Hagen. . In der Stadtbücherei findet man Exemplare, die wirklich kurios sind und wohl niemals ausgeliehen werden. Andrea Steffes kennt schrägen Lesestoff.

Die Top-Ten der beliebtesten Taschenbücher findet man auf der einen Seite, die populärsten Sachbücher auf der anderen. Angesagte Krimis hier, aktuelle Reiseführer dort. Die Stadtbücherei ist eine Fundgrube für Leseratten.

Doch nicht jedes Buch ist ein Dauerbrenner und wird über einen längeren Zeitraum häufig ausgeliehen. Es gibt auch Ladenhüter, die keiner will. Oder so schrägen Lesestoff, der nur bestimmte Interessenten anspricht.

Liebhaber für ganz Spezielles

„Oh ja, bei uns findet man etliche Bücher, über die auch ich nur den Kopf schütteln kann“, lacht ­Andrea Steffes. Doch die Leiterin der Stadtbücherei auf der Springe zeigt sich tolerant: „Es gibt ja auch Experten in unterschiedlichen, teils recht merkwürdigen Bereichen. Und Liebhaber und Fans für ganz Spezielles.“

Wir schlendern mit Andrea ­Steffes durch ihr Reich, verharren im Bereich der Sachbücher/ Sport. Und entdecken das Buch „Alles über Brustschwimmen“. Ganz schön speziell. Dann kommt uns „Die Radsportgeschichte Eritreas von 1960 bis 2015“ unter die Fittiche. Und daneben im Regal steht „Die Fahrradwelt in Infografiken – Velopedia“. Wen’s interessiert. . .

„Welche Wolke ist das?“ irgendwie schräg – das Buch „Welche Wolke ist das?“: Foto: Yvonne Hinz

Ein paar Gänge weiter fragt Autor Richard Hamblyn auf seinem Buchcover „Welche Wolke ist das? – Wetter und Wolken beobachten und erkennen“.

Dann wird’s - zumindest unserer Meinung nach – echt schräg: „Mit der Waschmaschine durch Deutschland – 38 Tage, 1200 Kilometer vom Bodensee bis in den Ruhrpott“.

Auch das Buch „Mit der Waschmaschine durch Deutschland“ findet man auf der Springe.
Auch das Buch „Mit der Waschmaschine durch Deutschland“ findet man auf der Springe. © Yvonne Hinz

Wie um alles in der Welt kommt jemand auf die Idee zu so einem Trip und darauf, aus seinen gewonnenen Erfahrungen ein komplettes Buch zu schreiben?

Ortswechsel: Im Büro von An­drea Steffes plaudern wir über Trends. „Do it yourself“ sei derzeit angesagt. Man stutze schon, was manche Leute für Handwerks- und Basteltipps in Ratgeberform ­herausgeben würden.

Das ultimative Anleitungsbuch

Auf Andrea Steffes Schreibtisch liegt der im Jahr 2008 von der Stadtbücherei angekaufte Wälzer „So geht das – Das ultimative Anleitungsbuch“. Die Unterzeile lautet „500 Dinge und wie man sie macht“. Das Buch steht im Bereich Information.

Kostproben gefällig? „So bastelt man einen Ketten-Bikini“ – der Basteltipp ist skizzenhaft bebildert mit einer Mischung aus Mittelalter - und Science-Fiction-Motiven. 210 Seiten weiter erklärt der Autor „So falte ich ein Spannbetttuch“. Auch wichtig. . . Und auf Seite 471 folgt der ultimative Überlebenstipp: „Wie trinke ich aus einem Bierhut?“

Ratschläge,die niemand lesen möchte

Andrea Steffes formuliert diplomatisch: „Es gibt für den ratsuchenden Laien bestimmt gute Lebenshilfe aus Büchern, es gibt aber auch schlichtweg Tipps, die niemand braucht und Ratschläge, die niemand hören oder lesen möchte.“

Allerdings, räumt die Leiterin ein, ändere sich auch das Nachfrageverhalten der Ausleiher. „In den 1980er Jahren waren Bücher zum Nato-Doppelbeschluss und zum Thema Kriegsdienstverweigerung absolut gefragt. Die Bücher – mittlerweile größtenteils längst aussortiert – wären heute Ladenhüter.“

Erneuerungsquote bei zehn Prozent pro Jahr

Wie das Bücherei-Team dafür sorgt, dass das Angebot für die Kunden interessant ist und bleibt? „Wir sichten unseren Bestand permanent und sortieren verschlissene und inhaltlich veraltete Bücher aus“, erklärt Andrea Steffes. I

m Gegenzug werden Neuanschaffungen getätigt. In einer modernen Bücherei sollte die Erneuerungsquote bei zehn Prozent pro Jahr liegen. „Daran orientieren auch wir uns. Im Klartext heißt das: Alle zehn Jahre erneuert sich der komplette Bestand der Bücherei.“

Wie man eine Französin küsst

Aber zurück zu kuriosen Büchern, die (zumindest bislang noch nicht) ausrangiert worden sind: Da findet man zum Beispiel den Wälzer „Das große Buch der Listen“ mit Listen-Beiträgen zu „Nicht ganz ausgestorbenen Tieren“.

Darunter fallen u.a. Sprenkelbeutelmäuse und Weißschwingen-Guane.

Ein anderer Beitrag listet „Menschen mit zusätzlichen Gliedmaßen“ auf, ein weiterer „Namenlose Frauen in der Bibel“. Spartenwissen – Sparten­interesse . . .

Und was findet Steffes persönlich am schrägsten? „ ,Eine Reise – ein Buch’ enthält wirklich Beiträge, die die Welt nicht braucht, zum Beispiel ,Wie man eine Französin küsst’“, schüttelt die Fachfrau den Kopf. Und verrät schmunzelnd die Lösung: „Wangen aneinanderreiben und in die Luft küssen.“

ie Stadtbücherei auf der Springe verfügt über 165 000 Medien, sprich Bücher, Hörbücher, DVDs, Noten und Spiele. 80 Prozent davon sind Bücher.

>>>HINTERGRUND:

    • Die Stadtbücherei auf der Springe verfügt über 165 000 Medien, sprich Bücher, Hörbücher, DVDs, Noten und Spiele. 80 Prozent davon sind Bücher.
    • Aussortierte Bücher werden im Magazin gesammelt. Viermal pro Jahr veranstaltet die Stadtbücherei einen Büchertrödel. Dabei werden Exemplare zu einem bzw. zwei Euro verkauft.