Hagen. Bemerkenswerte Rückendeckung für den Berlin-Kandidaten der CDU, Christian Nienhaus, kommt vom Hagener Ex-SPD-Chef Dr. Jürgen Brand.
Nahezu geräuschlos dümpelt bislang in Hagen der Bundestagswahlkampf vor sich hin. Doch mit der in diesen Tagen in den Briefkästen auftauchenden „Hagener Bürgerzeitung“ des CDU-Kandidaten Christian Nienhaus gibt es den ersten politischen Paukenschlag, der seinen SPD-Konkurrenten Timo Schisanowski gleich wie ein Tiefschlag treffen dürfte: Denn auf der letzten Seite des sechsseitigen Druckwerks gibt ausgerechnet der ehemalige Hagener SPD-Parteichef Dr. Jürgen Brand eine leidenschaftliche Wahlempfehlung zugunsten des CDU-Bewerbers für das Berliner Direktmandat ab. Ein politischer Nadelstich, den der SPD-Kandidat selbst gar nicht kommentieren möchte. Stattdessen lässt er über sein Wahlkampfteam lediglich ausrichten, dass er im Wahlkreis viel Zuspruch erfahre.
Christian Nienhaus selbst nimmt derweil diesen Rückwind aus dem politischen Lager seines ärgsten Rivalen mit einem genussvollen Schmunzeln selbstverständlich gerne mit. Der promovierte Jurist Brand, der 13 Jahre als Präsident des Landessozialgerichts agierte, NRW-Verfassungsrichter war und heute bundesweit als Anwalt tätig ist, hatte nach seiner dreijährigen Amtszeit als SPD-Unterbezirksvorsitzender im April 2012 den damaligen Juso-Vorsitzenden Schisanowski höchstselbst zu seinem Nachfolger für den Posten des Hagener SPD-Chefs ausgeguckt.
Zweifel an der Lebensleistung
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Ein Akt der Wertschätzung, der heute wohl kaum noch denkbar wäre. „Der SPD-Kandidat kommt für mich nicht in Betracht, weil er in seinem bisherigen Leben noch nichts gezeigt hat“, wirft ihm Brand „Tricksereien“, „Charaktermangel“ und „manipulatives Vorgehen“ beim Nominierungsduell gegen René Röspel vor: „Ich glaube nicht, dass man von seinem Lebenslauf bisher begeistert sein kann, wenn man mit 39 Jahren seinen juristischen Bachelor macht. Er ist ein Leichtgewicht, das sich auch mit 40 Jahren nicht mehr großartig entwickeln wird.“
Gleichzeitig betont Brand, dass er sich der SPD weiter fest verbunden fühle und sich nicht so verhalten hätte, wenn erneut René Röspel für die Genossen angetreten wäre: „Er hat nach all den Jahren gute Vernetzungen hergestellt und stets gute Ergebnisse geholt. Schisanowski wir kein gutes Ergebnis holen“, verweist Brand darauf, dass die Partei zuletzt auf seine Impulse – darunter persönlich eingeworfene Briefe – gar nicht mehr reagierte habe: „So geht man nicht miteinander um, denn geht man eben andere Wege.“
„Christian Nienhaus sehe ich als einen ausgesprochenen Gewinn für unsere Stadt an, wenn er in den Bundestag käme. Er ist überall vernetzt“, schätzt Brand den CDU-Kandidaten aus dem Springer-Management mit Hohenlimburger Wurzeln seit mehr als drei Jahrzehnten als kompetenten politischen Kopf. „Wir werden in Zukunft in Hagen eine Menge Probleme haben, die wir finanziell lösen müssen. Wenn da jemand mit den Ministerien verhandeln kann, dann wird am ehesten er das sein“, hält der Ex-SPD-Chef eine Nienhaus-Wahl für „ein dickes Pfund für Hagen“.
Schisanowski lässt sprechen
Wie einst Demnitz bei Diegel
Dass der CDU-Bewerber für ein politisches Mandat Fürsprache aus dem SPD-Lager erhält, ist auf dem Hagener Politik-Parkett längst kein Novum mehr.
So unterstützte bereits der ehemalige SPD-Oberbürgermeister Peter Demnitz im Landtagswahlkampf 2017 den CDU-Kandidaten Helmut Diegel und nicht etwa den SPD-Bewerber Wolfgang Jörg.
Demnitz, der unter anderem als SPD-Unterbezirksgeschäftsführer und Chef der Hagener Ratsfraktion zuvor eine langjährige Partei-Karriere hinter sich hatte, war seinerzeit zwar bei den Sozialdemokraten schon enttäuscht ausgetreten, wurde allerdings von vielen Bürgern noch immer als Genosse wahrgenommen.
Gereicht hat es für Diegel dennoch nicht – Jörg holte im Mai 2017 das Direktmandat mit 5,25 Prozentpunkten Vorsprung.
Naturgemäß sieht dies das Schisanowski-Lager ganz anders. Während der Kandidat auf Anfrage der Stadtredaktion zu der Brand’schen Wahlempfehlung schweigt, lässt er lediglich über den Sprecher seines Wahlkampfteams, Marc Fürst, ausrichten: „Seit Monaten ist unser heimischer SPD-Kandidat Timo Schisanowski im Wahlkreis unterwegs und erfährt viel Zuspruch. Weil die Menschen einen Bundestagskandidaten erwarten, der sich vor Ort kümmert und hier in Hagen lebt – nicht wie Herr Nienhaus im fernen Baden-Württemberg. Daran ändern weder Herr Dr. Brand noch eine Wahlkampfzeitung vom Herrn aus Süddeutschland etwas.“