Halden. Das Aus der Steinfabrik RHI Magnesita in Hagen haben viele Betroffene noch nicht verarbeitet. Die Belegschaft spendet aus ihrer Sozialkasse.

Es sind nur noch Aufräumarbeiten, die in der ehemaligen Steinfabrik an der Dolomitstraße vonstatten gehen. Ende dieses Monats werden dann weitere 14 Mitarbeiter von RHI Magnesita in eine Transfergesellschaft wechseln und sich auf die Suche nach einem neuen Job begeben. Ihren Frieden mit der Schließung des Werks haben sie immer noch nicht gemacht. „Es war ein Riesenfehler, hier alles dichtzumachen“, sagt Frank Röttger, der 18 Jahre lang Betriebsratsvorsitzender in Halden war.

Rückblende: Im Februar schockierte die Konzernleitung von RHI Magnesita in Wien die Beschäftigten der Steinfabrik in Halden damit, dass das Werk Ende März geschlossen werde. Damit endet nach 111 Jahren ein bedeutender Abschnitt Industriegeschichte in Hagen. Rund 130 Beschäftigte verloren ihren Arbeitsplatz.

In der Haldener Fabrik wurden Dolomitsteine für die Stahlindustrie produziert. Dolomit ist eine dem Kalkstein verwandte, magnesiumhaltige und besonders hitzebeständige Gesteinsart, die wegen ihrer besonderen Eigenschaften beispielsweise zur Auskleidung von Stahlkesseln genutzt wird.

Fabrik gehörte einst zum Haldener Dolomitwerk

Die Fabrik war früher Teil des Haldener Dolomitwerks, das in seiner Blütezeit mit rund 1000 Beschäftigten zu den größten Arbeitgebern in Hagen zählte. In Herbeck gibt es noch zahlreiche Reihenhäuser, die mit Hilfe der Dolomitwerke für Beschäftigte gebaut wurden. Als die inzwischen abgerissene Kalkbrennerei mit ihren markanten Öfen und Förderbändern 2008 geschlossen wurde, fiel die Steinfabrik an die brasilianische Firma Magnesita, die 2017 wiederum mit der österreichischen RHI fusionierte.

Auch interessant

Von Hubertus Heuel undMichael Kleinrensing (Fotos)

Die Konzernzentrale in Wien erklärte auf Anfrage, die Schließung des Werks, in dem Dolomitgestein für die Stahlindustrie verarbeitet wird, hänge mit der Krise der europäischen Stahlbranche zusammen, die sich bereits seit mehreren Monaten mit einer stetig sinkenden Nachfrage konfrontiert sehe. „Als zulieferndes Unternehmen spürt auch RHI Magnesita die Konsequenzen dieser wirtschaftlichen Entwicklung“, so Konzernsprecherin Patrizia Pappacena.

Maschinen nach Frankreich abtransportiert

Die noch bis Ende dieses Monats im Werk verbliebenen knapp 20 Mitarbeiter haben im vergangenen halben Jahr Büros leergeräumt, Anlagen abgebaut und andere Aufgaben erledigt, die die Abwicklung eines Werkes mit sich bringt. Einige Maschinen haben Käufer gefunden, andere wurden in die zwei französischen Schwesterwerke nach Valenciennes (Keramiksteine) und Flaumont (teergebundenes Gestein) transportiert, wo sie von RHI wieder in Betrieb genommen werden sollen.

Auch interessant

Immerhin 14 der 76 in die Transfergesellschaft entlassenen Beschäftigten, darunter viele ungelernte Arbeiter, haben mittlerweile einen neuen Job gefunden. Der Rest ist noch auf der Suche oder durchläuft Umschulungsmaßnahmen. Ab Oktober werden nur noch drei Mitarbeiter übrig sein, die vor allem darauf achten sollen, dass beim weiteren Rückbau des Geländes keine Versorgungsleitungen beschädigt werden.

„Kein Cent für die Firma“

In der Unterstützungskasse der Arbeiterschaft befinden sich noch 35.000 Euro. Das Geld solle nun an sieben Organisationen, die sich wohltätig engagieren, verteilt werden, berichtet Röttger. Beispielsweise erhalte die Hagener Suppenküche 4500 Euro. „Das ist unser Geld“, sagt er: „Kein Cent davon für die Firma.“

Teil des Dolomitwerks

Die Fabrik war früher Teil des Haldener Dolomitwerks, das in seiner Blütezeit mit 1000 Beschäftigten zu den größten Arbeitgebern in Hagen zählte.

Als die Kalkbrennerei 2008 geschlossen wurde, fiel die Steinfabrik an die brasilianische Firma Magnesita, die 2017 wiederum mit der österreichischen RHI fusionierte.

Bis heute habe es kein Vertreter der Konzernleitung in Wien für nötig gehalten, nach Halden zu kommen und mit den Besprochenen zu sprechen. Es sind Wut, Hilflosigkeit und Bitterkeit, die das Ende der traditionsreichen Steinfabrik begleiten.