Hagen. Die Hagener Osterkirmes ist abgeblasen, ein Autokino auf dem Höing wird es wohl nicht geben - die Schausteller gehen am Stock.

Eigentlich liefen die Vorbereitungen für die Osterkirmes auf dem Höing jetzt schon auf Hochtouren, doch die Traditionsveranstaltung – es wäre in diesem Jahr die 61. Hagener Osterkirmes gewesen – wurde am 5. März abgesagt, „genau wie im letzten Jahr, da hat uns Corona ebenfalls einen Strich durch die Rechnung gemacht“, sagt Daniel Gusik traurig. Der 2. Vorsitzende des Hagener Schaustellervereins bangt, genau wie seine Kollegen, um seine Existenz.

Verkauf an Süßwaren läuft schleppend

Der 34-Jährige, den viele durch seinen Backwarenstand sowie seine zwei Kinderkarussells vom Hagener Weihnachtsmarkt kennen, behilft sich gerade mehr recht als schlecht. „Wir haben ein Grundstück in Herne, da hab‘ ich meinen Stand platziert und verkaufe dort Mandeln, Schokofrüchte und Crêpes. Und ich hab‘ Glück, dass eine Bekannte aus Bremen zwei Zuckerwattemaschinen­ besitzt, von denen sie mir eine geliehen hat, so kann ich in Herne wenigstens auch noch ein typisches Kirmesprodukt anbieten.“ Wie der Verkauf läuft? „Schleppend, von den Einnahmen kann ich gerade mal einkaufen gehen­.“

Doch die Schausteller geben die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht auf, „vorerst halten wir an der Durchführung der Hasper Kirmes fest“, so Gusik. Der für Juni terminierte große Kirmeszug durch Haspe wurde zwar schon abgeblasen, dennoch soll nach jetzigem Stand die Kirmes wenn irgend möglich stattfinden, „wir müssen arbeiten, wir wollen raus“, unterstreicht Daniel Gusik.

Außerdem strickt er mit seinen Schausteller-Kollegen an einer Frühjahr/Sommerveranstaltung, vergleichbar mit „Hagorado“ im vergangenen Jahr. Zur Erinnerung: Von Ende Juni bis Mitte Juli 2020 hatte der Schaustellerverein den mobilen Freizeitpark „Hagorado“ auf dem Höing eingerichtet. Die Besucherresonanz an den 22 Veranstaltungstagen war laut Gusik durchwachsen.

Hygienebeitrag von jedem Gast

„Wenn es die Coronaschutzverordnung es erlaubt und die Auflagen für uns nicht zu hoch sind, wollen wir den Höing wieder bespielen, allerdings­ würden wir einige Änderungen vornehmen“, sagt der 2. Vorsitzende. Mit der Äußerung spielt er unter anderem auf die Eintrittsbedingungen an. Im letzten Sommer bezahlte jeder Besucher am Eingang für die Nutzung sämtlicher Fahrgeschäfte. „Dieses Mal planen wir, am Eingang von jedem Gast einen Hygienebeitrag - vermutlich einen Euro - einzunehmen, die gewünschten Fahrten sollen dann aber an jedem Karussell einzeln bezahlt werden.“ Doch noch sind die Gedankenspiele Zukunftsmusik, „wir Schausteller kommen in der aktuellen Coronaschutzverordnung überhaupt nicht vor, können also - egal unter welchen Bedingungen – weder eine Kirmes noch einen Pop-up-Park betreiben.“

Das Bild ist auf der Hagener Osterkirmes 2018 entstanden. Dieses Jahr wird es (genau wie 2020) kein Familienspektakel auf dem Höing geben.
Das Bild ist auf der Hagener Osterkirmes 2018 entstanden. Dieses Jahr wird es (genau wie 2020) kein Familienspektakel auf dem Höing geben. © Michael Kleinrensing

Themenwechsel – wie gestaltet sich die finanzielle Lage der Schausteller? „Die November- und Dezember-Hilfe habe ich noch bekommen, doch das Überbrückungsgeld seit Anfang 2021 steht noch immer aus“, sagt Daniel Gusik.

Auch Schausteller Ricardo Arens beklagt die ausbleibenden Hilfen, „wenn du die finanziellen Löcher nicht mit privaten Rücklagen stopfen kannst, sieht es ganz düster aus.“ Und auch der 32-Jährige sucht im Lockdown verzweifelt nach Einnahmequellen und steht seit einigen Tagen bis einschließlich Ostersamstag mit seinem „Knusperhaus“ auf dem Kaufland-Parkplatz an der Fuhrparkbrücke sowie mit einem Süßwarenstand vor Kaufland in Elsey­,­­ „Geld verdienen sieht anders aus“, sagt der Schausteller, der gleichzeitig auch 2. Vorsitzender der Hagener Werbegemeinschaft ist. Arens ergänzt: „Aber selbst wenn wir nur 10 oder 20 Prozent des normalen Umsatzes einnehmen, ist das besser als nichts.“

Kritik an der Bundesregierung

Er habe Verständnis für alle Maßnahmen in der Pandemie und akzeptiere auch, dass alle Leute gesellschaftliche Opfer bringen müssten, „doch die Bundesregierung fällt Entscheidungen, die ich nicht nachvollziehen kann und lässt uns Schausteller finanziell hängen.“ Ricardo­ Arens hasst die momentane Situation, die ihn und seine Kollegen zum Nichtstun verdamme, außerdem sei das Schaustellergewerbe kein gewöhnlicher Beruf, „das lebst du.“

Was ihm besonders zu schaffen macht? Der ganzen Veranstaltungsbranche gehe es schlecht, doch in manchen Bereichen gebe es halbwegs praktikable Notlösungen, so könnten Konzerte oder Shows zum Beispiel gestreamt werden, „aber wir Schausteller, was sollen wir denn machen?“

Wobei sich Ricardo Arens und sein Bruder Geoffrey schon vor einiger Zeit ein zweites Standbein zugelegt und eine Event- und Veranstaltungs-GmbH gegründet haben. Im letzten Sommer haben die beiden zum Beispiel das Autokino auf dem Höing organisiert. „Doch daraus wird - falls es aufgrund Corona überhaupt genehmigt würde - dieses Mal wohl nichts. Es gibt auf dem Markt einfach keine neuen Kinofilme.“