen zwischen zwei Mitgliedern der legendären Hagener Kultband „Grobschnitt“ und ihrem langjährigen Wegbegleiter und Förderer Winfried Trenkler (79). Der unvergessene WDR-Radiomoderator sorgte auch für kritische Töne.

Was war am 12. April 1971? Ein Ostermontag, und die damals noch unbekannte Rock-Band „Grobschnitt“ gab im Gemeindehaus Eckesey ihr offiziell erstes Konzert („Kapelle Elias Grobschnitt“). Der Beginn einer unvorstellbaren Erfolgsgeschichte: 1978 wurde die Hagener Formation, mit progressiv-psychodelischer Ausrichtung, von der renommierten Zeitschrift Musikexpress zur „besten deutschen Gruppe“ erklärt – „Grobschnitt“ ließ dabei sogar die Scorpions hinter sich. Im Folgejahr feierten mehr als 100.000 Fans die Grobschnitt-Deutschland-Tour. Obwohl sich die Band 1989 auflöste, wurden bis heute fleißig 33 Alben produziert. „Grobschnitt“ ist Kult.

Ausstellung im Museum

Grund genug, aus den 275 Jahren Hagener Stadtgeschichte auch ein Stück Hagener Musikgeschichte zu präsentieren. Zum einen mit der Ausstellung „50 Jahre Grobschnitt“, die Heike Wahnbaeck im Untergeschoss des Jungen Museums liebevoll in Szene gesetzt hat – und, als Zusatzveranstaltung, am Wochenende die muntere Talkrunde zwischen den beiden Grobschnittlern Gerd Otto Kühn („Lupo“), Joachim H. Ehring („Eroc“) und Radiolegende Trenkler. Sichtlich gerührt freute sich der 79-Jährige über die applaudierenden, treuen Rockfans im voll besetzten Museumssaal: „Es ist bewegend, nach so vielen Jahren, noch solch‘ ein Echo zu bekommen.“

Überraschung in der Johanniskirche

Ein besonderes Schmankerl erwartet die Freunde von Grobschnitt in diesem Jahr kurz vor Weihnachten in der Johanniskirche am Markt. Die bekannten Stücke der Band werden auf völlig unbekannte Weise präsentiert: Mit drei Holzgitarren.

Dieses handgestrickte Akustik-Konzert haben sich Lupo, „Willi Wildschwein“ und sein Sohn „Nuki“ zum 50. Jubiläum ausgedacht. Das Projekt wurde zwei Jahre lang in aller Heimlichkeit vorbereitet und soll nicht nur Fans überraschen.

Der vor Jahrzehnten sehr populäre WDR-Hörfunkmann, der inzwischen seinen Ruhestand in Schweden genießt und eigens von dort in die Volmestadt angereist kam, moderierte ab 1973 beliebte Sendungen wie „Rock In“, die „Radiothek“ (am Donnerstag) und, später in den 80ern, auch „Schwingungen“. Darin waren die Grobschnitt-Bandmitglieder häufige und gerngesehene Gäste. Auch wenn sie in witzigen Live-Interviews und besonders gern mit frechen Späßen provozierten und an die Grenzen des öffentlich-rechtlichen Senders stießen. Ex-WDR-Mann Trenkler sieht’s positiv: „Gute Rockmusik und gute Laune, das brachten die Grobschnitt-Musiker einfach mit. Solche Gäste durften gerne in meine Sendung wiederkommen.“

Besuche im Kölner Studio

Ein Besuch bei Winfried Trenkler im Studio 35 des Kölner Funkhauses war immer lohnenswert: „Der spielt auch lange Titel aus.“ Wie das wohl bekannteste Grobschnitt-Werk „Solar Music“, das über eine halbe Stunde geht. Grobschnitt-Gitarrist „Lupo“ grinst: „Für uns war es ungeheuer wichtig, dass wir uns einem Millionenpublikum präsentieren konnten. Die Tage darauf hatten wir einen Plattenverkauf ohne Ende.“ Doch bei allem Erfolg: Progressive Rockmusik und elektronische Musik bediente nie den großen Mainstream, eher eine erlesene Hörerschar und fiel schließlich der WDR-Programmreform zum Opfer. Trenkler im Rückblick mit leichtem Zorn: „Unfassbar, dass der WDR so etwas ausgeschaltet hat. Irre!“

So wurde am Samstagnachmittag noch einmal intensiv geschwelgt: In unvergesslichen Erlebnissen, in lustigen Anekdoten. In großen und kleinen Geschichten aus den Schätzen der Erinnerung. Aus einer Zeit, die alle gemeinsam verband: die 70er-Jahre.