Hagen. Trotz des engagierten Einsatzes von Krisenstab und Ordnungsamt – die Hagener Bürger blicken kritisch auf das Pandemie-Handeln ihrer Stadt.
Sind die Aktivitäten der Stadt tatsächlich unzureichend oder sind die Hagener schlichtweg notorische Nörgler? Zumindest schätzen die Bürger das Handeln der Kommune in der Corona-Pandemie alles andere als gelungen ein. Das ist das Ergebnis des Corona-Checks der Stadtredaktion, an dem allein in Hagen und Breckerfeld sich 2315 Leser und Online-Nutzer beteiligt haben.
Auf einer Bewertungsskala von 1 bis 5 (1 = sehr gut; 5 = sehr schlecht) erhält die Verwaltung gerade einmal eine mäßige 3,73 Bewertung. Die Menschen entlang der Volme sind somit deutlich enttäuschter als im südwestfälischen Durchschnitt (3,30) oder gar in der deutlich kleineren Nachbarkommune Breckerfeld (3,03) mit ihren ganz anderen Sozialstrukturen. Eine angesichts der nackten Zahlen durchaus überraschende Bürger-Bilanz, da – unabhängig von der immensen Belastung für die Gesundheitsbehörde – parallel auch der städtische Krisenstab inzwischen auf seine 100. Pandemie-Sitzung zusteuert und zudem das städtische Ordnungsamt in den vergangenen 14 Monaten fast 20.000 Kontrolleinsätze im gesamten Stadtgebiet durchgezogen hat. Von fehlendem Engagement kann also wahrlich kaum die Rede sein.
Krisenstab ist Chefsache
Immerhin kann man sich trotz des eher enttäuschenden Urteils der Bürger zum lokalen Agieren im Hagener Rathaus damit trösten, dass die Strategien des Bundes (3,84) sowie des Landes (3,91) von den Menschen sogar noch kritischer beurteilt werden, wobei es kaum Unterschiede bei den Geschlechtern gibt. Allerdings sind hier die Resultate in sämtlichen südwestfälischen Gemeinden dieser Erhebung ähnlich schlecht, so dass das Hagener Großstadtergebnis durchaus negativ hervorsticht. Zumal die Maßnahmen selbst – hier vergeben die Hagener ähnlich wie im südwestfälischen Schnitt eine 3,30-Wertung – wohlwollender bewertet werden.
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Dreh- und Angelpunkt der städtischen Pandemie-Aktionen ist der Krisenstab, dessen Führung Oberbürgermeister Erik O. Schulz gleich in der Anfangsphase zur Chefsache erklärt hat. Zumal der seinerzeit mit Blick auf sein Vertragsende eher mindermotivierte Fachdezernent auf seine letzten Tage im Amt bloß überschaubares Interesse an dieser Schlüsselposition signalisierte. „Gerade für solche Ausnahmesituationen wie eine Pandemie oder auch Naturkatastrophen sowie folgenschwere Ausfälle der lokalen Infrastruktur sind die Kommunen präpariert, die fachspezifischen Entscheider zu den fraglichen Lagebildern zusammenzuziehen“, verweist Stadtsprecher Michael Kaub darauf, dass das NRW-Innenministerium die Kommunen und Kreise entsprechend verpflichtet. „Hier werden auf kurzen Dienstwegen Maßnahmen eingefädelt, die die Organisation, Versorgung und Sicherheit der Bürger auf kommunaler Ebene in Krisenzeiten gewährleisten.“
Entsprechend hat dieser Kreis seit dem ersten Treffen im Februar 2020 in den extra ausgestatteten Räumlichkeiten in der Feuerwache Ost – inzwischen trifft man sich bloß noch virtuell – angesichts der hohen Infektionszahlen in Hagen zahlreiche maßgeschneiderte Einzelmaßnahmen getroffen, die auch immer wieder über die Vorgaben des Landes hinaus gehen: So wurden beispielsweise im März 2020 bereits vor den entsprechenden Erlassen aus Düsseldorf Kneipen, Diskotheken, Fitnessstudios und Schwimmbäder geschlossen. Zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Oktober wurde zudem die Maskenpflicht in der City und am Bahnhof und nur einen Monat später für Erwachsene auch in Kitas und Grundschulen eingeführt oder auch deutlich strengere Besuchsregelungen in Pflegeeinrichtungen etabliert sowie Ausgangsbeschränkungen verhängt. Krisenstabsleiter OB Erik O. Schulz hat dabei gegenüber der Politik für sein Team stets reklamiert, einerseits „konsequent, dabei aber auch immer mit Augenmaß, rechtssicher und verhältnismäßig“ gehandelt zu haben.
Ordnungsamt bündelt seine Kräfte
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Ein besonders waches Auge auf die Einhaltung der am Reißbrett entwickelten Corona-Regelwerke wirft auf den Straßen seit März 2020 das Hagener Ordnungsamt, das mit seinem von 13 auf 16 Mitarbeiter aufgestockten städtischen Ordnungsdienst für die Kontrollen in der realen Welt zuständig ist. „Zudem wurden die Kollegen in den Lockdownphasen von den für Parkverstöße verantwortlichen Mitarbeitern (15) sowie den Waste-Watchern (8) unterstützt“, betont Stadtsprecher Kaub, dass man in den vergangenen Monaten durch gezielten Einsatz der letztlich begrenzten Personalressourcen immer wieder auf die jeweiligen Situationen reagiert habe. Darüber hinaus engagierte die Stadt private Sicherheitsdienste, um an sieben Tagen in der Woche – in den Nachtstunden natürlich sekundiert von der Polizei – vor allem die Einhaltung der Maskenpflicht zu kontrollieren und zu sanktionieren.
Schlechte Noten auch beim Heimatcheck
Die wenig zufriedenstellende Bewertung des städtischen Wirkens in den Pandemie-Monaten im Rahmen des Corona-Checks erinnert stark an die repräsentativen Heimat-Check-Ergebnisse, die bereits vor einem Jahr von der Stadtredaktion ermittelt und präsentiert wurden.Damals erhielt das Handeln von Verwaltung und Politik in Hagen mit der Schulnote 4+ das schlechteste Bürgerurteil aller abgefragten Parameter in Südwestfalen.Angesichts dieses Resultates wurde seinerzeit auch von Mandatsträgern die fehlende Transparenz und Kommunikation von Verwaltungshandeln als wesentliche Ursache für diese alarmierende Einschätzung der Hagener identifiziert.Ein weiteres Indiz für schwindende Akzeptanz zwischen Rathaus und Bürgerschaft lieferte im Herbst die Kommunalwahl, bei der lediglich noch 42 Prozent der Wahlberechtigten zu den Urnen gingen.
Mit einer durchaus respektablen Bilanz: Bis Ende April hat das Hagener Ordnungsamt seit Ausbruch der Corona-Pandemie 6532 Einsätze auf öffentlichen Plätzen sowie weitere 8033 in Gewerbebetrieben gefahren – dabei wurde 4148 Platzverweise erteilt und insgesamt 2148 Ordnungswidrigkeitsanzeigen verhängt. Zudem wurden bei 64 illegalen Partys exakt 482 Teilnehmer erwischt (155 Ordnungswidrigkeiten). Hinzu kamen bei 3705 Kontrollen der Maskenpflicht 2075 Verstöße (886 Anzeigen). Bei weiteren 721 Einsätzen gegen die Ausgangssperre wurden 454 Personen ertappt, bei denen 123 ein Bußgeld erhielten.
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