Hagen. Trotz des nassen Winters erwarten die Hagener Forstleute auch 2020 eine Borkenkäfer-Plage. Zudem behindert die Corona-Krise den Holzverkauf.

Dieser Winter war viel zu warm und zu nass. Eigentlich ideale Bedingungen, um die Borkenkäferplage in den heimischen Wäldern, die vor allem die Fichtenbestände in Gefahr gebracht hat, einzudämmen. Doch die Forstexperten des Wirtschaftsbetriebes Hagen (WBH) können keinesfalls Entwarnung geben. Zudem erschwert die Corona-Krise der Vermarktung der befallenen Stämme in Richtung China. „Dennoch haben wir die Hoffnung, dass es besser wird“, bleibt WBH-Vorstand Hans-Joachim Bihs Optimist. „Je länger das regnerische Wetter anhält, desto besser für die Bäume.“

Kein Absatz nach China

Die Forstleute des Wirtschaftsbetriebes Hagen (WBH) haben 2019 6800 Festmeter Holz eingeschlagen. Ob es in diesem Volumen weitergeht, hängt stark von den unsicheren Absatzmöglichkeiten ab. In diesem Jahr sind bislang bereits 2000 Festmeter eingeschlagen worden.

Das Winterhalbjahr hat der WBH vorzugsweise für die Käferholzaufarbeitung, Laubholzeinschlag, Verkehrssicherungen sowie Pflanzungen und Kulturpflege genutzt. Während die Forstwege größtenteils gut befahrbar sind, tun die schweren Fahrzeuge der Forstleute sich vor allem auf den vom Regen aufgeweichten Waldböden schwer.

Je nach Topographie können die schweren Stämme nicht in allen Lagen mit Seilwinden aus dem Forst gezogen werden.

Soweit zumindest die Theorie. „Untersuchungen des Landesbetriebes Wald und Holz haben jedoch bereits gezeigt, dass die erhoffte Verpilzung der Käfer durch die nasse Witterung nicht eingetreten ist.“ Daher geht Martin Holl, WBH-Fachleiter Forstwirtschaft, aktuell davon aus, dass der Großteil der Schädlinge den Winter gut überstanden hat, so dass von einer Entspannung längst nicht gesprochen werden könne. Gewissheit werde es allerdings erst Ende März/Anfang April geben, wenn bei Temperaturen stabil über 16 Grad die Flugphase der Käfer beginnt. Dann wird der WBH ein Monitoring der Borkenkäfer-Populationen vornehmen.

Borkenkäfer-Population ist zu groß

Zwar gehen die Fichten in diesem Frühjahr deutlich kräftiger in die Saison, weil die Wasserversorgung im Vergleich zu den Vorjahren günstiger ausgefallen ist. Aber weiterhin gilt, dass 300 Borkenkäfer ausreichen, um einer gesunden Fichte den Garaus zu machen. Zuletzt haben die Hagener Forstleute allerdings feststellen müssen, dass pro Baum sich bis zu 25.000 Tierchen angesammelt haben – für das Gehölz das Todesurteil.

Erst wenn die Stämme an die Waldwege gerückt werden konnten, fahren sie Holz-Lkw zur weiteren Verwertung ab.
Erst wenn die Stämme an die Waldwege gerückt werden konnten, fahren sie Holz-Lkw zur weiteren Verwertung ab. © WP | Martin Weiske

Auch die Wasserspeicher in den Böden sind noch längst nicht so stark aufgefüllt wie es sich die Forstleute wünschen. Durch die trockenen Sommer 2018 und 2019 hatte der Boden ein Wasserdefizit von mehr als 300 Litern pro Quadratmeter. Hier haben die Niederschläge dieses Winters zwar geholfen, allerdings verbleibt in den Augen des WBH noch immer ein Defizit von etwa 150 Litern pro Quadratmeter. „Die tieferen Schichten jenseits der 50 Zentimeter brauchen weiterhin Nässe“, sagt Vorstand Bihs.

Hinzu kommt das Problem, dass der europäische Holzmarkt am Boden liegt, weil es durch diverse Stürme, Trockenheitsphasen und Borkenkäferplage seit Jahren ein massives Überangebot an Holz in ganz Europa gibt. Der letzte stabile Absatzmarkt für die Stämme aus dem Hagener Wald fand sich zuletzt noch in China, wo halbwegs kostendeckende Preise erzielt werden konnten. Doch durch die Corona-Pandemie stehen dort heute viele Sägewerke still. Parallel ist der Export von Waren aus dem Reich der Mitte deutlich zurückgegangen, so dass in den Häfen kaum noch leere Container zur Verfügung stehen, um die Stämme nach Asien zu verschiffen. Damit bricht der Absatzmarkt für unbestimmte Zeit weg.

Chance auf mehr Artenvielfalt

Dennoch blickt Forstwirt Martin Holl auch auf die Chancen der schwierigen Situation in den heimischen Wäldern. „Wir haben jetzt die Gelegenheit, auf klimaresistente Baumarten umstellen zu können“, beschreibt er seine Strategie. So hat der WBH im Herbst 2019 bereits etwa 20.000 neue Bäume gepflanzt. Dabei setzt das städtische Tochterunternehmen auf eine breitere Artenvielfalt, um durch eine breitere Risikoverteilung vor bislang völlig unklaren Katastrophen in den nächsten Jahrzehnten durch den fortschreitenden Klimawandel geschützt zu sein. Bevorzugte Baumarten sind Eiche, Weißtanne, Küstentanne, Esskastanie, Hainbuche oder auch die Rotbuche.

Allerdings haben bereits mehrere Baumschulen signalisiert, dass ihnen das ausreichende Pflanzgut fehle. „Vor fünf Jahren konnte niemand ahnen, dass der Bedarf so hoch sein würde“, erläutert Bihs diesen Engpass bei der Nachzucht der Setzlinge. Daher überlasse der WBH einige Flächen auch dem Selbstaufwuchs, das heißt der natürlichen Verbreitung von Pflanzensamen durch Wind und Eichhörnchen.