Hagen-Mitte. Die Grundschule van de Velde in Hagen verfolgt ein neues Ganztagskonzept: Themen- statt Gruppenräume. Hört sich nicht aufregend an. Ist es aber.

Die Grundschule Henry van de Velde, mit 320 Kindern in 13 Klassen eine der größten Grundschulen in Hagen, hat ihren Ganztagsbereich stärker den Bedürfnissen der Kinder angepasst.

Es gibt, wie das sonst im Offenen Ganztag (OGS) üblich ist, keine Gruppen mehr. Stattdessen gibt es sechs Themenräume. „Wir wollen den Kindern mehr Freiräume geben, mehr Verantwortung, mehr Eigenkompetenz“, sagt Schulleiterin Barbara Brück: „Aber vor allem wollen wir ihnen ein normales Kindheitsleben ermöglichen.“

Sarah Kasalik mit Kawtar, Miro und Luna (von links) im Kreativraum.
Sarah Kasalik mit Kawtar, Miro und Luna (von links) im Kreativraum. © WP | Michael Kleinrensing

Themenräume – das liest sich zunächst einmal nicht umwälzend oder gar leidenschaftlich. Und doch verbirgt sich dahinter der Anspruch, den Schülern altersgerechte und angemessene Bewegungs-, Begegnungs- und Spielerfahrungen zu geben, die ihnen auch noch helfen sollen, eine grundlegende Bildung zu erlangen. „Die Altersgruppe der Grundschulkinder ist bislang weniger erforscht“, berichtet Barbara Brück: „Aber sie unterscheidet sich in ihren Wünschen und Bedürfnissen von Kindergartenkindern und Jugendlichen.“

Bildungsgrundsätze des Landes

Angelehnt an die von der Landesregierung erarbeiteten Bildungsgrundsätze für Kinder von 0 bis 10 Jahren hat die Henry-van-de-Velde-Schule sechs OGS-Räume einem bestimmten Thema gewidmet. Es gibt eine Bastelwerkstatt mit Werkbänken, ein Architekturbüro (Lego und anderes Konstruktionsspielzeug), den Raum „Phantasia“ (Buden bauen, Rollenspiele, Verkleidung), das „Abenteuerland“ (hier lernt man Spielregeln) mit Gesellschaftsspielen und Kicker, den Kreativraum (Sand, Wasser, Magnete, Alltagsmaterialien) und die Ruheinsel, in der jedes Kind eine selbstgewählte Auszeit nehmen darf.

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Im Anschluss an den Unterricht darf sich jedes Kind aussuchen, in welchem Raum es sich aufhalten möchte. Auch beim Mittagessen haben die Kinder die freie Wahl, sie können irgendwann zwischen 12 und 14 Uhr in die Küche gehen. „Im Grunde ist die Küche ein weiterer Themenraum, manche Kinder helfen gern beim Tischdecken oder der Essenszubereitung mit“, sagt Barbara Brück.

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Auch den Schulhof und die Turnhalle dürfen die Schüler nutzen. „Sie wechseln die Räumlichkeiten innerhalb eines Nachmittags je nach Interessenlage und eigenem Bedürfnis.“

Anfangsprobleme sind überwunden

Auf der anderen Seite ist jede Erzieherin bzw. pädagogische Ergänzungskraft einem bestimmten Themenraum zugeordnet und dort als Ansprechpartnerin für die Kinder jederzeit erreichbar. Allerdings greifen die Erwachsenen nicht mehr so stark ins Treiben der Kinder ein wie bislang, wenngleich sie natürlich Experimente erklären und die Kinder während der Spielphasen beobachten, um die Bildungsidee weiterzuverfolgen. Zudem gibt es an manchen Tagen feste Zeiten für die Hausaufgaben und Arbeitsgemeinschaften wie Handarbeiten oder Gitarrenkurse.

Das ist die OGS

In Nordrhein-Westfalen sind nach Angaben des Landesbildungsministeriums mehr als 90 Prozent der Grundschulen offene Ganztagsschulen. Das Angebot der Schulen reicht von der Hausaufgabenbetreuung über zusätzliche Förderkurse bis hin zu Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag aus den Bereichen Kultur, Sport und Spiel.

Im Ganztag arbeiten neben den Lehrkräften pädagogische Fachkräfte wie Erzieherinnen, Sozialpädagogen oder auch Sportübungsleiter sowie Kunstpädagogen.

In der Regel besuchen die Kinder die OGS montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr. Es gibt ein Mittagessen.

Anfangs hätten die Kinder bisweilen ratlos dagestanden und nicht so recht gewusst, was sie denn nun ohne konkrete Anweisung eines Erwachsenen beginnen sollten, erinnert sich Barbara Brück an den Start des Projektes vor rund einem Jahr. Doch die Anfangsschwierigkeiten seien überwunden, mittlerweile könnten sich die Kinder im vielfältigen Angebot der Themenräume bestens orientieren und selbstständig entscheiden, wo sie spielen oder abschalten möchten. „Sie gehen mit ihrer Freizeit verantwortungsbewusst um“, sagt Schulleiterin Brück: „Sie fühlen sich wohler im Offenen Ganztag. Die Anzahl der Konflikte hat sich seitdem erheblich verringert.“

Die Kinder dürfen einfach Kinder sein.