Hagen. Hagen profitiert bei der medizinischen Versorgung allerdings vom Großstadtbonus: Auf eine Arztpraxis kommen 926 Einwohner.
Was die ärztliche Versorgung angeht, liegt Hagen nach Auskunft des Landesamtes für Statistik im vorderen Mittelfeld aller Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Nach Auskunft der Behörde gibt es in Hagen 203 niedergelassene Allgemeinmediziner und Fachärzte. Somit kommen 926 Menschen auf eine Praxis: Platz 14 in NRW.
Dennoch sind die Hagener mit der aktuellen Situation nicht zufrieden und beklagen lange Wartezeiten auf der Suche nach einem Termin. „Mit Orthopäden, Psychologen, Neurologen und Kardiologen sind wir in Hagen nicht gut ausgestattet“, schreibt Karin Desmer stellvertretend für viele Leser auf der Facebook-Seite unserer Zeitung: „Wenn man überhaupt einen Termin bekommt, dann mit Wartezeit von drei bis sechs Monaten. In der Zeit kann der Patient schon verstorben sein. Traurig aber wahr.“
Bessere Lage als auf dem Land
Eine Wahrnehmung, die sich mit der Einschätzung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes deckt. Bei den Fachärzten seien in Hagen lange Wartezeiten die Regel, so Kreisgruppengeschäftsführer Jan-Philipp Krawinkel: „Allerdings sieht es in der Großstadt Hagen weitaus besser aus als auf dem Lande.“
So liegen in den dünn besiedelten Gebieten Nordrhein-Westfalens nur zwei Prozent aller Facharztpraxen. Überhaupt kommen in den ländlichen Gebieten rechnerisch achtmal so viele Menschen auf eine Facharztpraxis wie in den Städten.
Niederlassungsmöglichkeit begrenzt
Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe (KVWL) sieht die Versorgung mit Fachärzten in Hagen denn auch als stabil an. Die Versorgungsgrade reichen von 101 Prozent bei den Nervenärzten bis zu 167 Prozent bei den Hautärzten.
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Zur Erläuterung: Wie viele Ärzte und Psychotherapeuten sich in einer Stadt niederlassen dürfen, wird durch die sogenannte Bedarfsplanung festgelegt. Der Gemeinsame Bundesausschuss, in dem Ärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen vertreten sind, legt für jedes Fachgebiet Verhältniszahlen fest – das heißt eine Relation von Einwohnern je Arzt. Stimmt die tatsächliche Relation in einer Stadt mit dieser Vorgabe überein, so beträgt der Versorgungsgrad genau 100 Prozent. In Hagen liegt dieser Wert in allen Facharztgruppen bei über 100 Prozent.
Ab einer Quote von 110 Prozent wird eine Stadt für Neuzulassungen gesperrt. So dürfen sich Augenärzte, Chirurgen und Orthopäden, Frauenärzte, Hautärzte, HNO-Ärzte und Urologen in Hagen nicht mehr niederlassen, bei Kinder- und Nervenärzten sowie Psychotherapeuten gibt es nur noch begrenzte Möglichkeiten.
Gute Versorgung mit Hausärzten
Im Bereich der Hausärzte stellt sich die Lage offensichtlich entspannter dar, hier gibt es kaum Beschwerden über zu lange Wartezeiten und zu wenige Praxen. Immerhin sind in Hagen 115 Hausärzte tätig, der Versorgungsgrad beträgt 117 Prozent. Allerdings gibt es keine freien Niederlassungsmöglichkeiten mehr.
Zwischen Bonn und Olpe
Am günstigsten für die Patienten stellt sich die Situation in Bonn dar, wo 535 Einwohner je Arztpraxis leben, die niedrigste Arztpraxendichte mit 1312 Menschen pro Praxis weist der Kreis Olpe auf.
Die Zahlen basieren auf einer Erhebung von 2016, doch haben sich seitdem laut Auskunft des Landesamtes nur unwesentliche Änderungen ergeben.
Und Hagen gehört auch nicht zu jenen Gebieten, in denen die KVWL die hausärztliche Versorgung in naher Zukunft gefährdet sieht. Für solche Kommunen, zu denen zum Beispiel Breckerfeld zählt, gibt es ein Förderverzeichnis, das als eine Art Frühwarnsystem zu verstehen ist. Ärzte, die sich in den dort aufgeführten Städten und Gemeinden niederlassen wollen, können besondere Unterstützungsmaßnahmen (Umzugs- und Einrichtungskosten, Darlehen) bei der KVWL beantragen. Auf diese Weise soll eine ärztliche Unterversorgung frühzeitig vermieden werden.