Hagen-Mitte. Im September wird Pfarrer Dirk Salzmann neuer Leiter der Hagener Marienkirche. Der Geistliche stammt aus Hagen und kehrt nach langer Zeit zurück.

Wechsel in der Kirchengemeinde St. Marien und auf dem Leitungsposten des Pastoralen Raumes Hagen-Mitte-West: Im September wird Pfarrer Dirk Salzmann (49) dort Norbert Bathen beerben, der zuletzt auch als Hagener Dechant gewirkt hatte und 25 Jahre in St. Marien tätig gewesen sein wird. Das sogenannte „City-Pastoral“ reizt den 49-Jährigen, der gebürtig aus Hagen stammt und nach über 30 Jahren in eine Stadt zurückkehrt, die nur noch sehr wenig mit der zu tun hat, die er einst verließ.

Herr Salzmann, wir müssen Sie gleich zum Gesprächsbeginn ärgern.

Dirk Salzmann: Warum?

Im gesamten Erzbistum haben nur noch zwei Gemeinden das historische Recht einer Pfarrerwahl: Boele und St. Marien.

Das ist ja nicht ärgerlich, sondern für die Gemeinden sehr wertvoll. Ich ahne aber, dass Sie auf die Beteiligung an der Pfarrerwahl hinauswollen.

Genau. Von über 2000 Gemeindemitgliedern haben gerade einmal 42 mit Ja für Sie gestimmt. Der Rest ist gar nicht zur Wahl gekommen.

(lacht) Wenn ich Politiker wäre, würde ich sagen: „Ich freue mich über die 42 Zustimmungen.“ Ich weiß aber genau, was Sie meinen und für mich steckt in dieser Zahl auch ein Thema. Es wird auch eine Aufgabe sein, noch mehr Menschen für die Gemeindearbeit zu begeistern. Zur Einordnung muss ich aber sagen: Bei Kirchenvorstandswahlen sind zuletzt auch oft nur um die 80 Stimmen abgegeben worden.

„Hagen hat sich extrem verändert“

Sie kommen jetzt aus Gütersloh in Ostwestfalen in eine Großstadt und noch dazu in eine City-Kirche im Herzen der Stadt. Vor welchen Herausforderungen stehen Sie da?

Hagen hat sich extrem verändert, seit ich meine Heimatstadt 1991 verlassen habe. Ein Thema ist dabei zum Beispiel Migration, die großen Einfluss auf die Bevölkerungszusammensetzung in der Innenstadt hat. Aber ich habe mich sehr bewusst für diesen Standort entschieden. Ich mag die Begegnung und das Neben- und Miteinander von Christen, Kulturen und Religionen. Dazu gehört auch die Anonymität, die sowohl einsam machen kann, aber auch Schutzraum ist.

Auch interessant

Sie werden im September Chef von neun Pfarreien. Sie verwalten den Immobilienbestand, führen das Personal, sprechen mit Gemeinderäten und Vorständen. Ihr Amtskollege Christoph Schneider aus Boele hat jüngst die Entscheidung getroffen, angesichts dieser vielen Aufgaben einen Schritt zurück zu machen und wieder mehr Seelsorger sein zu wollen. Keine Angst, dass das alles noch größer und schwerer zu managen wird?

Ich habe eine Ahnung, was da auf mich zukommt. Die pastoralen Räume werden immer größer gezogen. Ich habe persönlich die Vermutung, dass ganz Hagen in der Zukunft zu einem pastoralen Raum wird. Damit wird alles noch größer. Ich will aber das Thema Führung für mich neu definieren und mit den vielen engagierten Gemeindemitgliedern und Verantwortlichen zusammen Projekte entwickeln. Am besten so, dass jede Gemeinde ihren Charakter in ihrem Stadtbezirk behält.

„Ökumene ist für mich selbstverständlich“

Beide Kirchen in Hagen, die katholische und die evangelische, erleben einen starken Mitgliederrückgang. Es gibt Gotteshäuser, über deren Verwendung und Erhalt man in der Zukunft sehr genau nachdenken muss. Vor diesem Hintergrund scheint es sinnvoll, das Thema Ökumene noch mehr voranzutreiben. Was meinen Sie?

Für mich gehört die Ökumene zu einem selbstverständlichen Tun. Was für die Mitglieder meiner Gemeinden gilt, gilt auch für die evangelischen Gläubigen: Wir werden Projekte und die Zukunft nur zusammen gestalten können. Wo es geht, werde ich versuchen, das, was ich da sage, auch mit Leben und Inhalt zu füllen. In welcher Art der Zusammenarbeit sich das zeigen wird, muss sich entwickeln. Ich bin gesprächsbereit.

Auch interessant

Mit welchen Zielen treten Sie denn an? Von Veränderungen an führender Stelle erwarten Gemeindemitglieder sicher auch neue Impulse und Richtungen.

Da muss ich mich entschuldigen, dass mir aktuell nur Sätze einfallen, die groß klingen. So etwa, dass ich mit den Gemeindemitgliedern zusammen neu verstehen möchte, was unser Auftrag in dieser Stadt ist. Wenn wir Christen einen Beitrag dazu leisten können, dass es Freude macht, in Hagen zu leben, dann ist das schon ziemlich gut. Und das richtet sich an Menschen jeglicher Glaubensrichtung in Hagen. Klingt wenig greifbar, ich weiß, aber genau darum geht es mir.

„In meinem Bild von Hagen steht noch der Lange Oskar“

Wenn man 30 Jahre nicht mehr in Hagen war, erkennt man die Stadt doch sicher nicht wieder.

Ich bin vom Boloh und mein Bild von Hagen und seiner Innenstadt ist noch eines, in dem der Lange Oskar noch steht und das Rathaus noch am Friedrich-Ebert-Platz. Ich war immer mal wieder zu Geburtstagen hier, muss die Stadt aber noch einmal neu kennenlernen. Das war auch ein Grund, warum ich mich auf diese Stelle beworben habe. Zurück zu den Wurzeln. Für mich gibt es hier jetzt viel zu entdecken. Mein Vater lebt noch in Hagen und meine älteren Brüder, Nichte und Neffen.

Sie könnten mal zum Handball oder Basketball gehen, um zu sehen, wie leidenschaftlich sich viele Hagener auch mit dieser Stadt in Verbindung fühlen.

Ja, Brandt Hagen ist mir ein Begriff…..

Brandt Hagen gibt es nicht mehr. Der Club heißt jetzt Phoenix Hagen und spielt in der zweiten Bundesliga und nicht mehr in der ersten.

(lacht) Da sehen Sie, was ich alles neu entdecken muss. Dass Zwieback Brandt leider nicht mehr hier ist, habe ich aber richtig mitbekommen.

Sie können sich jetzt nur noch retten, indem Sie Fan des aus Sicht vieler Hagener richtigen Fußball-Vereins sind...

Ganz schwieriges Gebiet, zumal Hagen ja in der Nähe einiger wichtiger Clubs liegt. Ich bin kein eingefleischter Fußball-Fan, habe aber vier Jahre in Dortmund gearbeitet. Deshalb verfolge ich, was der BVB tut.

Mit Dirk Salzmann sprach Mike Fiebig