Hagen. Das Reisezentrum im Hauptbahnhof Hagen ist an Wochenenden dicht. Der Grund: Seitdem keine ÖPNV-Tickets mehr verkauft werden, sinkt die Frequenz.
Stellen wir uns mal folgendes Szenario vor: Ein Kunde der Deutschen Bahn möchte gerne mit einem Zug der Deutschen Bahn eine Bahnfahrt unternehmen – zum Beispiel vom Hagener Hauptbahnhof nach Dortmund. Also geht der Kunde der Deutschen Bahn in das Reisezentrum der Deutschen Bahn, um eine Fahrplanauskunft zu erhalten und ein Ticket zu kaufen. Und hier erfährt er: Weder den einen noch den anderen Wunsch kann man ihm erfüllen.
Klingt absurd, ist es aber nicht. Willkommen in den tiefen Irrungen und Wirrungen des öffentlichen Personennahverkehrs im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), in dem seit dem 15. Dezember in Sachen Vertrieb und Auskunft nur noch wenig so ist, wie es einmal war. Denn weil Ende letzten Jahres der Vertrag zwischen dem VRR und der Deutschen Bahn ausgelaufen ist, musste der Verkehrsverbund den Ticketverkauf neu ausschreiben. Ergebnis: Das französische Unternehmen Transdev erhält den Zuschlag. Die Deutsche Bahn ging leer aus.
Öffnungszeiten am Hauptbahnhof eingeschränkt
Zwei Kundencenter der Hagener Straßenbahn
Neben dem Zeitschriftenladen verkauft in Nähe des Hauptbahnhofs auch die Hagener Straßenbahn in ihrem Kundencenter am Graf-von-Galen Ring 24/Berliner Platz weiterhin Tickets für den Öffentlichen Personennahverkehr im Gebiet des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR).
Dieses Kundencenter ist von montags bis freitags, jeweils von 9 bis 17 Uhr geöffnet.
Ein weiteres Kundencenter unterhält die Straßenbahn AG gegenüber dem Sparkassen-Karree an der Körnerstraße.
Die Öffnungszeiten hier: montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 18.30 Uhr, samstags von 9.30 bis 14 Uhr.
An Sonntagen haben die Kundencenter der Hagener Straßenbahn nicht geöffnet.
Eine Folge: Die Bahn schließt ihr Reisecenter im Hagener Hauptbahnhof, in dem immerhin noch Tickets für den Fernverkehr verkauft werden, am Wochenende komplett und schränkt den Verkauf unter der Woche ein (9 bis 18 Uhr statt 8 bis 18.45 Uhr). „Das hat für uns letztlich wirtschaftliche Gründe“, so Dirk Pohlmann, Sprecher der Deutschen Bahn. „Einige Standorte mussten wir sogar schließen, an anderen – wie in Hagen – haben wir die Öffnungszeiten eingeschränkt.“ Teil der Wahrheit sei allerdings auch, dass insbesondere junge Kunden ihre Tickets mittlerweile per Smartphone über Apps wie „DB Navigator“ oder „Mobil NRW“ kauften.
Dass nun mit Transdev ein weiteres Unternehmen im Spiel ist, verkompliziert die Situation für Kunden erheblich. Insbesondere für jene, die nicht regelmäßig, sondern nur gelegentlich die Bahn nutzen. Denn die Transdev, so erklärt Dino Niemann, Sprecher des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, habe sich Partner vor Ort gesucht. Das wiederum ist in Hagen der Zeitschriftenladen „Press & Books“ direkt gegenüber dem Reisezentrum. „Der Betreiber und seine Mitarbeiter sind eigens geschult worden“, versichert Niemann.
Neue Automaten des VRR
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Weil an den Automaten der Deutschen Bahn ebenfalls keine Nahverkehrstickets mehr verkauft werden dürfen, sind auch im Hagener Hauptbahnhof jetzt neue grüne Automaten des VRR (versehen auch mit einem Abellio-Schriftzug) aufgestellt worden. „An den Bahnautomaten gibt es weiter Tickets für den Fernverkehr und den NRW-Tarif“, so Niemann, „an denen der VRR erhalten die Kunden Tickets für den Nahverkehr, den Westfalen- und NRW-Tarif sowie für den Fernverkehr.“ Fernverkehrstickets, so erklärt wiederum Bahnsprecher Pohlmann, behielten auch ihre Gültigkeit im vor- und nachgelagerten Nahverkehr.
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Für den Bahnkunden und Ratsherren Rainer Preuß ist das alles zu viel: „Die Öffnungszeiten des Reisecenters im Hauptbahnhof sind einer Großstadt nicht würdig“, sagt Preuß, der selbst Inhaber einer Bahncard ist und nahezu täglich per Zug zur Arbeit nach Bonn pendelt und von Städten berichtet, die halb so groß wie Hagen seien und deren Reisecenter auch an Wochenenden geöffnet hätten. „Gerade angesichts der Verkehrswende muss die Deutsche Bahn in den Städten Präsenz zeigen.“
Forderung nach ganzheitlicher Beratung
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Preuß, der auch die Ausschreibung des VRR kritisiert, fordert ein ganzheitliches Beratungsangebot: „Ein Kunde möchte doch einfach von A nach B“, so der Grünen-Politiker, „dem ist völlig egal, ob er in einem Fern- oder Nahverkehrszug sitzt und in wessen Tarifgebiet er gerade unterwegs ist.“ Zumindest in Hagen gibt es das nicht mehr.