Hagen. Die Fernuni Hagen sieht sich einem Eilantrag gegenüber: Ein Student will verhindern, dass seine aufgezeichnete Klausur gespeichert wird.
Die Fernuniversität Hagen sieht sich der Klage eines 31-jährigen Jurastudenten gegenüber. Der angehende Jurist will vor dem Oberverwaltungsgericht Münster per Eilantrag verhindern, dass die Videoaufnahme seiner Klausur, die er am 8. März schreiben muss, gespeichert wird. Natürlich hängt die ganze Angelegenheit, wie könnte es anders sein, mit Corona zusammen.
Fern- und Digitalunterricht sind ja eigentlich ein Metier, in dem sich die Hochschule bestens auskennt. Seit ihrer Gründung im Jahr 1974 lehrt die Fernuniversität aus der Distanz. Doch zu den Prüfungen versammeln sich die Studenten seit jeher auf dem Campus in Hagen oder in den Räumen einer anderen Universität, die von der Fernuni eigens zu diesem Zwecke angemietet werden.
Webcam nimmt Prüfung auf
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Das hat sich mit Corona geändert. Seitdem das Virus zu Abstand und Vorsicht zwingt, hat die Fernuniversität auch Klausuren und andere Prüfungsformate in den virtuellen Raum verlegt. Die Studenten legen ihre Prüfungen am heimischen Schreibtisch ab und werden dabei von einer Webcam gefilmt. Auch ein Mikrofon ist eingeschaltet. Eine Aufsichtsperson überwacht am Monitor, dass alles mit rechten Dingen zugeht und die Prüflinge nicht schummeln. „Schließlich müssen wir sicherstellen, dass die Studierenden ihre Prüfung ohne unerlaubte Hilfsmittel ablegen“, sagt Stephan Düppe, Sprecher der Fernuniversität.
Rektorin Ada Pellert hat diese Corona-Prüfungsordnung im Dezember en detail veröffentlicht. In einigen Fächern sind durchaus Open-Back-Formate erlaubt, bei denen die Studenten so viele Spickzettel und Bücher wie sie wollen bereithalten können, die Zeit jedoch so knapp bemessen ist, dass zum Nachschlagen keine Gelegenheit bleibt.
Eigenleistung entscheidend
In anderen Prüfungen wiederum sind gar keine Hilfsmittel erlaubt. In jedem Fall ist der Ablauf so konzipiert, dass die Eigenleistung des Studenten bzw. seine vorgehende Teilnahme an den Veranstaltungen des Fachs (Seminare, Vorlesungen) für den Erfolg der Prüfung ausschlaggebend sind.
Mit seinem Eilantrag vor dem Oberverwaltungsgericht wehrt sich der Jurastudent auch gar nicht dagegen, dass er während seiner Strafrechtsklausur am 8. März gefilmt und von einer Aufsichtsperson überwacht wird. Er hält es aber für rechtswidrig, dass die Aufnahmen gespeichert und später noch einmal abgespielt werden könnten, um einen eventuellen Täuschungsversuch nachzuweisen.
Auch Asta sieht Überwachung kritisch
Auch der Allgemeine Studentenausschuss (Asta) der Hochschule sieht die Überwachungspraxis kritisch. „Ich finde es grenzwertig, wenn Studenten von einer Software beobachtet werden und das auch noch gespeichert wird“, sagt Asta-Vorsitzender Daniel George. Die Universität müsse Studenten, die sich nicht auf diese Weise kontrollieren lassen wollten, zumindest anbieten, die Klausur nach dem Ende der Corona-Beschränkungen in Präsenzform ablegen zu dürfen. Es gebe aber auch wesentlich unkritischere digitale Formate: „Bei einer Zoom-Konferenz zum Beispiel könnten mehrere Prüflinge mit einem Betreuer zusammensitzen und so auf eine persönlich Art kontrolliert werden.“
Keine Präsenzveranstaltungen bis zum 31. März
Aufgrund der Pandemielage können Prüfungen und prüfungsvorbereitende Veranstaltungen an der Fernuniversität bis zum 31. März nicht in Präsenz durchgeführt werden.Die Fakultäten sorgen dafür, dass die Studierenden ihre geplanten Prüfungen trotz dieser Einschränkungen möglichst zum Ende des Wintersemester 2020/21 absolvieren können.
Die Fernuniversität selbst blickt dem Urteil aus Münster natürlich gespannt entgegen, zumal der Richterspruch von grundsätzlicher Bedeutung sein dürfte. Zum eigentlichen Anlass des Streits möchte sich die Hochschule gleichwohl nicht äußern.
Rektorin Pellert hätte sich jedoch ein Gespräch statt einer gerichtlichen Auseinandersetzung gewünscht: „Studierenden, die das möchten, die Möglichkeit einer digitalen Prüfung zu bieten, ist ein Angebot, das viele Studierende in einer für alle nicht einfachen Zeit sehr begrüßt haben. Schade, dass geklagt statt geredet wird.“