Hagen. Die Stadt hat noch keine Strategie, wie die Museumssanierung angegangen werden soll. Ende März soll der Rat über den künftigen Kurs entscheiden.

Der Haupt- und Finanzausschuss hat in seiner jüngsten Sitzung noch nicht entschieden, ob das selbstständige Beweisverfahrens rund um die Baumängel am Emil-Schumacher-Museum komplett eingestellt wird oder sich zumindest noch auf den Themenkomplex Wärmepumpen und Energieerzeugung durch Erdsondenfelder konzentriert.

Sicher ist nur: Die von dem Gutachter zum Teil nur unzureichend beackerten Fragen rund um die Hygienemängel in den lüftungstechnischen Anlagen, in der Trinkwasserinstallation des Museums sowie die extrem hohen Energieverbräuche werden nicht weiter verfolgt. Hier wird die Stadt Hagen auf den allein für diesen Sektor auf zehn Millionen Euro geschätzten Kosten sitzen bleiben.

Sachverständiger überfordert?

Insgesamt kommt die Stadt zu der Einschätzung, dass der vom Gericht bestellte Hauptsachverständige Dr. Ing. Stefan Wirth (Karlsruhe), der sich zu laufenden Verfahren grundsätzlich nicht äußert, „anscheinend unstrukturiert und mit erheblichen zeitlichen Unterbrechungen“ gearbeitet habe. „Es entsteht nach und nach der Eindruck, dass der Sachverständige sich entweder überfordert fühlt oder unwillig ist. Auch das Gericht musste mit sehr zahlreichen, durchaus energischen Sachstandsanfragen immer wieder dazu angehalten werden, den Sachverständigen Wirth nach dem Sachstand zu befragen“, schildert die Stadt das zähe Ringen der vergangenen zehn Jahre und teilt damit die Einschätzung ihres Juristen Jörn Bröker, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht (Essen).

Noch keine öffentliche Debatte zur Information der Bürger

Die SPD ist mit ihrem Vorstoß gescheitert, in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses eine öffentliche Diskussion über das weitere Vorgehen im Beweisverfahren Emil-Schumacher-Museum zu führen. Die Genossen wollten gerne debattieren, welche Konsequenzen gezogen werden könnten und wie die juristische Aufarbeitung der erheblichen Baumängel erfolgen soll.

Oberbürgermeister Erik O. Schulz machte deutlich, dass eine Information der Bürger erst nach Abschluss eines selbstständigen Beweisverfahrens und nach Beendigung einer eventuellen juristischen Auseinandersetzung möglich ist. Gleichzeitig räumte er ein, dass es am Ende die Bürger in ihrer Rolle als Steuerzahler seien, die die Kosten tragen müssten.

Schulz machte deutlich, dass das Beweisverfahren einem noch laufenden Gerichtsprozess gleichkomme. Daher sei es auch nicht üblich, in dieser Phase über Details zu informieren: „Wir wollen keine Rechtsnachteile erlangen“, verwies der Verwaltungschef auf einschlägige OVG-Urteile.

Schulz kritisierte, dass der Gutachter entscheidende Schlüsselfragen unbeantwortet gelassen habe: „Der Sachverständige und das Gericht haben aus unserer städtischen Sicht dieses Verfahren nicht mit der gebotenen Zügigkeit und Priorität vorangetrieben. „Ein vorzeitiges Bekanntwerden unserer prozesstaktischen Erwägungen muss auf jeden Fall vermieden werden.“ Hier gelte es Ansprüche der Bürger zu wahren.

Notwendige Sanierungsmaßnahmen seien erst dann zu planen, wenn das Beweissicherungsverfahren und das Gutachten eine gewisse Verbindlichkeit habe. Die dazugehörigen Kosten könnten erst dann in den Haushalt eingeplant werden, wenn sie auf einer konkreten Planung fußten, so der Oberbürgermeister.

Obwohl der Sachverständige inzwischen drei Teilgutachten mit 296 Seiten erstellt hat und es zwei weitere Sachverständigen-Gutachten von dritten Experten gibt, liegt eine vollständige Begutachtung der Mängel am Kunstquartier bis heute nicht vor. „Der Sachverständige hat dieses durchaus komplexe Thema nicht ansatzweise zu Ende gedacht.“ Das Verfahren habe trotz der langen Dauer keine beweissicheren und somit gerichtlich verwertbaren Aussagen zu den baulichen Defiziten sowie der erforderlichen Mängelbeseitigung und den Kosten geliefert, bilanziert die Stadt. Es sei lediglich gelungen die 200 Problempunkte in 80 Themenkomplexen zusammenzufassen.

Stadt ohne weitere Erwartungen

Allerdings kommt die Stadt auch zu der Quintessenz, dass dieser unbefriedigende Zustand hingenommen werden müsse. Weitergehende Antworten durch tiefergehende Fragen verspricht sich die Stadt nicht. Hinzu kommt, dass ein sich anschließender Zivilprozess absehbar mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde. In dieser Zeit kann weiterhin keine Sanierung des Gebäudes erfolgen und die Aufrechterhaltung des Museumsbetriebes müsste durch die kostspieligen provisorischen technischen Einrichtungen fortgesetzt werden.

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Bislang sind der Stadt für das selbstständige Beweisverfahren Kosten in Höhe von 243.000 Euro entstanden, hinzu kommen etwa jährliche Kosten von 300.000 Euro für die provisorischen Kompensationsanlagen. Nicht konkret beziffert sind der enorme zusätzliche Arbeitsaufwand für den Fachbereich Gebäudewirtschaft sowie die nicht mehr zu beziffernden Energiemehrverbräuche. Darüber hinaus sind inzwischen Verschleißschäden am Museum aufgetaucht. „Um nicht schlechte alte Technik durch schlechte neue Technik zu ersetzen, bedarf es einer grundlegenden Sanierung des Gebäudes, die aus Sicht der Verwaltung möglichst zeitnah vorbereitet und angegangen werden sollte“, so die Stadt. Daher steht inzwischen eine Kostenschätzung von zehn Millionen Euro im Raum.

Leistung der Wärmepumpen reicht nicht aus

Lediglich bei den überhitzten Erdsondenfeldern lässt sich absehbar eine konkrete Mangelbeseitigung und ein Verursacher feststellen, so die Einschätzung der Stadt. Hier habe der Sachverständige unmissverständlich festgestellt, dass dort nicht ausreichend Energie erzeugt wird und sich die Erdsondenfelder in kritische Bereiche erwärmten, so dass ein neues Rückkühlwerk benötigt werde. Der Experte bestätigt zudem, dass die beiden Wärmepumpen die Kälteleistung nicht abdecken können und daher für den Kühlbetrieb unterdimensioniert sind. Als erste Kostenschätzung steht für eine Optimierung bzw. eine Ersatztechnik ein weiterer Millionenbetrag im Raum.

Ob die Stadt diesen Teilkomplex noch weiter verfolgen soll, um hier eines Tages eventuell doch konkrete Schadensersatzansprüche durchzusetzen, soll jetzt der Rat in seiner Sitzung am 26. März entscheiden. Alle anderen Mängel, so die weitgehend einhellige Meinung der Politik, sollte die Stadt sobald wie möglich selbst beseitigen, da diese permanent mit erheblichem Arbeits- und Kostenaufwand verbunden sind. Schadensersatzforderungen, die angesichts des unzureichenden Sachverständigengutachtens ohnehin kaum durchzusetzen sind, würden die beteiligten Firmen vermutlich ohnehin in den Ruin treiben und somit effektfrei verpuffen.