Hagen . Der Hagener Tierschutzverein feiert im Coronajahr seinen 100. Geburtstag. Ein Einblick in den Tierschutz in der Stadt – und ein Ausblick.

Etliche Tiere fuhren bereits auf der Rückbank oder dem Beifahrersitz von Birgit Ganskow mit: Enten, Hunde, Katzen, Kaninchen. „Wenn man einmal Tierschutz macht, dann lässt einen das nicht mehr los. Das ist eine echte Herzensangelegenheit“, sagt die Vorsitzende (63), die seit 20 Jahren Mitglied in dem Verein ist, der in diesem besonderen Jahr seinen 100. Geburtstag feiert. „Wenn man sich das mal so vor Augen führt: Das ist eine verdammt lange Zeit“, sagt die Hagenerin. Eine Zeit, in der ein Vertrag mit der Stadt geschlossen, ein neues Tierheim gebaut – und die Leben etlicher Tiere gerettet wurden.

Wenn die schlimmen Momente zu schönen werden

Es gibt sie alle. Die schönen Momente, die schlimmen, die traurigen. Oft hängen sie zusammen.

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„Da ist der Fall aus der jüngsten Vergangenheit, mit einer Schäferhündin, die im Dreck lebte, eine schlimme Hauterkrankung entwickelte. Weil sie keine Behandlung bekam, mussten beide Ohren nach einer schlimmen Entzündung amputiert werden“, erinnert sich die Vorsitzende.

Luna ist vom Tierschutzverein Hagen gerettet worden - und hat in Olsberg ein neues Zuhause gefunden.
Luna ist vom Tierschutzverein Hagen gerettet worden - und hat in Olsberg ein neues Zuhause gefunden. © WP | Privat

Ein schlimmer Fall – mit einem schönen Ende: Denn mittlerweile hat der „Kein-Ohr-Hund“ eine Familie gefunden.

„Und das sind die tollen Momente. Die Momente, warum wir uns hier alle engagieren.“

Mit „wir“ meint Birgit Ganskow die mittlerweile 450 Mitglieder des Hagener Tierschutzvereins. Nicht jedes Mitglied bringt sich im klassischen Sinne aktiv mit ein. Aber auch die finanzielle Unterstützung hilft, Projekte vor Ort umzusetzen, einem Tier in Not zu helfen oder Behandlungskosten zu übernehmen.

Nicht immer sind die Funde ein schöner Anblick, oft gibt es traurige Momente. Aber am Ende lohne sich der Einsatz.

Besonderes Modell in Hagen

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Der Tierschutz in Hagen funktioniert, sagt Birgit Ganskow. Und das seit 100 Jahren. „Wir haben hier mittlerweile ein ganz besonderes Modell, das es in dieser Form nicht häufig gibt. Es besteht aus einer engen Zusammenarbeit zwischen Stadt, Tierheim und Tierschutzverein“, sagt sie. Täglich werden die Tierschützer kontaktiert. Bekommen Hinweise auf Tierquälerei, unsachgemäße Haltung, Auffälligkeiten. Diese werden ans Veterinäramt weitergegeben. „Dann erfolgt meist eine Kontrolle der Hinweise“, sagt Birgit Ganskow.

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Wenn die Tiere dann aus den schwierigen Verhältnissen „rausgenommen“ werden oder es sich um Fundtiere ohne Besitzer handelt, werden sie entweder an neue Pflegefamilien vermittelt oder kommen ins Tierheim. „Oft melden sich aber auch Menschen wegen nistenden Enten auf ihrem Balkon oder verletzten Wildtieren“, so Ganskow. Der Job bietet die ganze Bandbreite. Und ist oft anstrengend: „Wir sind jeden Tag im Einsatz. Sogar im Urlaub habe ich meinen Laptop dabei, falls es Notfälle gibt.“ Denn Tierschutz hat keine festen Öffnungszeiten.

Drei Projekte in diesem Jahr

Und in diesem Jahr stehen wichtige Projekte an. Zum einen ist da der Neubau von zwei Taubenhäusern. „Tierschützer und Bürger wollen in dieser Sache das gleiche: Die Bestände auf ein gesundes Maß reduzieren. Das funktioniert nur, wenn kontrolliert Eier aus den Nestern entnommen werden können“, erklärt Ganskow.

Viele Tauben stünden knapp vor dem Verhungern. „Das Taubenhaus am Arbeitsamt reicht nicht mehr.“ Derzeit wartet der Verein auf eine Baugenehmigung. Der alte Taubenschlag soll durch einen größeren Bau ersetzt werden. Ein weiteres Taubenhaus soll an der Feuerwehrwache Mitte entstehen, wo sich bereits eine Futterstelle befindet.

Kastrationspflicht wieder Thema

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Außerdem will der Tierschutzverein das Thema Kastrationspflicht wieder auf die politische Agenda bringen. Eine Diskussion, die seit Jahren andauert: „Im Jahr kommen etwa 200 bis 300 Katzen ins Tierheim.“ Dazu kamen früher die Kitten auf die Katzenstation in Wehringhausen, die mittlerweile wegen Personalmangels geschlossen ist (weitere Infos siehe Zweittext). Die Zahlen zeigen, „dass eine Kastrationspflicht nach wie vor nötig ist“, betont Ganskow: „Das sind die drei Projekte, die wir in diesem Jahr stemmen wollen.“

Natürlich neben all dem ehrenamtlichen Einsatz für die Tiere in Hagen.