Hagen. Trotz Corona-Lockdowns und Verkehrsmaßnahmen – die Schadstoffbelastung in Hagen ist weiterhin viel höher als erhofft. Hier die wichtigen Details.
Die aus Umweltgründen weiterhin über der Stadt schwebenden Szenarien eines Dieselfahrverbots oder der Sperrung einer Fahrspur auf dem Innenstadtring bleiben akut: Trotz der Eröffnung der Bahnhofshinterfahrung, trotz der Sperrung der Arbeitsrampe, trotz der neuen Busspur in der Körnerstraße und trotz des deutlich reduzierten Verkehrs während der Corona-Lockdown-Monate ist es Hagen im Jahr 2020 nur ganz knapp gelungen, unter den seit über einem Jahrzehnt geforderten EU-Grenzwerten für die Stickstoffdioxid-Belastung (NO2) in der Luft zu bleiben.
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Das geforderte Limit von 40 Mikrogramm/Kubikmeter (μg/m³) wurde am Graf-von-Galen-Ring im Jahresschnitt mit einem 39er-Wert nur hauchdünn und in der Finanzamtsschlucht am Märkischen Ring mit 37 μg/m³ auch wenig überzeugend unterschritten. Das geht aus der vorläufigen Datenauswertung des Landesumweltamtes hervor. Daher wird die Verwaltung in den nächsten Tagen vorsorglich weitere Verkehrs-Einschränkungen in der Innenstadt umsetzen.
Grünphase für Linksabbieger verkürzt
In Teilen ist dies sogar schon geschehen: So wurde wie im Luftreinhalteplan bereits festgezurrt für den inzwischen einspurigen Linksabbieger von der Heinitzstraße in Richtung Finanzamtsschlucht die verkehrsabhängige Grünschaltung auf eine Festzeitsteuerung umgestellt. Im Klartext: Egal wie viele Autos sich dort stauen – die Ampelphase für die Abbieger wird nicht länger. Diese strenge Regelung wurde in Abstimmung mit der Bezirksregierung in Arnsberg in dem Vergleich mit der Deutschen Umwelthilfe vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster ausdrücklich so vereinbart.
Verkehr ist der Hauptverursacher für schlechte Luft
An den beiden neuen Messstellen am Bergischen Ring und in der Eckeseyer Straße liegen die Ergebnisse deutlich unterhalb des Grenzwertes von 40 µg/m3 Luft. Für diese beiden Stationen konnte aber noch kein Jahresmittelwert für NO2 ermittelt werden, da das Landesumweltamt hier erst seit September 2020 regelmäßig misst.
Insgesamt liegt der Anteil des Straßenverkehrs am Ausstoß von Stickstoffdioxid in Hagen bei über 60 Prozent. Um die Mobilität zukünftig nachhaltiger und emissionsärmer zu gestalten, wurde der Masterplan „Nachhaltige Mobilität“, einschließlich eines Elektromobilitätskonzeptes, entwickelt sowie ein Radverkehrskonzept aufgestellt. Zahlreiche Maßnahmen werden bereits umgesetzt.
All dies soll unter der inhaltlichen Regie eines neuen Umweltdezernenten dazu beitragen, dass sich die Luftqualität in den nächsten Jahren - nicht zuletzt auch durch den zunehmenden Anteil von Fahrzeugen mit verbesserter Abgastechnik und die deutliche Zunahme von E-Fahrzeugen - weiter verbessert.
Darüber hinaus sollen die Schleichverkehre durch die Innenstadt in Richtung Wehringhausen und Haspe konsequent eingedämmt werden. Dazu sollen am Emilienplatz nicht bloß neue Hinweisschilder sorgen, die den Verkehr in Richtung Bahnhofshinterfahrung lotsen, sondern es soll auch der Durchgangsverkehr in die Badstraße durch entsprechende Verbotshinweise gestoppt werden. Die Schilder (Durchfahrt verboten – Besucher Innenstadt frei) werden nicht bloß an der Großkreuzung, sondern auch am Kreisel Badstraße an der Einmündung zur Sparkassenhinterfahrung montiert.
Durchgangsverkehr ausbremsen
„Insgesamt ist die Entwicklung anders verlaufen, als wir uns das vorgestellt haben“, räumt Stadtbaurat Henning Keune ein. „Wir müssen den Durchgangsverkehr einfach aus der Innenstadt rausholen“, weiß der Ressortchef, dass die Umleitungssituation rund um den Marktbrückenbau die Lage nicht einfacher macht. Gleichzeitig betont Keune mit Blick auf die Erreichbarkeit des Einzelhandels: „Jeder, der ein Geschäft in der City erledigen will, kann das auch.“ Dennoch prüft die Stadt derzeit parallel, ob künftig am Arbeitsamt auch das Linksabbiegen von der Körnerstraße auf den Graf-von-Galen-Ring noch untersagt wird, um Schleichverkehre in die westlichen Stadtquartiere an dieser Stelle endgültig auszubremsen.
Oberstes Ziel der Stadt bleibt es, drastischere Einschnitte, die bei Nichteinhaltung der NO2-Grenzwerte automatisch folgen, zu vermeiden. Schließlich sieht der Vergleich mit der Deutschen Umwelthilfe bei Grenzwertüberschreitungen auch noch vor, auf dem Märkischen Ring in Richtung Emilienplatz eine Fahrspur komplett zu sperren, um den Durchfluss in der Finanzamtsschlucht weiter zu reduzieren. „Wir glauben allerdings nicht, dass dies – außer weitere Verkehrsprobleme – viel bringt“, erwartet Keune in diesem Fall massive Rückstaus bis zur Stadthalle.