Hagen. Der Verkehr auf den Autobahnbrücken Kattenohl und Brunsbecke wird durch Baustellen geleitet, die Arbeit ruht. Das bleibt vorerst so.

Vor vier Jahren hat der Landesbetrieb Straßen NRW mit dem Neubau der beiden Autobahnbrücken Kattenohl und Brunsbecke begonnen. Zweieinhalb Jahre sollten die Bauarbeiten dauern, dann könne der Verkehr zwischen den Anschlussstellen Hagen-Süd und Lüdenscheid-Nord wieder ungehindert dahin fließen, prognostizierte die Behörde.

Inzwischen schreiben wir den Sommer des Jahres 2021. Der Verkehr auf den Brücken wird immer noch durch Baustellen geleitet, und unterhalb der mächtigen Bauwerke ruht die Arbeit weitgehend.

Untergrund sorgt für immense Probleme

Der Grund: Die Beschaffenheit des Untergrunds stellt die Ingenieure der Autobahn GmbH des Bundes, die den Landesbetrieb als zuständige Instanz abgelöst hat, vor ungeahnte Probleme. „Die Situation ist schwierig, der Baugrund komplex“, fasst Projektleiter Michael Neumann die Lage zusammen und gibt zu: „Damit hatten wir so nicht gerechnet.“

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Fast scheint, als sei der spektakuläre und deutschlandweit beachtete Querverschub der 980 Meter langen Lennetalbrücke ein Kinderspiel gewesen gegen die Aufgabe, die wesentlich kürzeren Talbrücken Kattenohl und Brunsbecke zu erneuern. Beide liegen dicht hintereinander beim Aufstieg der A 45 ins Sauerland (bzw. beim Abstieg nach Hagen).

Gutachten muss ausgewertet werden

Doch anders als die Lennetalbrücke liegen sie nicht in flachem Gelände, sondern an einem steilen Hang. Das schränkt die Bewegungsfreiheit der monströsen Kräne, Bagger und Radlader, die hier zum Einsatz kommen müssen, ein. Zu allem Überfluss befindet sich nahebei eine Gasleitung, die auf keinen Fall beschädigt werden darf. „Es ist, als würde man sich in einer zu engen Duschkabine waschen“, so Susanne Schlenga, Sprecherin der Autobahn GmbH.

Michael Neumann vor der Talbrücke Kattenohl.
Michael Neumann vor der Talbrücke Kattenohl. © WP | Hubertus Heuel

Die meisten Sorgen bereitet den Verantwortlichen jedoch der Untergrund. Damit die zukünftigen Brückenpfeiler, die bis zu 40 Meter tief in den Boden getrieben werden, auch wirklich sicher stehen, müssen die Ingenieure wissen, woraus das Erdreich besteht. Zwei erste Gutachten, erstellt 2017 und 2019, haben ergeben, dass es sich um eine Wechselfolge von sandigen Tonsteinen, kalkhaltigen Sandsteinen und dolomitischem Kalk handelt.

Mächtige Verwitterungsdecken

Darüber liegen mächtige Verwitterungsdecken von drei bis 14 Metern, zudem fließen der Lückhofer Bach und die Brunsbecke auf ihrem Weg zur Volme durch das Baugebiet. Diese komplexen Voraussetzungen haben die ursprüngliche Planung verändert und ein weiteres Gutachten notwendig gemacht, das zurzeit ausgewertet wird.

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„Wir passen unsere Planungen nun entsprechend von der Gründung bis zum Brückenoberbau an und werden erst bauen, wenn wir uns sicher sind, dass wir später keine unliebsamen Überraschungen erleben“, sagt Neumann: „Im Grunde muss die Brücke schon vor Baubeginn auf dem Papier funktionieren.“

Verschiedene Bauweise

Für das aktuelle Gutachten wurde eine geoelektrische Widerstandsmessung entlang der Brückenachse ausgeführt. Mit Hilfe dieser geoelektrischen Widerstandstomografie (ERT) können die verschiedenen Widerstände im Untergrund ermittelt werden, denn unterschiedliche Bodenarten haben unterschiedliche Widerstände. Erst danach kann ein den Messungen entsprechendes Geländemodell erstellt werden.

Dass beide Brücken in unterschiedlicher Bauweise errichtet wurden, macht die Arbeit nicht einfacher. Neumann und sein Team konzentrieren sich zunächst auf die Talbrücke Kattenohl. Ihre beiden Fahrbahnen ruhen auf jeweils eigenen Pfeilern, so dass eine Hälfte nach der anderen abgerissen und erneuert werden kann, während der Verkehr über die andere Seite geführt wird.

Arbeiten werden noch viele Jahre dauern

Erst dann wenden sich die Straßenbauer der Talbrücke Brunsbecke zu und verfahren dort mit der gleichen Technik wie bei der Lennetalbrücke. Auf Hilfspfeilern wird eine neue Brückenhälfte neben der alten Brücke gebaut; diese Hälfte wird später an den zweiten Teil, der nach dem Rückbau der alten Brücke entsteht, herangeschoben.

Das alles wird noch viele Jahre dauern. Aus den gemachten Erfahrungen haben die Verantwortlichen ihre Lehren gezogen, die bei den folgenden Projekten hilfreich sein werden.

Komplexe Linienführung

Die Talbrücke Kattenohl (Baujahr 1966) hat eine Länge von 207,5 Metern, ihr höchster Punkt befindet sich 38 Meter über Grund.

Die Talbrücke Brunsbecke (Baujahr 1968) ist 540 Meter lang und 66 Meter hoch.

Wegen ihrer komplexen Linienführung durch das bergige Sauerland, das hier seinen Anfang nimmt, wird die A 45 nicht umsonst die „Königin der Autobahnen“ genannt. Und eine Königin gebärdet sich eben bisweilen kapriziös bis exzentrisch. . .