Hagen. Die Freie evangelische Schule wechselt an den Remberg, die dortige Sekundarschule nach Wehringhausen: In Hagen wird ein Gebäudetausch diskutiert.
Es war Stillschweigen vereinbart worden. Doch das Treffen in der Liselotte-Funcke-Sekundarschule am Remberg war erst ein paar Augenblicke beendet, da müssen schon die ersten Teilnehmer zum Handy gegriffen und den sich anbahnenden spektakulären Schulgebäude-Tausch verraten haben: Die Freie evangelische Gesamtschule (FESH) soll aus dem Schulzentrum in Wehringhausen an den Remberg ziehen und die Sekundarschule dafür nach Wehringhausen.
„Schnell, leise und hinterrücks“ werde hier ein Vorhaben geplant, um Eltern und Schüler zu überrumpeln und vor vollendete Tatsachen zu stellen, wetterte die Vorsitzende der Elternpflegschaft an der Sekundarschule, Hijem Hemissi, die nach eigener Aussage bereits wenige Minuten nach der Schulbegehung von dem Treffen erfuhr.
Tatsächlich hatten sich Vertreter des städtischen Schulamtes, der FESH und der Sekundarschule am Mittwoch am Remberg verabredet, um den FESH-Verantwortlichen das Schulgebäude vorzustellen. Dies sei im Auftrag der Kommission des Schulausschusses geschehen, die der Verwaltung den Auftrag erteilt habe, einen neuen Standort für die FESH zu finden, so Jochen Becker, Leiter des Fachbereichs Bildung.
Christliche Privatschule
Denn das Schulzentrum in Wehringhausen, in dem die christliche Privatschule seit ihrer Gründung 2014 residiert und das die Stadt ursprünglich an den Schulverein verkaufen wollte, würde die Stadt inzwischen am liebsten selbst nutzen, um die explodierende Schülerzahl unterzubringen.
Also benötigt die FESH eine neue Unterkunft. Auf der Suche nach einem Standort sei den FESH-Verantwortlichen das Gebäude am Remberg gezeigt worden, so Becker, der den Vorwurf einer Überrumpelungstaktik von sich wies: „Erstens ist das im Rahmen eines politischen Auftrags geschehen und zweitens sind wir von einer Vereinbarung weit entfernt.“
Erweiterung zur Gesamtschule
Dabei dürfte der Stadt ein Tausch der beiden Schulstandorte nicht ungelegen kommen. Zum einen wäre endlich ein Platz für die FESH gefunden, zum anderen könnte die Sekundarschule nach dem Umzug in Wehringhausen zur vierten städtischen Gesamtschule erweitert werden. Damit wäre eine der zentralen und von allen politischen Parteien in Hagen unterstützten Forderungen aus dem im Januar vorgelegten Gutachten zur Schulentwicklung des Bonner Biregio-Instituts realisiert.
Allerdings regt sich an der Liselotte-Funcke-Sekundarschule massiver Widerstand. Der Plan sei „völlig unangemessen, ungerechtfertigt, unverständlich und absolut unverschämt“, so Pflegschaftsvorsitzende Hemissi: „Ich kann Ärger und Empörung nicht in Worte fassen.“ Das Schulgebäude der FESH in Wehringhausen sei veraltet, sanierungsbedürftig und beinhalte eingekapselten Asbest, behauptet sie.
Geschmälerte Chancen
Es sei zudem ungerechtfertigt, eine städtische Schule, die wegen guter Anmeldezahlen und des Bedarfs wegen von der Sekundarschule zur Gesamtschule umgewandelt werden solle, in ein sanierungsbedürftiges Gebäude „abzuschieben“ und so die Wettbewerbschancen zu schmälern. Die Ausstattung der Sekundarschule am Remberg habe dagegen der Bund finanziert: „Warum sollte hiervon eine private Schule profitieren?“
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Christian Pfefferer, der Leiter der Sekundarschule, zeigte sich überrascht davon, dass er eine Gruppe von mehr als zehn Personen ohne Mundschutz und Handschuhe durch das Gebäude habe führen müssen: „Das war ein bisschen skurril.“
Auf der Suche nach einem neuen Standort
Die Freie evangelische Gesamtschule sucht seit einigen Jahren nach einem neuen Standort. Geplatzt ist ein Neubau an der Schlackenmühle in Haspe. Gespräche hat es auch mit dem Inhaber des Möbelhauses Leeners in Haspe gegeben.
Nach der Begehung der Sekundarschule am Remberg erklärte Thomas Weber, Verwaltungsleiter der FESH: „Wir müssen schulintern prüfen, ob dieses Gebäude für uns in Frage kommt. Dazu möchte ich vor allem die Meinung der Schulleitung hören.“
Von einem Umzug nach Wehringhausen hält er wenig: „Das kann ich nicht gutheißen. Wir würden uns massiv verschlechtern.“ Es sei doch seltsam, dass inmitten der größten Krise, die das Land seit dem Krieg erlebe, die Zeit gefunden werde, solch ein Vorhaben an der Öffentlichkeit vorbei zu dirigieren.
Auch Leon Drozdzowski, Schülersprecher der Sekundarschule. äußerte sich empört: „Unsere Schule ist für uns auch ein Teil unserer Identität und sie ist für uns untrennbar mit unserem Stadtteil Hagen-Mitte verbunden.“