Hagen-Haspe. Angelika Baumann und ihr Salon Henne in Hagen-Haspe sind bekannt bei fast jedermann. Ihre schönsten Erinnerungen an 54 Jahre Friseurhandwerk.

„Unsere älteren Kundinnen kommen wie früher noch immer am liebsten freitags zu uns, um fürs Wochenende­ hübsch zu sein“, sagt die Hagenerin Angelika Baumann. Und in ihrer Stimme schwingen weder Spott noch Unverständnis, sondern es schwingt Respekt mit. „Viele alte Menschen haben am Wochenende Kontakt zu ihren Kindern oder Enkeln­, da ist es doch schön, wenn sie sich dafür zurecht machen.“

Angelika Baumann ist Friseurmeisterin und seit 54 Jahren im Beruf. „Ich bin Friseurmeisterin in Haspe“, ergänzt die 68-Jährige mit verschmitztem Lächeln. Dann wird ihr Gesichtsausdruck ernster, „doch lange führe ich den Salon nicht mehr, bald ist Schluss“.

Alte Haarschneidemaschine erinnert an früher

Angelika Baumann ist beinahe eine Institution in Haspe, ihr Friseursalon Henne gehört seit Jahrzehnten zum Stadtbild dazu. An ganz frühe Zeiten, in denen sich der Salon noch in der Swolinskystraße befand, erinnert heute nur noch eine alte Haarschneidemaschine, „die haben wir zu Dekozwecken aufgehängt, benutzt wird sie nicht mehr“, sagt die 68-Jährige, „heute sind alle unserer Maschinen mit einem Akku versehen, das ist natürlich viel praktischer.“

An die alten Zeiten erinnern sich die Friseurmeisterin und Marion Weißner – die 59-Jährige ist nicht nur Angestellte bei, sondern auch Schwägerin und Freundin von Angelika­ Baumann, gern zurück. „Oh ja, da ging es noch her.“ Früher war also, um mit Vicco von Bülows Worten zu sprechen, mehr Lametta? „Und ob, da war der ganze Salon­ manchmal in Glitzer und Glimmer getaucht“, lachen die beiden Frauen.

Festliche Innungsbälle, Bälle der Einzelhändler und Tennisbälle

Mit den glänzenden Zeiten spielt Angelika Baumann auf die 1980er und ‘90er Jahre an, in denen es festliche Innungsbälle, Bälle der Einzelhändler und Tennisbälle gab. Im Parkhaus und in der Wartburg waren damals an beinahe jedem zweiten Wochenende festliche Veranstaltungen, „und vorher kamen die Damen zu uns“, blickt Angelika Baumann gern zurück. „Wir haben hier im Salon die tollsten Hochsteckfrisuren gezaubert. Dekorative Accessoires sowie Glitzer und Glimmer für die Haare gab es früher tatsächlich nur beim Friseur. Heute bekommt man das alles im Drogeriemarkt um die Ecke oder in jedem x-beliebigen Kaufhaus.“

Auch Karneval war damals für Angelika Baumann und ihr Team eine ganz besondere Zeit, „anstrengend, aber wunderschön“.

Petra und Detlef Bracht, das Prinzenpaar in der Session 2001/02, waren und sind auch heute noch ihre Nachbarn. „Als Petra Prinzessin war, hab’ ich all’ ihre Frisuren gemacht“, erzählt die Chefin strahlend. Für ganz besondere Anlässe habe sie in Petra Brachts Hochsteckfrisur sogar eine winzige Lichterkette eingearbeitet, „die Batterie habe ich hinter einer Locke versteckt“. Ein für sie ganz besonderer Tag sei damals Weiberfastnacht gewesen, „da ging es morgens um sechs Uhr los, ich hatte die Frisuren von allen Mädels im Blick, der Tag endete erst tief in der Nacht, aber die Stimmung war bis zum Schluss grandios“.

1974 die Meisterprüfung abgelegt

Wie Angelika Baumann zum Friseurhandwerk kam? Ihre Mutter, Roswitha Henne, hat sich 1964 in der Slowynskistraße als Friseurin selbstständig gemacht, mit 14 begann ihre Tochter Angelika bei ihr ihre Ausbildung. 1970 legte Angelika Baumann ihre Gesellen-, 1974 ihre Meisterprüfung ab, 1991 – also vor 30 Jahren – übernahm sie von ihrer Mutter den Salon und machte sich selbstständig. Im Jahr 2000 wurden die Räumlichkeiten in der Vollbrinkstraße 24 bezogen, „hier bin ich dann mit komplett neuer Einrichtung an den Start gegangen“. Ihre Mutter habe, als sie über 80 war, noch immer im Salon mitgeholfen und sich um die ebenfalls hochbetagten Stammkundinnen gekümmert, erzählt Angelika Baumann mit Stolz in der Stimme.

Wie es war, über so viele Jahre mit der Mutter Schulter an Schulter zu arbeiten? „Extrawürste wurden für mich nicht gebraten, ich hatte keinen Extra-Urlaubstag und auch sonst keine Vergünstigungen. Mit uns hat es gut geklappt.“

Manchmal wie ein altes Ehepaar

Und Marion Weißner? Sie gehört beinahe zum Inventar des Salons und hat bereits 1978 – also vor 43 Jahren – bei Roswitha Henne gelernt. „Der Salon war über Jahrzehnte ein Ausbildungsbetrieb, wir hatten pro Lehrjahr stets einen Auszubildenden, also drei pro Jahr“, sagt Marion Weißner. Mit ihrer Schwägerin und Chefin Angelika Baumann käme sie bestens zurecht, „wir können Privates und Berufliches gut trennen, wir sind manchmal wie ein altes Ehepaar. Und selbst wenn wir den ganzen Tag nebeneinander geschnitten und frisiert­ haben, telefonieren wir häufig abends noch miteinander“.

Oft tauschen sich die beiden über Trends von einst aus. „Früher wurde mit Messer und Schere geschnitten, ab Mitte der 1970er Jahre kamen dann die Schnitte, die ausschließlich mit kleinen Scheren geschnitten wurden, in Mode“, erzählt Angelika­ Baumann. Sie habe damals eine Schnitt-Wochenschulung in Köln gemacht, „der Trend war revolutionär und ich hab’ meinen Hasper Kundinnen auf Wunsch den In-Schnitt verpasst“.

Anfang der 1980er Jahre kamen dann Trapezdauerwellen auf, „was haben wir damals gewickelt“, lachen die beiden Frauen, später setzte sich dann die Fokuhila-Frisur (vorne kurz, hinten lang) durch, „wir haben gemacht, was die Kundin wollte“.

Kunden kamen früher häufiger

In der Hoch-Zeit hat das Salon-Team aus neun Mitarbeitern bestanden, „heute sind wir zu zweit plus eine Teilzeitkraft, die meistens Herren bedient“, sagt Angelika­ Baumann.

Viele Jahre in der Friseurinnung aktiv

Angelika Baumann war 25 Jahre im Vorstand der Friseurinnung aktiv, davon war sie 20 Jahre stellvertretende Obermeisterin. 30 Jahre war sie Mitglied der Prüfungskommission und hat Gesellenprüfungen abgehalten.

Mit ihrer Angestellten, Schwägerin und Freundin Marion Weißner hat sie etliche Musical-, Wellnessreisen und Städtetrips unternommen. Beide fühlen sich im Hasper Brauchtum wohl.

Ab 1. Juli ist Marion Weißner bei Maureen Gunder im „Haarstudio Maureen“ in der Tillmannsstraße 1 beschäftigt. „Ich hoffe, dass mir viele unserer bisherigen Kunden dorthin folgen“, sagt die 59-Jährige.

Was sich noch geändert hat? Früher­ kamen die Kunden häufiger, „einmal pro Woche Waschen und Einlegen war normal“. Gefärbte Strähnchen waren vor Jahren noch weit auffälliger, heute wird eher auf Natürlichkeit gesetzt. „Geblieben ist, dass wir früher wie heute ein Salon­ sind, der durch Stammkunden lebt“, sagt Angelika Baumann. Doch am 12. Juni wird die Tür in der Vollbrinkstraße endgültig geschlossen.

„Schade, dass ich aufgrund Corona keine kleine Abschiedsfeier für meine Kunden und Kolleginnen geben kann“, bedauert Angelika Baumann. Was sie entschädigt? „Dass ich auf so viele schöne Jahre mit größtenteils sehr netten Kunden zurückblicken kann. Und dass Marion Weißner eine Anschlussbeschäftigung im ,Haarstudio Maureen‘ gefunden hat.“