Hagen. Es sind zwar noch acht Jahre Zeit, aber in den Verhandlungen der Stadt mit der Bahn über die neuen Gleisbrücken herrscht jetzt schon Zeitdruck.
Zwei Jahre nach der ersten Schock-Nachricht hat die Stadt Hagen die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn AG aufgenommen, um die beiden maroden Straßenbrücken im Bereich des Hagener Hauptbahnhofes zeitnah erneuern zu können. Sowohl die Fuhrparkbrücke am Betriebshof des Hagener Entsorgungsbetriebes als auch die Eckeseyer-Brücke an der Einmündung der Bahnhofshinterfahrung, die sämtliche Eisenbahngleise überspannen, sind seinerzeit aus spannungsriss-korrosionsgefährdetem Spannstahl gebaut worden und gelten aufgrund dieser kritischen Bausubstanz als einsturzgefährdet. Beim jüngsten Erstkontakt, so die Wahrnehmung von Baudezernent Henning Keune, hat der Verkehrsriese zumindest schon einmal signalisiert, die Neukonstruktionsprojekte der Stadt und den dazugehörigen Planungsprozess konstruktiv begleiten zu wollen.
https://www.wp.de/staedte/hagen/in-der-not-eng-verbunden-id231062726.html Bereits vor zwei Jahren hatte ein Münsteraner Ingenieurbüro im Rahmen der turnusmäßigen Brückenprüfung festgestellt, dass die insgesamt 160 Meter überspannende Bogenbrücke in Eckesey erhebliche Schäden aufweist. Entsprechend wurde in dem Expertengutachten lediglich noch die Zustandsnote 3,5 (ungenügender Zustand) vergeben. Vor allem die sogenannten Bogenkämpfer, also die Übergangselemente zwischen den Brückenbögen und der Fahrbahn, gelten als kritisch: „Spannstahl kann hier unbemerkt ausfallen“, heißt es in dem Gutachten. Im Klartext: Einsturzgefahr – ohne Vorwarnung.
Pfeiler fängt absackende Brücke auf
Daher wurde die Brücke bereits für Fahrzeuge jenseits des 3,5-Tonnen-Limits gesperrt und auf der Altenhagener Seite ein provisorischer Stützpfeiler errichtet, der einen Biegebruch des Bauwerks nicht bloß anzeigen, sondern auch auffangen kann. Sollte es tatsächlich zu einem solchen Absacken der Brücke kommen, müsste nicht bloß der Straßen-, sondern auch der gesamte Bahnverkehr sofort gestoppt werden. Der zentrale Zug-Knotenpunkt würde somit über Nacht zu einem Sackbahnhof verkümmern.
Ähnlich brisant für den Bahnbetrieb wäre ein Ausfall der Eckeseyer Brücke, die sich über 18 Gleise spannt. „Hier ist es uns allerdings seit September durch ein Monitoring-Verfahren gelungen, wieder eine andere Brückenklasse zu erhalten“, betont der Stadtbaurat, dass der Beton-Gigant jetzt wieder ein sogenanntes Ankündigungsverhalten habe, also nicht überraschend nachgeben könne. Positionsmarken an dem Bauwerk, deren Abstände zueinander regelmäßig kontrolliert werden, gelten als Signalgeber. „Dadurch wird die Qualität der Brücke zwar nicht besser, aber es gibt immerhin keine große Katastrophe mehr ohne Vorwarnung“, skizziert Keune die Situation. „Es kann durchaus passieren, dass hier das volle Lebensalter des Bauwerks von 50 bis 60 Jahren erreicht wird, die Eckeseyer Brücke also noch 20 Jahre steht.“
Ersatzbau kostet Millionen
So viel Zeit hat die Fuhrparkbrücke definitiv nicht mehr. Hier hat der Gutachter bereits festgezurrt, dass er lediglich noch bis ins Jahr 2028 die Verantwortung übernehme. Dann muss für sicherlich mehr als 20 Millionen Euro ein Ersatzbauwerk her. Entsprechend versucht die Stadt derzeit mit der Bahn eine Strategie für die Erneuerung beider maroder Brücken zu entwickeln. Dabei verbindet die Gesprächspartner durchaus ein gemeinsames Interesse: In den Schubladen der Bahn-Planer schlummern nämlich eigene Ideen, das bestehende Gleis-Wirrwarr zwischen Hauptbahnhof und Eckesey komplett neu zu ordnen und auszudünnen.
„Das ist natürlich auch ein Pokerspiel – hier geht es um die Verteilung der Kosten“, möchte Keune die beiden Brücken zwar zeitlich versetzt (Eckeseyer Brücke erst ab 2031) erneuern, den Gesamtprozess mit der Bahn jedoch aus einem Guss verhandeln. Bereits in drei Jahren soll bzw. muss Klarheit über den konkreten Ablauf der Millionen-Investitionen herrschen, denn für die erforderlichen Sperrzeiten für den Neubauprozess erwartet die Bahn einen Vorlauf von bis zu fünf Jahren. Das haben die Verhandler des Gleisriesen in den ersten Gesprächen bereits signalisiert. Und danach gleich den Posten innerhalb des Konzerns gewechselt, so dass die Stadt bei der nächsten Verhandlungsrunde wieder einmal auf ganz neue Ansprechpartner trifft.