Hagen. Der 38-jährige Hagener, dem vorgeworfen wurde, in Hagen-Vorhalle sieben Autos in Brand gesetzt zu haben, verließ als freier Mann das Gericht.
Dieses Urteil ist nur schwer nachvollziehbar, doch es gilt der alte Grundsatz: Im Zweifel für den Angeklagten. Der 38-Jährige, dem vor dem Landgericht Hagen zur Last gelegt worden war, insgesamt sieben Autos in Vorhalle angesteckt zu haben, wurde am Dienstag vom Vorwurf der Brandstiftung freigesprochen und sofort auf freien Fuß gesetzt. Für die zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft muss er entschädigt werden.
Eine Serie von nächtlichen Anschlägen auf Fahrzeuge, die im Umkreis der Reichsbahnstraße, insbesondere an der Ophauser Straße und der Revelstraße, abgestellt worden waren, hatte die Anwohner sehr beunruhigt: Von Ende Oktober vergangenen Jahres bis Ende Januar dieses Jahres schlug, immer gegen Mitternacht, ein unbekannter Feuerteufel zu. Mit Brandbeschleuniger getränkte Papier- und Stofftücher wurden auf den Reifen abgelegt und entzündet, kurz darauf gingen die Autos in Flammen auf.
Umfangreiche Ermittlungen
Die umfangreichen Ermittlungen konzentrierten sich bald auf einen Mitarbeiter eines Wohlfahrtsverbandes, der in Tatortnähe wohnte. Unter den Kollegen genoss er den zweifelhaften Ruf eines aggressiven Außenseiters, der sich penetrant wichtig machte und mit nahezu allen zerstritten war. Auch stand er im bösen Verdacht, Alkoholika aus einem Kühlschrank gestohlen zu haben.
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Für den Kriminalhauptkommissar (49), der in diesem Fall akribisch ermittelte, spielte das aber zunächst keine Rolle. Der Angeklagte war ihm in den Fokus geraten, weil er mehrmals schnell zur Stelle war, um beim Löschen zu helfen. So hatte er sich auch als „Retter in der Not“ in einem Fernseh-Interview präsentiert.
Verflossene Liebschaften
Doch da gab es noch eine zweite, dunkle Seite des Angeklagten, wie der Kripo-Mann herausfand: Eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren, insbesondere aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis, waren gegen ihn anhängig. Oft ging es dabei um verflossene Liebschaften oder Frauen, die ihn zurückgewiesen hatten und an denen er sich rächen wollte – manchmal auch, indem er mit einer Steinschleuder die Windschutzscheiben ihrer Autos zerschoss. Auch vier Ermittlungsverfahren wegen Brandstiftung konnte der Kommissar ausfindig machen, bevor er einen richterlichen Überwachungsbeschluss gegen den Angeklagten einholte.
Aus einer Wohnung in der ersten Etage, die eigens angemietet worden war, wurde der Angeklagte überwacht. Dort zeichnete eine Kamera auch die Bilder auf, die zeigen, wie er zum Zeitpunkt vor dem letzten Brandanschlag am 25. Januar sein Wohnhaus in Richtung des späteren Tatorts verlässt, nach etwa einer Stunde wieder zurückkommt und sich dabei immer wieder auffällig umdreht.
Tränen in den Augen
Das alles reichte dem Gericht aber nicht aus. Richter Christian Hoppe: „Eine Indizienkette muss sich so verdichten, dass in der Gesamtschau keine vernünftigen Zweifel an einer Täterschaft verbleiben. Das war aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht der Fall.“
Dem Angeklagten standen Tränen in den Augen, als der Freispruch verkündet wurde und sein Verteidiger David Lakwa strahlte vor Freude. Für 204 Tage zu Unrecht erlittener Untersuchungshaft stehen ihm nun 5100 Euro Entschädigung zu.