Hagen. Das Land verlassen – das kommt für Bettina Landgrafe und ihre Organisation Madamfo Ghana auch im Angesicht der Coronakrise nicht in Frage.
Während viele Hilfsorganisationen sich im Angesicht der Coronakrise gerade aus Afrika verabschieden, bleibt die Hagenerin Bettina Landgrafe mit ihrer Organisation „Madamfo Ghana“ im Westen des Kontinents. „Was Corona angeht, da sitzen, so traurig das sein mag, Europa und Afrika in einem Boot“, so die Hagenerin, die selbst Mutter eines Sohnes ist. Das sei bei der Ebola-Epidemie noch ganz anders gewesen. Und obwohl Bettina Landgrafe sehr wohl weiß, dass viele in Deutschland gerade in großer Sorge sind, so hofft sie, dass auch die Situation in Afrika nicht vergessen wird. Darüber sprach sie mit unserer Zeitung.
Wie schätzen Sie die Situation in Ghana ein?
Verlässliche Informationen zu bekommen, ist auch für uns sehr schwierig. Seit Montag sind die Schulen geschlossen. Die Leute sind angehalten, ihre Häuser nicht zu verlassen. Wir haben bisher sieben bestätigte Fälle, allesamt Menschen, die nach Ghana eingereist sind. Allerdings wird auch kaum getestet. In ganz Afrika in der ersten Märzwoche erst 394-mal. Es gibt leider kaum Einrichtungen, die diese Tests überhaupt durchführen können. Hinzu kommt, dass Covid-19 eine von zahlreichen Krankheiten ist. So gibt es beispielsweise noch das Denguefieber oder Malaria. Ein Ausbruch hier mit Zahlen wie in Europa hätte katastrophale Folgen, deshalb müssen wir alles tun, um das Virus einzudämmen und wenn möglich aufzuhalten!
Hygiene im Fokus
Die Hagenerin Bettina Landgrafe leistet mit der von ihr ins Leben gerufenen Organisation Madamfo Ghana Entwicklungshilfearbeit in Ghana.
Madamfo Ghana hat Brunnen gebohrt, Schulen, Kindergärten und Kliniken gebaut und Kinder aus der Sklaverei befreit.
Trinkwasserversorgung und Hygiene spielen bei der Arbeit eine große Rolle.
Wer die Arbeit unterstützen möchte: Madamfo-Ghana e.V., Sparkasse Hagen, IBAN: DE77450500010101900090.
Wie schützt du dich und deine Mitarbeiter?
Ich bin in gewählter Quarantäne. Dabei haben wir mit Wasserrationierung und Stromausfällen zu kämpfen. Wir versuchen uns durch Distanz in unserem Büro zu schützen. Auch in den Dörfern versuchen, wir, Distanz zu halten. Wir forcieren unsere Wasser und Hygieneprojekte. Wir bauen mit Hochdruck Krankenhäuser und Brunnen fertig.
Was bedeutet die Ausbreitung in einem Entwicklungsland wie Ghana?
Wenn die Fallzahlen weiter steigen, ist das Gesundheitssystem nicht in der Lage, das zu verkraften. Deshalb ist Prävention, auf die wir ja schon die ganze Zeit auch bei der Bekämpfung anderer Krankheiten wie Typhus setzen, umso wichtiger.
Wie aufgeklärt sind die Menschen in Ghana?
Das ist unterschiedlich. Da, wo in den großen Städten Radio und Fernsehen verfügbar sind, wissen die Menschen einigermaßen Bescheid. Auf dem Land ist das aber ganz anders. Die ahnen zum Teil gar nicht, was auf sie zukommt. Da müssen wir viel Arbeit leisten. Deshalb haben wir Anträge bei der Weltbank und bei der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit Notanträge gestellt, um Mittel für Aufklärungsarbeit zu bekommen. Wir implementieren derzeit ein Projekt, in welchem geschulte Mitarbeiter, Krankenschwestern und Sozialarbeiter die Menschen zu Hause aufsuchen und sie über einfache, aber effektive Hygienemaßnahmen – wie z. B. das regelmäßige und gründliche Händewaschen mit Seife und die Einhaltung sozialer Distanz – aufklären.
Gibt es bereits Coronafälle in den Kliniken von Madamfo Ghana?
Nein. Momentan zum Glück noch nicht.
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Sind die Kliniken von Madamfo auf Corona vorbereitet?
Was gut ist: In den Dörfern hat man Platz. Man kann Infizierte weit voneinander entfernt lagern. Das Personal ist geschult. Wir stehen in engem Kontakt mit lokalen Gesundheitsdirektoren. Aber auf hunderte Schwerkranke ist hier niemand eingerichtet. Beatmungsgeräte gibt es nicht.
Wie wirkt sich das Virus auf die Arbeit von Madamfo Ghana aus?
Wir arbeiten mit noch mehr Hochdruck als sonst. Das gilt insbesondere für Wasser- und Hygieneprojekte. Projekte, die damit nichts zu tun haben, die stellen wir zunächst zurück.
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Warum bleibt Madamfo Ghana vor Ort?
Ich habe von Europäern gehört, die am Flughafen stehen und noch weg wollen. Aber jetzt wegzulaufen – das wäre aus meiner Sicht feige. Wir müssen hier einfach vor Ort bleiben. Wir arbeiten ja ganz bewusst in Ghana nur mit Einheimischen. Die können nicht einfach irgendwohin fliehen. Sie kennen das Land, sie bewahren auch in kritischen Situationen die Ruhe. Das überträgt sich auf andere, die in Ghana leben. Madamfo bedeutet ja Freunde. Und als Freunde sehen wir uns auch. Wir lassen niemanden allein.