Herbeck. . In Hagen verschwindet ein Industriewahrzeichen aktuell von der Bildfläche. Einst waren hier bis zu 1000 Menschen beschäftigt.

Betonruinen starren in die Luft, dazwischen sind fein säuberlich Schuttberge und Schrotthaufen angehäuft, am Rande des riesigen Industrieareals schießen Birken und andere Pioniergewächse aus dem Boden. Die Dolomitwerke, einst einer der größten Arbeitgeber in Hagen und eines der traditionsreichsten, eng mit dem Bergbau des Ruhrgebiets verknüpften Unternehmen, verschwinden zehn Jahre nach ihrer Stilllegung von der Bildfläche. Seit gut sechs Monaten ist die Firma Freimuth aus Gülkau (Landkreis Cuxhaven) mit dem Abriss dieser das Lennetal prägenden Landmarke beschäftigt.

Rund 20 Hektar groß ist das Gelände, auf dem seit 1909 Dolomit, eine dem Kalkstein eng verwandte, magnesiumhaltige und besonders hitzebeständige Gesteinsart, die im Steinbruch Donnerkuhle abgebaut wurde, gebrannt wurde. Zur Blütezeit der Fabrik arbeiteten dort 1000 Menschen, für die in Herbeck sogar Werkswohnungen errichtet wurden. Das Werk besaß herausragende Bedeutung für die Stahlindustrie im Ruhrgebiet, der Dolomit wurde wegen seines besonderen Eigenschaften zur Auskleidung von Konvertern benötigt.

Werk gehört zur Rheinkalk GmbH

Die Abrissarbeiten sind inzwischen vorangeschritten. Das Verladungsgebäude und die Ofenhalle wurden bereits dem Erdboden gleich gemacht, nur der Rohdolomitaufbereitungsturm stemmt sich noch wie ein Flughafentower, um den es einsam geworden ist, in die Höhe.

Und auch die gut 1,6 Kilometer lange Bandbrücke, die früher pausenlos Dolomitgestein aus der Donnerkuhle zur Fabrik transportierte, wird noch rund zwei Monate zu bestaunen sein. Doch im August wird auch dieses gewaltige Gerüst, das sich einst einreihte in die Phalanx zahlreicher gigantischer Industrieanlagen im Ruhrgebiet, mit Hilfe hoher Autokräne abgerissen. „Dann muss die Dolomitstraße sicherlich für einige Stunden gesperrt werden“, blickt Franz Pöppelbaum voraus, Sprecher der Rheinkalk GmbH aus Wülfrath, zu der die ehemalige Kalkbrennerei gehört.

Unter dem Betonaufbruch auf dem Werksgelände fallen die Versatzstücke des ehemaligen Drehrohrofens auf, in dem die vier bis acht Zentimeter großen Dolomitbrocken bei einer Temperatur von 1100 Grad gebrannt wurden. Weil die Rohre leicht abschüssig konstruiert waren und zudem ständig rotierten, wurde das Material unentwegt vorwärts transportiert und konnte schließlich an der Ofenhalle als Kalk abgezogen werden.

Im Zuge des Genehmigungsverfahrens für den Abriss wurde ein Entsorgungskonzept erstellt, das vorschreibt, auf welchem Wege Mischschrott, alte Kabel, Bauschutt, Stahl, aber auch gesundheitsgefährdende Materialien wie Asbest zu beseitigen sind.

Umweltschutz genießt Priorität

Besonderes Augenmerk genießt die „ökologische Baubegleitung“, sprich: der Umweltschutz. In Absprache mit dem Hagener Umweltamt hat Rheinkalk eine Fachfirma für die ökologische Beratung der Abbrucharbeiten herangezogen. So soll der Stollen in der Donnerkuhle zu einer Heimstatt für Fledermäuse werden.

Was aus der Industriebrache wird, steht noch nicht fest. Nach Auskunft von Pöppelbaum befindet sich die Rheinkalk GmbH in Verhandlungen über eine mögliche Nachfolgenutzung: „Näheres kann ich derzeit nicht sagen.“