Hagen. Michael Siemes ist Konatktbeamter bei der Polizei Hagen. Nach dem Anschlag von Hanau tauscht er sich intensiv mit muslimischen Gemeinden aus.
Mehr als 250 Menschen kommen wie an jedem Freitag zum Gebet. Menschen, die zur Gemeinde gehören, aber auch die, die in der Nähe arbeiten und es nicht mehr pünktlich in die eigene Moschee schaffen. Sie gehen vorbei an einem Mann, der sich in Uniform und Mütze vor dem Zugang zum Gotteshaus an der Körnerstraße platziert hat. Sie sehen ihn, sie nicken ihm zu, sie grüßen. Polizist Michael Siemes vermittelt ein Gefühl der Sicherheit.
Das ist so, weil er ihr Kontaktbeamter ist, weil er Uniform trägt. Dieses Gefühl der Sicherheit ist wichtiger geworden in Zeiten, in denen ein rechtsradikaler Attentäter in Hanau gezielt auf Menschen ausländischer Herkunft geschossen und in denen eine verbotene rechtsradikale Organisation aus dem Untergrund heraus Drohbotschaften an eine Moschee in Haspe verschickt hat.
Angst nach Anschlag und Bedrohung durch Rechtsradikale
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Mustafa Suna ist Vorsitzender des Bildungs- und Kulturvereins, der vor einigen Jahren eine prächtige Moschee an der Körnerstraße errichtet hat. Ein Bau, den man von der Hauptstraße aus kaum sehen kann. „Natürlich haben die Menschen Angst nach solchen Vorfällen“, sagt er, „wir versuchen, sie zu beruhigen. Aber es gibt auch Nachfragen, warum die Polizeipräsenz bei uns nicht so hoch ist wie vor der Synagoge in der Potthofstraße.“
Dafür ist Siemes, erst seit Anfang Februar im Amt, heute hier – bei einem Tee und Baklava, einer türkischen Köstlichkeit mit reichlich Honig – er beruhigt, er beantwortet Fragen. „Ich verstehe die Sorgen der Menschen“, sagt er, „umso wichtiger ist es aus Sicht der Polizei, dass sie einen festen Ansprechpartner haben.“
Polizei-Einsatz vor Ort in Haspe erklärt
Einen, der durch das Attentat von Hanau und die Vorkommnisse in Haspe einen durchaus turbulenten Start gehabt hat. „In Haspe war ich selbst vor Ort“, sagt Siemes, der eigentlich einer der Sprecher der Behörde auf der Hoheleye ist und – was in seiner Funktion als Kontaktbeamter auch seinem Chef Wolfgang Sprogies wichtig ist – eng am Präsidenten arbeitet. „Aber in diesem Fall bin ich eigens hingefahren, um für die Betroffenen vor Ort dazu sein und zu erklären, wie die Polizei mit der Lage umgeht.“
Auf einen engen Kontakt zu den muslimischen Gemeinden und ihren elf Moscheen in der Stadt setzt die Polizei Hagen schon seit 2004. Vier Jahre später wurde entschieden, diese Funktion nahe beim Präsidenten anzusiedeln. Das war kurz bevor ein türkischer Staatsangehöriger in der Wache an der Prentzelstraße ums Leben kam, was seinerzeit bundesweit für Schlagzeilen sorgte. „Der Kollege war da erst wenige Tage im Amt und hatte sofort richtig viel zu tun“, sagt Siemes.
Schwierige Lage: Demonstration vor Polizeiwache
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Gerüchte um den Tod verselbstständigten sich, eine Demonstration zog an der Polizeiwache entlang, der türkische Botschafter erschien kurzfristig in der Stadt. Und es schloss sich eine Krisenzeit an, in der es schwer ist, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Das aber ist Siemes und den Vertretern des Bildungs- und Kulturvereins ein wichtiges Anliegen. „Wir schreiben viel, wir telefonieren häufig“, sagt er, „und wir gehen offen miteinander um.“ In den ganz normalen Zeiten, aber auch dann, wenn es einmal ein Problem geben sollte.
Und dieses Miteinander ist nur eine Säule eines Konzeptes, bei dem der Dialog im Vordergrund steht. „Die Kulturvereine, die Gemeinden, sind Orte, an denen auch junge Menschen zusammenkommen“, erklärt Siemes, „wir werben auch hier für Nachwuchs. Wir haben bereits einige Kollegen islamischen Kulturkreis. Aber es dürfen gerne noch mehr werden. Polizei sollte ja eine Spiegelbild der Gesellschaft sein.“