Hagen. Der WBH-Betrauungsakt nimmt nun erstmal öffentlich weiter seinen Gang. Der Rat fasst einen Beschluss.

Zahlreiche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Wirtschaftsbetriebs Hagen (WBH) haben im Rahmen des viel diskutierten Betrauungsaktes zwischen Stadt und WBH vor der Ratssitzung in der Vorhaller Karl-Adam-Halle ein eindrucksvolles Zeichen gesetzt.

Die Beschäftigten wandten sich vor der Halle direkt an Oberbürgermeister Erik O. Schulz und den Baudezernenten Henning Keune und machten deutlich, dass es sich bei dem großen Team der städtischen Tochter um einen hoch verlässlichen Betrieb handele, der beispielsweise auch nach der Flutkatastrophe wieder gezeigt habe, wie leistungsstark er sei und wie gut die gewachsenen Strukturen zwischen Stadt und WBH seien.

„Wir sind kein Spielball der Politik“

„Wir Beschäftigten des WBH sind kein Spielball der Politik“ oder „Beerdigt nicht unseren WBH“ oder „Der WBH steht für Lebensqualität in Hagen“ stand auf Plakaten zu lesen, die die Mitarbeiter in die Höhe hielten.

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Oberbürgermeister Schulz reagierte direkt auf einen offenen Brief, den ihm die WBH-Kollegen übergaben. Beim WBH handele es sich um einen starken und für Hagen sehr wichtigen Betrieb. Die Zusammenarbeit zu stärken und zu festigen sei eben genau das Ziel des anstehenden Betrauungsaktes. Niemandem werde etwas weggenommen, niemand werde beschnitten. Weder Politik noch WBH.

Aus steuerlichen Gründen

Der Betrauungsakt, der aus steuerlichen Gründen vollzogen werden soll, soll die gewachsene Struktur zwischen Stadt und WBH in die Zukunft führen.

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In der Tat habe sich schon in den vielen Jahren zuvor, aber auch nach der Flutkatastrophe gezeigt, wie flexibel die Anstalt öffentlichen Rechts arbeiten kann, so Schulz. Auch in Zukunft, einen Betrauungsakt vorausgesetzt, würden die WBH-Mitarbeiter ihre Aufträge direkt von der Politik erhalten und in diesem Sinne agieren.

WBH-Mitarbeiter wenden sich mit offenem Brief an Öffentlichkeit und Politik

„Das Thema der drohenden Steuerpflicht besteht seit einigen Jahren und war auch schon oft Thema in den unterschiedlichsten politischen Gremien. Unter anderem auch schon mehrfach im Verwaltungsrat der WBH, der mit den im Rat vertretenden Parteien besetzt ist“, erklären die Mitarbeiter des WBH in einem offenen Brief. Und weiter unter anderem wörtlich: „Der WBH wurde 2011 aufgrund der schlechten Haushaltslage der Stadt als eine 100-prozentige Tochter der Stadt gegründet. Die Ziele, die seinerzeit mit der Auslagerung verfolgt wurden, sind vom WBH mehr als erfüllt worden. Wir haben uns zu einem städtischen Unternehmen entwickelt, dass schnell, flexibel und wirtschaftlich arbeiten und auch reagieren kann. So etwas kann nur erreicht werden, wenn man über eine motivierte Belegschaft mit hoher fachlicher Professionalität und überdurchschnittlichem persönlichen Einsatz verfügt. Wir erwirtschafteten bisher immer die gestellten Gewinnanforderungen und konnten jedes Jahr hohe finanzielle Rückflüsse in den Stadthaushalt sicherstellen. Ohne eine formale Neuordnung der Leistungsbeziehungen würden die finanziellen Rückflüsse zukünftig deutlich geringer ausfallen, da auf einige Leistungsbestandteile Umsatzsteuer anfallen kann.“ An weiterer Stelle in dem Brief heißt es: „Im Zusammenhang mit den politischen Beratungen über die möglichen Varianten der Neugestaltung der Leistungsbeziehungen, wurde leider auch über bestehende Gehaltsstrukturen des Wirtschaftsbetriebes in der Öffentlichkeit berichtet. Wir Beschäftigten finden es unerträglich, dass über Gehaltsstrukturen aus nichtöffentlichen Sitzungen in der Öffentlichkeit berichtet wird und die Beschäftigten des Wirtschaftsbetriebs als Kund*innen in einem Selbstbedienungsladen dargestellt werden. Hierzu möchten wir festhalten, dass auch unsere Stellenbewertungen auf Grundlage tarifvertraglicher sowie gesetzlicher Grundlagen und Bestimmungen durchgeführt werden. Derartige Informationen gehören daher nicht zur politischen Stimmungsmachein die Öffentlichkeit.“

Beschäftigte des WBH würden einen Betrauungsakt begrüßen

Die Beschäftigten der WBH würden eine politische Entscheidung zu Gunsten des Modells des Betrauungsaktes begrüßen. „Hiermit können wir als Beschäftigte der WBH weiterhin eine qualitative, gute und wirtschaftliche Aufgabenerledigung für den/die Bürger in unserer Stadt in gewohnter Qualität erbringen.“

Der Rat der Stadt beschloss nach der zuletzt hitzigen öffentlichen Debatte, dass die Verwaltung beauftragt wird, zu prüfen, ob die Angelegenheit in der nächsten Ratssitzung nicht öffentlich beraten werden kann. Daneben soll ein Vorschlag zur Ausgestaltung des Verwaltungsrates zu entwickeln, der allen Fraktionen und Gruppen Zugang zum Gremium gewährt und so unmittelbar auch für die Akteure verfügbar macht und für die Bezirksvertretungen eine angemessene Mitsprache sichert. Es soll dargestellt werden, welche in der WBH-Satzung festgelegten Letztentscheidungsrechte des Rates im Fall einer Betrauung verändert werden. Am Beispiel der naturnahen Grunflächenpflege soll dargestellt werden, wie im Falle der Betrauung künftig Standards in den Aufgabenfeldern des WBH durch politische Gremien der Stadt festgelegt werden können. Geprüft werden soll die Sinnhaftigkeit einer Rückeingliederung der Gewässerunterhaltung, des Grünflächenmanagements und des Forstes in die Stadtverwaltung. Daneben soll im Falle einer Betrauung eine begleitende Evaluation über einen Zeitraum von 18 Monaten verankert werden. Sollte der Rat zum Ergebnis kommen, dass die Betrauung zum Verlust an Transparenz und Steuerungsmöglichkeiten führt, soll eine Exit-Option vorgesehen werden.

Gerbersmann wird deutlich: „Nur ein Verrückter tut so etwas“

Am 1. Januar 2023 müsste ein Betrauungsakt fertiggestellt sein. Kämmerer Christoph Gerbersmann verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass allein der Betrauungsakt des Theaters sechs Monate Zeit benötigt habe. Ein solcher Entwurf könne auf keinen Fall vor Sommer nächsten Jahres vorliegen. „Nur wenn man möchte, dass man möglichst viel Steuern zahlt, berät man so etwas in öffentlicher Sitzung. Nur ein Verrückter tut das“, nahm Gerbersmann noch einmal Stellung dazu, warum er und die Verwaltung es für richtig halten, diesen Teil nichtöffentlich zu beraten.