Hohenlimburg. Der erste Einspruch gegen ein Corona-Knöllchen ist in Hagen vor Gericht gelandet. Entscheiden mussten die Richter schließlich doch nicht.

Es wäre der erste Corona-Bußgeld-Prozess in Hagen gewesen: Der Fall stammt aus Hohenlimburg. Doch der Betroffene ist nicht erschienen, deshalb brauchte Amtsrichter Paulo Da Costa Pereira nicht zu verhandeln und konnte den Einspruch gegen das 200-Euro-Knöllchen verwerfen.

Am 27. März, die ersten strengen Maßnahmen zur Eindämmung des Covid-19-Virus waren bereits angelaufen, wurden Mitarbeiter des Ordnungsamtes durch die Leitstelle der Polizei informiert: In Hohenlimburg, Obere Isenbergstraße 4, hätte sich offenbar eine nicht erlaubte größere Gruppe von Menschen versammelt. Unter dieser Adresse hat der türkische Kulturverein „Akcaabatlilar e.V.“ seinen Sitz. Und so machten sich dann drei Mitarbeiter des Amtes, begleitet von zwei Polizisten, auf den Weg dorthin.

Eingangstür zum Vereinslokal war abgeschlossen

Türkischer Kulturverein

Der türkische Kulturverein „Akcaabtlilar e.V.“ wurde im April 2005 in Hohenlimburg gegründet.

Er betreibt seitdem an der Oberen Isenbergstraße 4 das Vereinslokal, zu dem nur Mitglieder Zugang haben.

Der Name leitet sich von einem Stadtteil der türkischen Stadt Trabzon ab, die an der Schwarzmeerküste liegt. Das Begegnungszentrum will Menschen zusammenbringen, die aus diesem Stadtteil stammen.

Gegen 21.30 Uhr trafen die Beamten an dem kleinen Gebäude mit der ockerbraunen Fliesenfassade, vor der zwei Holzbänke stehen, ein. Hinter der großen Schaufensterscheibe brannte Licht, doch die Eingangstür zum Vereinslokal war abgeschlossen. Die Kontrolleure lauschten und konnten von drinnen Stimmen vernehmen, die sie akustisch vier verschiedenen Personen zuordneten. Auch auf lautes Klopfen und „Aufmachen!“-Rufe wurde zunächst nicht geöffnet.

Stattdessen hörten die fünf Beamten, wie die Notausgangstür zum hinteren Teil des Gebäudes mehrfach laut zufiel. Offenbar waren einige Gäste dort noch schnell herausgelassen worden. Als dann schließlich doch die Eingangstür geöffnet wird, sind nur der zweite Vorsitzende Yasar Aktürk (51) und Schriftführer Rahmi Mecal (61) im Lokal. Sie seien gerade mit Buchführungsarbeiten beschäftigt gewesen, behaupten beide. Außer ihnen wäre auch niemand anwesend gewesen.

Kontrolleure ziehen Rückschlüsse aus Anzahl der Tee-Gläser

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Doch die Kontrolleure entdecken, auf mehreren Tischen verteilt, drei Gläser Tee und eine Wasserflasche. So steht’s jedenfalls im Protokoll. Für die Beamten war der Beweis erbracht, dass die damals zulässige Höchstanzahl von erlaubten Lokalgästen überschritten wurde. Anzeige! Mit Datum vom 25. Juni 2020 erlässt das Ordnungsamt der Stadt gegen Yasar Aktürk einen Bußgeldbescheid über 200 Euro.

Darin wird dem Betroffenen ein Verstoß nach dem Infektionsschutzgesetz mit Verweis auf die Corona-Schutzverordnung in der Geltungsdauer vom 23. März bis 20 April 2020 vorgeworfen: Er hätte sich mit zu vielen Personen gleichzeitig im Vereinslokal aufgehalten. (Az. 96 OWi 281/20). Gegen das „Corona-Knöllchen“ hatte der zweite Vorsitzende vom „Akcaabatlilar eV.“ dann auch Einspruch eingelegt, war jedoch zum Gerichtstermin vor Amtsrichter da Costa Pereira Mitte der Woche nicht erschienen.

Zweiter Vorsitzender bestreitet Vorwürfe, zahlt aber Bußgeld trotzdem

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„Weil ich an dem Tag krank war“, wie Yasar Aktürk im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt, „ich hatte auch ein Attest an die Geschäftsstelle gefaxt.“ Die ihm vorgeworfene Geschichte mit dem Notausgang, durch die er die Gäste heimlich herausgelassen hätte, sei aber völlig falsch: „Wir waren dort wirklich nur zu zweit, um die Unterlagen für unseren Steuerberater vorzubereiten“, hält er unbeirrt dagegen. Trotz beteuerter Unschuld will Aktürk das nun fällig gewordene Bußgeld über 200 Euro, zusätzlich 28,50 Euro Verwaltungsgebühren, zahlen: „Ich akzeptiere das. Dann habe ich diese Sache endlich aus dem Kopf.“