Hagen. Kliniken, Einrichtungen, Behörden – sie alle meinten es nur gut. Doch jetzt werden sie für ihre Jerusalema-Videos zur Kasse gebeten.
Limpopo ist die nördlichste Provinz Südafrikas. Kennen viele Hagener nicht? Dafür lernen viele Hagener jetzt den berühmtesten Sohn der Provinz kennen: Kgaogelo Moagi, bekannt unter seinem Künstlernamen „Master KG“.
Er ist der Urheber des Songs „Jerusalema“, zu dem Hunderte Menschen in Hagen über den Jahreswechsel tanzten, sich dabei filmten und in der Corona-Pandemie Lebensfreude ausstrahlen wollten. Doch dafür verlangen die Inhaber der Rechte an dem Hit nun ordentlich Geld.
Katholische Kliniken schreiben südafrikanischen Künstler an
Zu den wenigen, die sich die Schweißtropfen von der Stirn wischen können, gehören die Katholischen Kliniken. „Wir haben ihn tatsächlich angeschrieben“, sagt Kommunikationschef Christian Bers.
Mit „ihn“ meint er den „KG Master“, den also in der südafrikanischen Provinz eine Mail der katholischen Krankenhäuser in Hagen erreichte. Gefreut haben soll er sich, berichtet Christian Bers. Und verwies wohl gleich auf das mächtige Musik-Imperium „Warner Music“, das so schlau gewesen war, den südafrikanischen Künstler unter Vertrag zu nehmen, nachdem der Remix des Songs plötzlich um die Welt schnellte, als einige junge Angolaner dazu ein Tanzvideo gepostet hatten. Das Tanzlied hebelt quasi alle Gesetze des Musikgeschäftes aus und hat möglicherweise schon „Macarena“ mit seinem Bekanntheitsgrad abgelöst.
Dreimonatslizenz kostet bereits vierstelligen Betrag
Focus Online zitierte zuletzt schon einen Warner-Sprecher mit den Worten: »Wir lieben die Tatsache, dass die Fans hinter Jerusalema stehen. Aber wenn Organisationen in Deutschland den Song nutzen, um sich selbst zu promoten, sollten sie sich unserer Meinung nach eine Synchronisationslizenz sichern.“ In diesen schwierigen Zeiten sei es wichtiger denn je, dass Künstler und Künstlerinnen für ihre Musik bezahlt würden, wenn sie von Dritten genutzt werde, um ihre Reputation zu steigern.
So weit, so richtig. Doch was für ein Millionengeschäft auch hinter diesen Forderungen steckt, zeigt, dass die Katholischen Kliniken – die sich zu Vertragsinhalten detaillierter nicht äußern wollen – einen vierstelligen Betrag für eine Dreimonatslizenz gezahlt haben. „Danach bewerten wir die Lage dann wieder neu und gucken, ob wir erneut eine Lizenz erwerben oder nicht“, heißt es.
Mehrere Institutionen in Hagen drehten Videos und veröffentlichten sie im Netz
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Geld, das viele andere Institutionen in Hagen nicht ausgegeben haben. Und zwar gar nicht aus böser Absicht, sondern einfach, weil man dachte, mit einem Song, in dem unter anderem Gottes Schutz erbeten wird, in der Corona-Pandemie Freude, Zusammenhalt und Solidarität verbreiten zu können. Der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes in Hagen drehte ein Video, postete es auf der Facebook-Seite. Vorstandssprecher Udo Stroh war gestern nicht zu erreichen. Wie man beim DRK mit dem Video umgeht, ist also unklar.
Das Video der Angestellten des Allgemeinen Krankenhauses, die auf dem Hubschrauber-Landeplatz tanzten und es ebenfalls nur gut meinten und viele positive Reaktionen erhielten, ist offline. Bei den Hagener Entsorgungsbetrieben, die ebenfalls ein Jerusalema-Video ihrer Mitarbeiter posteten, prüft man noch, wie man mit der aktuellen Entwicklung umgehen wolle. Auch die Johanniter hatten eine „Jerusalema Challenge“ veröffentlicht, die aber im Netz nicht mehr abspielbar ist. Auf Anfrage bei den Johannitern gab es keinen Rückruf.
Stadt liegen keine Forderungen vor, Polizei in Hagen hat nicht mitgemacht
Dem Rechtsamt der Stadt Hagen und der Stadtspitze liegen derweil keine Forderungen vor. In der Verwaltung ist auch bislang nicht bekannt, dass irgendein Fachbereich ein solches Video mit genannter Musik veröffentlicht hätte. Während die Polizei-Kollegen aus dem Märkischen Kreis Mitte November ein solches Video veröffentlicht hatten, hat man das bei der Hagener Polizei nicht getan.
Das NRW-Innenministerium hat mittlerweile Forderungen von Warner Music beglichen – für mehrere Polizeidienststellen. Ein unschönes Nachspiel vieler sehr menschlicher Aktionen.