Hagen. Andrea Steffes, Leiterin der Hagener Stadtbücherei, betont im „Gespräch der Woche“, dass sich das Image der Einrichtung gewandelt hat.

Ihren Jahresrückblick wollte das Team der Stadtbücherei den Mitgliedern des Kultur- und Weiterbildungsausschusses Ende April vorlegen, doch die Corona-Krise machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Jetzt durchlief die Bilanz samt Ausblick auf die zweite 2020er-Jahreshälfte zumindest die Bezirksvertretungen Haspe und Hohenlimburg, die wieder tagen durften. Ein Gespräch mit Andrea Steffes, Leiterin der Stadtbücherei auf der Springe, über ihre Arbeit und das sich im Laufe der Jahre gewandelte Image der Einrichtung.

Frau Steffes, Sie sprechen von der Stadtbücherei als einem „dritten Ort“. Was genau meinen Sie damit?

Andrea Steffes: Neben dem Zuhause und der Arbeitsstätte beziehungsweise der Schule nimmt die Nutzung und somit auch die Bedeutung der Stadtbücherei zu, daher sprechen wir von einem ,dritten Ort’ im Alltagsleben vieler Menschen. Im vergangenen Jahr kamen in die zentrale Bücherei auf der Springe sowie in die Stadtteilbüchereien in Haspe und Hohenlimburg knapp 200.000 Besucher, das unterstreicht, dass wir zu einem generationenübergreifenden Treffpunkt geworden sind. Wir haben freies WLAN, sind technisch gut ausgestattet und haben ausreichend Platz für ungestörtes Lesen und Lernen. Heute kommen wesentlich mehr junge Besucher zu uns. Das freut uns natürlich und hat uns geholfen, unser früher doch etwas hausbacken-verstaubtes Image abzulegen.

Wie geling Ihnen das konkret?

Wir sehen uns auch weiterhin als Einrichtung, in der es primär um Leseförderung und Förderung der (vor)schulischen und beruflichen Aus- und Weiterbildung geht – der Slogan „Lebenslanges Lernen“ trifft auch auf uns voll zu –, doch bei uns hat auch der Bereich Spielen einen großen Stellenwert. Und wir gehen auch mal ungewöhnliche Wege.

Beispiele für ungewöhnliche Aktionen?

Wir haben im letzten Sommer das Event „Waschen, Schneiden,Lesen“ auf die Beine gestellt. Ein Friseur hat Kindern und Jugendlichen, die ihm in der Bücherei eine Geschichte vorgelesen haben, kostenlos die Haare geschnitten. Diese etwas verrückt klingende Idee kam gerade bei jungen Leuten gut an und ist eben Leseförderung auf mal ganz andere Art. Wir haben aber auch eine Spiel-Bar, in der sich Erwachsene alle zwei Wochen nachmittags treffen und neu im Angebot „Hagen spielt“, ein monatlicher Freitagabend-Spieletreff. https://www.ikz-online.de/staedte/hagen/hagen-gratis-buecherei-ausweis-gibt-es-jetzt-per-mausklick-id228861087.html

Wie viele Einrichtungen setzt die Stadtbücherei auch immer mehr auf ehrenamtliche Helfer. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Seit vielen Jahren bauen wir auf bürgerschaftliches Engagement. 2019 haben bei uns 178 Menschen ehrenamtlich mitgearbeitet, davon ein Großteil - 123 -- in den Stadtteilbüchereien. Das ist eine beachtliche Zahl. Die Ehrenamtler engagieren sich im Bereich Leseförderung und bei Veranstaltungen oder betätigen sich in einem unserer drei Fördervereine. Die Fördervereine kümmern sich ums Sponsoring, sprich, treiben bei Firmen, Clubs und Einzelpersonen Spenden ein und stellen Förderanträge bei Stiftungen. Ohne diese Drittmittel könnten viele Veranstaltungen nicht durchgeführt werden.

Steckbrief von Andrea Steffes

Andrea Steffes wurde in Gevelsberg geboren. Die heute 61-Jährige ist seit 40 Jahren bei der Stadt Hagen beschäftigt.

Sie ist gelernte Bibliothekarin, sattelte später aber ein Verwaltungsstudium auf.

Seit 1998 befindet sich die Zentrale Stadtbücherei auf der Springe; seit Januar 2006 leitet Andrea Steffes die städtische Einrichtung.

Zu ihrem Team gehören 30 hauptamtlich Beschäftige.

Aber macht es sich die Stadt, die für die Stadtbücherei und ihre Finanzierung verantwortlich zeichnet, nicht zu leicht, wenn sie immer mehr auf ehrenamtliche und somit kostenlose Helfer setzt?

Nun ja, wir als Fachpersonal setzen uns schon massiv dafür ein, dass hauptamtliche Strukturen vorhanden sind und bleiben, denn nur so kann Kontinuität gewährleistet werden. Wir Hauptamtlichen - auf der Springe sind 30 Angestellte, in Haspe und Hohenlimburg insgesamt fünf Mitarbeiter im Einsatz - tragen schließlich die Verantwortung. Wir überfordern unsere ehrenamtlichen Helfer nicht und wir beuten sie auch nicht aus.

Das Leitbild der Stadtbücherei ist überarbeitet worden. Wie sieht die inhaltliche und optische Auffrischung aus?

Wir präsentieren uns heller, freundlicher und für den Bürger leichter greifbar. In dem überarbeiteten Leitbild, eine Art Kurzprogramm, stellen wir heraus, warum wir für die Stadt und ihre Bewohner wichtig sind und präsentieren uns als lebendigen Treffpunkt für jedermann. Unser Slogan lautet: ,Ein offener Ort für ein lebenswertes Miteinander in Hagen’.

„Kurz und Knapp“ beantwortet von Andrea Steffes

Urlaub am Meer oder in den Bergen?
Gern abwechselnd. Mal nach Südtirol in die Berge, dann aber auch mal an die Nordsee.

Sport oder Couch?
Am liebsten Sport light. Zum Beispiel wandern in Hagens Außenbereichen oder im Ennepe-Ruhr-Kreis.


Krimi oder Liebesroman?
Auf jeden Fall Krimis. Gern lese ich Geschichten von Hakan Nesser, die sind zwar oft etwas düstern und melancholisch, haben aber auch eine gewisse Leichtigkeit.

Vor zwei Jahren haben Sie die Öffnungszeiten verlängert. Mit welchem Ergebnis?

Die Lebensgewohnheiten der Menschen und der Rhythmus des Alltags haben sich geändert - darauf haben wir reagiert und bieten seit Herbst 2017 in der Woche sowie samstags jeweils eine Öffnungsstunde mehr an. Die Zusatzstunde von 18 bis 19 Uhr sowie samstags von 14 bis 15 Uhr wird von vielen Besuchern gern genutzt. Die Verlängerung ,nach hinten’ war eine richtige Entscheidung. https://www.wp.de/staedte/hagen/diese-buecher-leiht-niemand-aus-id215060767.html

Ihr Resümee bis zur Corona-Krise?

Bis März lief es richtig gut bei uns. Wir haben den Bestand an Medien gehalten, was auch unser Ziel war und ist, die Zahl der Entleihungen ist durch unser ,Onleihe’-Angebot leicht gestiegen, wir hatten im Vergleich zu 2018 rund 150 Neuanmeldungen mehr und konnten unsere Besucherzahl um etwa 4400 steigern. Ich war total zufrieden - bis Corona kam. Die Corona-Krise hat natürlich auch die Stadtbüchereien nicht verschont.

Wie geht es nach den gelockerten Bedingungen nun bei Ihnen weiter?

Seit dem 11. Mai ist die Stadtbücherei auf der Springe wieder geöffnet, die Stadtteilbüchereien in Haspe und Hohenlimburg bleiben allerdings vorerst noch geschlossen. Auf der Springe achten wir auf die Einhaltung des Mindestabstands und es herrscht Maskenpflicht. Ausleihe und Rückgabe laufen im Grunde problemlos, doch die Zahl unserer Besucher ist momentan leider noch recht überschaubar. Unser ganzes Team hofft, ab Anfang September auch den Veranstaltungsbetrieb im Kleinen wieder aufnehmen zu können­.