Hagen. Die Schließung des Ricarda-Huch-Gymnasiums Hagen und die Umwandlung der Sekundarschule Remberg in eine Gesamtschule schlägt ein Gutachter vor.

Als Wolf Krämer-Mandeau, Leiter der Projektgruppe Bildung und Region (Biregio) aus Bonn, vor neun Jahren die Schließung aller Haupt- und Realschulen in Hagen empfahl, löste er ein politisches Erdbeben aus. Die Reaktionen auf sein neues Gutachten zur Schulentwicklung dürften kaum verhaltener ausfallen: Krämer-Mandeau schlägt vor, das Ricarda-Huch-Gymnasium zu schließen, das Albrecht-Dürer-Gymnasium zu verlegen und die Sekundarschule am Remberg in eine Gesamtschule umzuwandeln. „Das Ricarda-Huch- und das Albrecht-Dürer-Gymnasium sind in ihrer jetzigen Form nicht lebensfähig“, sagte der Bildungsexperte: „Die eine Schule ist zu groß, die andere zu klein. Also sollte es eine salomonische Entscheidung geben.“

Und die könnte nach Auffassung von Krämer-Mandeau so aussehen: Das RHG, eines von fünf Innenstadt-Gymnasien, wird aufgelöst. Die große Schule bietet zwar Platz für vier Klassen pro Jahrgang, verzeichnete zuletzt jedoch nur 40 Anmeldungen. Das kleine AD dagegen ist lediglich zweizügig, musste aber 2019 über 50 Kindern eine Absage erteilen. „Wenn das AD dagegen in das Gebäude des Ricarda-Huch-Gymnasiums umzöge, könnte es auf vier Züge erweitert werden“, so der Gutachter. Zudem sollten das Theodor-Heuss-Gymnasium und das Gymnasium Hohenlimburg um jeweils eine Klasse pro Jahrgang erweitert werden.

„AD-Gymnasium ist ein Hungerleider“

Die frei werdende AD-Immobilie an der Heinitzstraße könnte dann als Grundschulstandort genutzt werden oder aber gemeinsam mit dem Gebäude der Liselotte-Funcke-Sekundarschule am Remberg für eine vierzügige Gesamtschule genutzt werden. Oder aber das Albrecht-Dürer-Gymnasium bliebe unangetastet an seinem traditionellen Standort (Krämer-Mandeau: „Dann bliebe es aber auch ein Hungerleider“) und das RHG-Gebäude fände gemeinsam mit der Sekundarschule Verwendung für eine dann sechszügige Gesamtschule. „So oder so wäre das Ricarda-Huch-Gymnasium Geschichte.“

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Krämer-Mandeau betonte, eine der genannten Konstellationen wäre für ihn der Königsweg der zukünftigen Schulentwicklung in Hagen. Er als Nicht-Hagener könne das so offen aussprechen, zumal er ja nur Vorschläge unterbreiten und damit den Beginn einer Debatte anstoßen dürfe: „Die Entscheidung muss natürlich die Hagener Politik fällen. Aber das Ricarda-Huch-Gymnasium so zu belassen wie es ist, wäre meiner Meinung nach ein zu hoher Preis.“ Kernaufgabe der Bildungspolitik in Hagen werde es sein, die räumlichen Bedürfnisse der Schulen mit den Elternwünschen in Einklang zu bringen.

Explosion der Schülerzahlen

Vor dem Hintergrund des seit 2015 rasant zunehmenden Flüchtlings- und Zuwandererstroms und der damit einhergehenden Steigerung der Schülerzahlen in Hagen hatte der Stadtrat dem Biregio-Institut den Auftrag erteilt, wie schon 2011 ein Gutachten zur Schulentwicklung in Hagen zu erstellen. Wie sehr sich die Rahmenbedingungen geändert haben, zeigt der Blick auf die Grundschulstatistik: Gab es 2014/15 gerade mal 6523 Grundschüler in Hagen, sind es derzeit 7186. Im Jahr 2032, so legt es die Bevölkerungsentwicklung nahe, werden es gar 8641 sein. „Unsere vordringliche Aufgabe muss es daher sein, ausreichend Plätze im Primarbereich zu schaffen“, so Schuldezernentin Margarita Kaufmann.

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Auch hier schlägt das Biregio-Institut konkrete Maßnahmen vor, nämlich die Erweiterung der Grundschulen Goldberg und van de Velde um jeweils eine Klasse pro Jahrgang sowie die Gründung einer neuen Grundschule im Block 1 (Wehringhausen). Die Stadt Hagen müsse entscheiden, so Krämer-Mandeau, ob sie am Status quo festhalten oder auf die Wünsche und das Wahlverhalten der Eltern in der Stadt reagieren wolle.