Wehringhausen. Der Stadtgarten in Hagen-Wehringhausen ist 136 Jahre alt und ein Symbol bürgerlichen Selbstbewusstseins. Doch der Teich droht trocken zu fallen.

Nach langer Zeit ist Peter Ladleif (72) erstmals wieder in seinen geliebten Stadtgarten zurückgekehrt. Schon als Kind hat er hier gespielt, er kann sich gut an die 50er- und 60er-Jahre erinnern, als es das Parkhotel noch gab, einen Kiosk mit Toiletten und sogar einen Parkwächter, der jeden zur Ordnung rief, der sich nicht an die Parkregeln hielt. Und jetzt? „Ich kann nicht nachvollziehen, dass man solch ein Kleinod verkommen lässt“, sagt Ladleif.

Man versteht zuerst nicht, was er meint. Im Stadtgarten grünt und blüht es doch, die geschwungenen Wege laden geradezu zum Spazierengehen ein, und im Teich geht ein Graureiher erfolgreich auf die Jagd nach eingesetzten Zierfischen. Der Stadtgarten ist ein idyllischer Ort, das sieht auch Peter Ladleif so: „Man muss hier nichts großartig verändern“, sagt er: „Aber pflegen muss man ein solches Juwel.“

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Und das geschehe eben nicht in ausreichendem Maße. An manchen Wochenendtagen würden die Mülleimer überquellen und der Abfall verunstalte die Umgebung, sagt Ladleif. Er weist auf eine Stelle, auf der Brennnesseln und Unkräuter hochschießen, und auf die kleine Insel im Reich, auf der sich ein Urwald breit gemacht habe: „Wildwuchs, wohin man schaut. Die Stadt Hagen tut nur das Nötigste. Dabei wäre es wichtig, dass sie den Hagenern das Gefühl vermittelt, dass ihr dieser Park etwas wert ist.“

Lange Tradition

Bis 2013 gab es einen Förderverein, der sich um die Pflege des Stadtgartens kümmerte und dem er selbst vorstand, berichtet Ladleif. Er und seine Mitstreiter hätten gut mit dem städtischen Grünflächenamt zusammengearbeitet, viele Stauden gepflanzt, Mülleimer aufgestellt und das Entenhäuschen, das noch heute im Wasser steht, gebaut. Viele Blesshühnchen seien dort geboren worden.

Der Verein setzte damals eine lange Tradition bürgerlichen Selbstverständnisses in Hagen fort, denn der Stadtgarten ist, ähnlich wie das Theater, kein adeliges oder kirchliches Projekt. Vielmehr wurde er 1884 von Hagener Bürgern gegründet, die einen repräsentativen Ort der Erholung wünschten und den Gartenbauunternehmer Heinrich Siesmayr aus Frankfurt mit der landschaftsbaulichen Gestaltung des ansteigenden Geländes am unteren Goldberghang beauftragten. Sogar Eintritt musste man zahlen, wenn man hier lustwandeln wollte. 1900 schenkten die Aktionäre den Park der Stadt, der seitdem frei zugänglich ist.

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Bis heute ist er als wichtiges Naherholungsgebiet nahezu unverändert erhalten geblieben. Und mit dem derzeitigen Zustand des Stadtgartens sei er eigentlich auch zufrieden, sagt Thomas Becker, Fachleiter beim Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH): „Wir versuchen, eine gewisse Balance herzustellen zwischen intensiver Rasen- und extensiver Gehölzpflege.“

Wasserzufluss droht zu versiegen

Gerade in den letzten Jahren seien mehrere Pflegemaßnahmen in Angriff genommen worden, berichtet Becker und verweist auf die Pflasterung mehrerer Steilpassagen sowie die Einfassung des Teichs mit Natursteinen. Demnächst sollen auch die Geräte auf dem Spielplatz, der am oberen Eingang liegt, erneuert werden. Die in dem Gewässer sich tummelnden Fische würden übrigens nicht behördlicherseits, sondern vermutlich von privaten Teichbesitzern und Aquarianern dort eingesetzt – sehr zur Freude des Graureihers.

Was dem WBH Sorge macht, sind zum einen die Wildschweine, die den Stadtgarten regelmäßig verwüsten, sowie der immer geringer ausfallende Nachlauf von Quellwasser aus dem Goldberg. „Wir haben eine Leitung unterhalb des Teichs angezapft, sonst hätte er kaum noch ausreichend Wasser“, sagt Thomas Becker.

Aktiengesellschaft

In unmittelbarer Nachbarschaft des Stadtgartens befinden sich das Fichte-Gymnasium, das Allgemeine Krankenhaus und der Bismarckturm auf dem Goldberg.

Zur Finanzierung des Stadtgartens gründeten Bürger 1884 die Aktiengesellschaft Hagener Stadtgarten. 16 Jahre später schenkten die Aktionäre den Park der Stadt Hagen.

Einen Stadtgarten ohne den zentralen Teich mag sich auch Peter Ladleif nicht vorstellen. So einen malerischen Ort mitten in einer Großstadt werde man so schnell nicht noch einmal finden, auch wenn die Stadt seiner Meinung nach mehr als nur das Notwendigste tun könnte, um diese Idylle für weitere 136 Jahre zu erhalten.