Hagen. Corona hat die Telefonseelsorge in Hagen verändert. Die Ratsuchenden nehmen immer öfter über Online-Kanäle Kontakt auf, vor allem Jugendliche.

Die Corona-Situation hat auch die Arbeit der Telefonseelsorge (TS) verändert. „Seit Beginn der Pandemie wenden sich die Menschen vermehrt an uns“, sagt Birgit Knatz, Leiterin der TS in Hagen. „Wir haben unsere Dienste zum Teil doppelt besetzt.“ Und das sei bundesweit so.

Besonders häufig nehmen die Ratsuchenden über die Online-Kanäle Kontakt zur Telefonseelsorge auf. „Die Anfragen per Mail und Chat haben in den vergangenen Monaten um 40 Prozent zugenommen“, so die Diplom-Sozialarbeiterin. Vor allem auch Jugendliche würden diese Möglichkeit nutzen. „Ihnen macht die Abgeschnittenheit von der Welt zu schaffen“, weiß die Expertin. „Sie leiden sehr darunter, dass sie nicht in die Schule und ihre Freunde treffen können.“

Beziehungsprobleme sind Thema Nummer 1

Nach wie vor das Thema Nummer 1: Beziehungsprobleme. „Die aktuelle Situation belastet Ehen und Familien in einem besonderen Maße. Viele können die permanente Nähe auf manchmal sehr engem Raum nicht mehr ertragen“, sagt Birgit Knatz. Damit verbunden seien die Zunahme häuslicher Gewalt und auch die von Ängsten. „Dabei geht es natürlich um die eigene Situation und die Frage nach der Zukunft.“

An dieser Stelle spielt die Pandemie aber auch eine sehr konkrete Rolle: „Die Menschen fürchten, sich anzustecken oder jemand anderen zu infizieren. Sie sorgen sich um ältere Familienangehörige oder Freunde, die keinen Besuch bekommen und einsam sind.“ Aber auch jene, die Corona für eine Verschwörung halten, wenden sich an die Telefonseelsorge.

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Bei allen Themen, die zwar in dieser Ausprägung nicht grundsätzlich neu für die Mitarbeiter sind, sei eines wesentlich anders: „Wir sind alle gleichermaßen von der Pandemie betroffen wie die Menschen, die sich an uns wenden“, erklärt Birgit Knatz. „Wir leiden unter sozialer Distanz und haben Sorgen um unsere Gesundheit oder die unserer Familie und Freunde.“

Supervisionen derzeit nur über Video

Hinzu komme, dass derzeit die Supervisionen nur über Video stattfinden und sich die Mitarbeiter der TS nicht einmal in den Arm nehmen könnten, was sonst einen wichtigen Teil der Arbeit ausmache. „Welchen Einfluss das auf die Beratung hat, ob es leicht ist, weil wir alle betroffen sind, oder ob es schwerer fällt, eine gesunde Distanz zu wahren, ob die Nähe zum Thema förderlich oder hinderlich ist – all das wird im Nachhinein zu analysieren und zu bewerten sein.“

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Etwas Positives habe die Situation für die Möglichkeiten der Telefonseelsorge dennoch: „Die Menschen und damit auch unsere Mitarbeitenden haben mehr Zeit“, sagt Birgit Knatz. „Und die Bereitschaft, Dienste zu besetzen, ist auch deshalb sehr groß.“ Es sei sichergestellt, dass die Menschen mit ihren Sorgen und Nöten nicht allein bleiben müssten: „Wir können da sein und sind froh darüber, dass wir vielen durch unsere Präsenz einen Ausweg aufzeigen und Hilfe anbieten können.“

Interessenten können für einen Austausch die Telefonseelsorge unter 0800/1110111 erreichen.