Hagen. Die Fakten zu einem Innenstadtring als Einbahnstraße liegen auf dem Tisch. Busse, Radfahrer und Umwelt profitieren. Es gibt aber auch Nachteile:

Eine Einbahnstraßenregelung auf dem Cityring in Hagen löst nicht bloß die Stauprobleme in der Innenstadt und schafft ausreichend Platz für Bus- und Radverkehr, sondern lässt zugleich auch noch die Luftschadstoffprobleme an den Hotspots verschwinden. Diese steile, in der politischen Debatte gerne formulierte These stellte die Stadt jetzt in Form einer Machbarkeitsstudie auf den Prüfstand. „Das Ergebnis kann kaum befriedigen“, ergibt sich für den Hagener Baudezernent Henning Keune beim Blick auf die von der Aachener DTV-Verkehrsconsult GmbH erarbeiteten Resultate ein klareres, aber längst nicht eindeutiges Bild: Zwar würde sich die Umweltbelastung an den kritischen Punkten erheblich besser verteilen, doch die verkehrlichen Kröten, die vor allem die Hagener Autofahrer schlucken müssten, wären äußerst schwer verdaulich.

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WP-Redakteur Martin Weiske
Von      Martin Weiske

Rein verkehrlich betrachtet, wird es auf einem Einbahnstraßenring, auf dem es dann eigene Fahrspuren für Radfahrer, ÖPNV und vielleicht eines Tages sogar für selbstfahrende Systeme gibt, für den motorisierten Individualverkehr natürlich deutlich unkomfortabler: Je nach Fahrziel verlängern sich die Fahrstrecken um durchschnittlich 1,7 Kilometer, während sich die Fahrzeiten von 9,4 Minuten auf mehr als 17 Minuten nahezu verdoppeln. Hinzu kommt es auf mehreren Streckenabschnitten zu einem erhöhten Staurisiko, zumal die Gutachter an bis zu 10 von 36 Kreuzungspunkten davon ausgehen, dass hier die Leistungsgrenzen überreizt werden.

Luft auf den Nebenstrecken schlechter

Umgekehrt kommt das Aachener Team zu dem Ergebnis, dass eine Einbahnstraßenführung sowohl die Stickstoffdioxid- als auch die CO2-Werte auf dem Innenstadtring reduziert. Dafür werde sich, so die Berechnungen, die Verkehrsdichte innerhalb des Rings erhöhen, so dass dort die Emissionen steigen und somit zugleich die Luftqualität sich verschlechtert: „Insbesondere die Auswirkungen auf die global zu betrachtenden CO2-Emissionen sind daher negativ zu bewerten“, formuliert es der Gutachter Dr. Hartmut Ziegler.

Umbau des Rings kostet Millionen

Für den Einbahnstraßenring kommt in den Augen der Gutachter nur eine erweiterte Variante in Frage, bei der parallel zum Galen-Ring auch die Bahnhofshinterfahrung – in beide Richtungen befahrbar – integriert wird.

Gegen den Uhrzeigersinn, so lauten erste vorsichtige Schätzungen, würde eine Umgestaltung etwa 5,1 Millionen Euro kosten. Mit dem Uhrzeigersinn, was den Verkehrsfluss verbessern würden, müssten sogar mindestens 6,5 Millionen Euro investiert werden, weil dafür, so die Empfehlung, auch die marode Arbeitsamtsrampe saniert oder gar erneuert werden müsste.

Insgesamt haben die Experten vier Verkehrsführungsvarianten mit unterschiedlichen Fahrtrichtungen auf dem Innenstadt-Ring durchgerechnet, wobei sich letztlich herauskristallisierte, dass lediglich bei einer Einbeziehung der Bahnhofshinterfahrung – sie bleibt dann wie auch der Graf-von-Galen-Ring in beide Richtungen befahrbar – sich akzeptable Lösungen ergeben. Hierbei geht die Belastung an den Hotspots am Bahnhof sowie in der Finanzamtsschlucht um 3000 bis 10.000 Fahrzeuge pro Tag zurück, während der Druck vorzugsweise auf Bad- und Körnerstraße wächst.

Allerdings erscheint auch klar: Angesichts des begrenzten Verkehrsraumes zwischen den Häuserschluchten, lässt sich eine echte Verkehrswende zugunsten von Bussen und Rad (dem Ring kommt im regionalen Radwegenetz eine zentrale Rolle zu) kaum umsetzen, wenn diesen Verkehrssystemen nicht der notwendige Platz eingeräumt wird. Daher kommt Dezernent Keune auch zu dem Ergebnis: „Dies ist kein Konzept, das kurzfristig umgesetzt werden kann. Es macht nur Sinn, wenn auch das ÖPNV-Angebot deutlich verbessert wird.“ Bis heute wird lediglich für jeden fünften Weg in der Innenstadt das Rad oder der Bus gewählt.