Hagen. Zehn Jahre hat Anja Schrader aus Hagen nicht gearbeitet. Jetzt hat sie dank eines Förderprogramms einen Job als Verkäuferin bei Fressnapf.
Sie verkörpert das Lächeln. Und zwar gleich dort, wo die Kunden das Geschäft betreten. Manchmal sind sie in Hektik, manchmal schlecht gelaunt. Anja Schrader steht an der Kasse, sie sieht die Menschen hineinkommen. Sie ist die erste Mitarbeiterin, der die Tierhalter begegnen. Und sie lächelt.
Sie lächelt, weil das hier in der Fressnapf-Filiale an der Eckeseyer Straße Teil ihres Berufs ist. Aber ihr Lächeln ist nicht aufgesetzt. Es ist natürlich, weil es von Herzen kommt. Und weil Anja Schrader, 52 Jahre alt, allen Grund zum Lächeln hat. Das hier, der Job als Verkäuferin, es ist die Chance ihre Lebens. Und sie will sie unbedingt beim Schopfe greifen.
Krankheit wirft Hagenerin aus dem Berufsalltag
Zwei Jahre wird das Gehalt voll übernommen
In den ersten beiden Jahren übernimmt das Jobcenter 100 Prozent des branchenüblichen Lohns.
Dieser Betrag sinkt dann in den Jahren drei bis fünf um jeweils zehn Prozent, bis die Förderung endet.
Im Förderzeitraum werden alle Sozialabgaben übernommen. Beiträge zur Arbeitslosenversicherung werden nicht fällig.
Zum Programm gehört im ersten Jahr auch ein gezieltes Coaching der Langzeitarbeitslosen. Darüber hinaus stehen die Coaches des Jobcenters allen Beteiligten als Ansprechpartner zur Verfügung.
Es ist eine Chance, an die die Frau, die einst in einem Geschäft für junge Mode gelernt, dann in der Krankenpflege und schließlich mit geistig Behinderten gearbeitet hat, nicht mehr geglaubt hat. „Zehn Jahre lang“, erzählt Anja Schrader, „habe ich gar nicht gearbeitet.“
Die Gründe? Unterschiedlich. „Das hatte mit Krankheit zu tun“, sagt sie, „mit meinen Lebensumständen.“ Einmal raus aus dem Job, immer rau aus dem Job. Ein Alltag ohne Struktur, einfach nur in den Tag hinein leben. Die Kurve hat Anja Schrader nie wieder gekriegt.
Neue Teilhabe am Arbeitsmarkt durch Förderprogramm
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Zumindest so lange nicht, bis sie in das Förderprogramm „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ des Jobcenters Hagen gerutscht ist. Eines, das speziell auf Menschen wie sie zugeschnitten ist. Auf Menschen, die über viele, viele Jahre auf Unterstützung aus dem System angewiesen waren und nicht gearbeitet haben.
„Ich habe mich hier vorgestellt, bin genommen worden. Und mit jedem Tag, den ich hier bin, ist die Lust zu arbeiten gewachsen“, sagt Anja Schrader. Sie sagt das und sie lächelt.
Problem bei Lücken im Lebenslauf
Drei weitere Kolleginnen, die in einer der beiden Fressnapf-Filialen an der Alexander bzw. Eckeseyer Straße arbeiten, haben durch das Programm eine Perspektive. „Es sind Menschen, die wohl auch bei uns ohne das Programm keine Chance bekommen hätten“, sagt Claudia Denzin, Prokuristin bei der Fressnapf Weber GmbH, zu der insgesamt 14 Geschäfte gehören. „Wenn Lebensläufe nicht lückenlos sind, neigen viele Arbeitgeber dazu, sie sofort auszusortieren. Wer jung, selbstbewusst und gut ausgebildet ist, findet einen Job. Für viele andere wird es schwer.“ Sie geraten in eine Abwärtsspirale. Und je tiefer sie absinken, desto schwieriger wird es. Zweite Chancen sind nur selten vorgesehen.
Das Programm aber sieht vor, dass sich die potenziellen neuen Mitarbeiter direkt vorstellen können. „Die Arbeitgeber wissen, dass da nicht ein ,Premium-Bewerber’ vor ihnen steht“, sagt Brigitte Scheil, Jobcoach beim Jobcenter Hagen, die auf Anja Schrader auf ihrem Weg zurück in die Arbeitswelt begleitet. „Aber überhaupt ein solches Gespräch führen zu können, ist für viele Langzeitarbeitslose eine Riesenchance.“
Mehr Zeit für alle Beteiligten
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Eine, bei der es für Anja Schrader und für die Fressnapf Weber GmbH gepasst hat. Auch weil das Jobcenter den Einstieg und die ersten Jahre unterstützt. „Das Förderprogramm gibt allen Beteiligten mehr Zeit. Auch der Arbeitnehmer muss nicht sofort funktionieren“, sagt Brigitte Scheil, „Unternehmen erhalten eine Förderung, aber sie übernehmen auch eine soziale Verantwortung. Und egal, ob die neue Partnerschaft dauerhaft gelingt – diejenigen, die davon profitieren, werden nie wieder so dastehen, wie zuvor.“
Das gilt auch für Anja Schrader, die Verkäuferin. Die Tür zum Laden öffnet sich. Der nächste Kunde tritt herein. Und sie lächelt – weil sie gerade allen Grund dazu hat.